Standgeld: Was vertraglich zu beachten ist

Dass es im Alltag von Logistikern beim Be- oder Entladen von Frachtgut zu Verzögerungen kommt, ist keine Seltenheit. Solche Verspätungen können für das Frachtunternehmen nicht nur zu einem schlechten Ruf führen, ihm können auch wirtschaftliche Schäden entstehen. Um diese zu vermeiden, können Logistiker unter bestimmten Voraussetzungen ein sogenanntes Standgeld vom Kunden einfordern. Doch welche sind dies? Standgeld erhält ein Frachtführer dann, wenn er mit seinem Transportmittel länger als die vereinbarte Be- oder auch Entladezeit ladebereit wartet. Dabei stellt dieses Geld keinen Schadenersatz dar, sondern vielmehr eine Art Vergütung. Verspätetes Be- oder Entladen kann aus einem Personalmangel an der Annahmestelle, fehlenden Hilfsmitteln oder aus anderen Frachtführern resultieren, die am Ladeort Verzögerungen verursachen. Das gilt für den Risikobereich Wichtigste Voraussetzung für einen An-spruch des Frachtführers auf Standgeld ist, dass die Verzögerungen sich nicht aus seinem eigenen Risikobereich ergeben. Das bedeutet: Der Frachtführer muss selbst lade- oder entladebereit sein und dies gegebenenfalls auch anzeigen. Somit stellt sich vor allem die Frage: Welche Ursachen für die Verspätung wie etwa Beförderungshindernisse fallen in den Risikobereich des Frachtführers und welche nicht? Denn nur, wenn die Störungen nicht in seinen Bereich fallen, sind sie dem Logistiker nicht zurechenbar - und werden mit Standgeld vergütet. Grundsätzlich fallen alle Störungen, die dem Organisationsbereich des Frachtführers entspringen, in dessen Risiko-bereich. Dies gilt unabhängig davon, ob Verschulden im Spiel ist oder nicht. Zum Organisationsbereich des Spediteurs gehört etwa die Wahl des Transportmittels oder der Transportroute. Zudem sind dem Frachtführer alle Verzögerungsursachen zuzurechnen, die er besser als sein Vertragspartner beherrschen oder vorhersehen konnte. Denkbar sind hier etwa Fälle, in denen der Frachtführer es unterlassen hat, erforderliche Informationen für eine betriebssichere Entladung bereitzustellen oder bei denen der Ladevorgang sich verzögert, weil der Frachtführer das Gut beschädigt hat. Nicht in den Risikobereich des Frachtführers fällt dagegen das Verschulden des Auftraggebers. Ein solches liegt vor, wenn insbesondere dessen Personal streikt, das Be- und Entladen mangelhaft geplant ist oder die Ladehilfsmittel ausgelastet oder defekt sind. Standgeld richtig vereinbaren Wo findet man aber nun Regelungen zum Standgeld? Innerhalb des Vertrags zwischen Verlader und Frachtführer gibt es verschiedene Optionen, wie eine Standgeld-Vereinbarung ausgestaltet sein kann. Dabei ist zu unterscheiden, ob beide Parteien einen Rahmenvertrag geschlossen haben oder es sich um einen Einzelauftrag handelt. Ein Rahmenvertrag ist meist darauf ausgerichtet, dass der entsprechende Frachtführer die Transportaufträge dauerhaft übernimmt. Hier bietet es sich an, individuell eine Standgeld-Regelung zu vereinbaren. Dabei sollten sich die Parteien an den Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp 2017) orientieren. Da es sich hierbei um eine Gemeinschaftsempfehlung zwischen Auftrag-geber (Verlader) und Logistiker handelt, bereiten diese einen hilfreichen Weg, um im direkten Dialog zwischen den Vertragsparteien Konflikte zu reduzieren. Dort ist in Ziffer 11.4 ein Anspruch auf angemessenes Standgeld geregelt - allerdings wird kein konkreter Betrag beziffert. Diesbezüglich sollten Frachtführer und Spediteur stets einen Wert vereinbaren. Achtung bei Auftraggeber-AGB Viele Auftraggeber sehen auch in ihren eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) bereits eine Regelung zum Standgeld vor. Hier sollten Logistiker jedoch genau hinschauen, bevor sie dieser zustimmen. Gern bedienen sich Kunden an umfassenden Klauseln, die Standgeld-Vereinbarungen zu ihren Gunsten festlegen. Diese genügen häufig nicht den gesetzlichen Anforderungen und sind daher rechtlich unwirksam. Hegt der Logistiker dahingehende Zweifel oder ist diese Regelung unzumutbar, sollte er in jedem Fall der Einbeziehung widersprechen. Es kann auch der Fall eintreten, dass gar keine Individualvereinbarung bezüglich der Standgeld-Regelung vorliegt, oder die AGB im Rahmenvertrag eine solche Regelung gar nicht erst enthalten. Dann können Logistiker ihren Anspruch geltend machen, indem sie direkt Bezug auf die entsprechende Regelung in den ADSp 2017 nehmen und ergänzend hierzu einen konkreten Betrag festlegen. Handelt es sich dagegen um einen Einzelauftrag, werden häufig keine AGB vorhanden sein. Auch hier gelten jedoch in den allermeisten Fällen die ADSp 2017 und damit der grundsätzliche Anspruch auf Standgeld. Dieser legt fest, dass Wartezeiten angemessen zu vergüten sind. Wer nichts zum Standgeld im Vertrag geregelt hat, muss auf die gesetzliche Regelung in Paragraf 412 Absatz 3 Handelsgesetzbuch (HGB) zurückgreifen. Diese sieht ebenfalls vor, dass der Auftraggeber den Frachtführer angemessen vergüten muss, wenn der Frachtführer über die vereinbarte Belade- oder Entladezeit hinaus warten musste und er selbst dies nicht zu verantworten hatte. Im Geltungsbereich der CMR (Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr) - also im grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr - empfiehlt sich jedenfalls, dass die Vertragspartner das Standgeld konkret vereinbaren. Regelungen wie in Paragraf 412 HGB finden hier analog Anwendung, da bei fehlenden Vorschriften in der CMR der Logistiker auf das HGB zurückgreifen kann. Rechtliche Grenzen Was bei der Ausgestaltung einer Standgeld-Klausel in den AGB nicht möglich ist: diese im Vertrag zu unbestimmt zu gestalten oder das Standgeld gänzlich auszuschließen. Zu Letzterem hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) am 12. Mai 2010 geäußert (Aktenzeichen I ZR 37/09). Eine Klausel, bei der Standzeiten generell nicht vergütet werden, ist laut den Bundesrichtern unwirksam - insbesondere, wenn ein Verschulden oder gar Vorsatz des Be- und Entladenden keine Vergütung ermöglicht. Eine solche Bestimmung stehe im Widerspruch zu den gesetzlichen Regelungen. Eine vertragliche Regelung "Frachtpreis inklusive aller Stand- und Wartezeiten" bewertete ein Gericht wiederum in der Vergangenheit als zu umfassend und damit als unangemessene Benachteiligung für den Frachtführer (Amtsgericht Wipperfürth, 21. August 2006, Aktenzeichen 1C244/06). Anmerkung: Dieser Beitrag ist Teil einer Serie zum Standgeld. Im zweiten Teil erfahren Sie unter anderem, ab wann die Standzeit überschritten ist und wie viel Standgeld einem Frachtführer konkret zustehen kann.

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