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Sernam wieder bei SNCF

16.04.2012 10:58 Uhr
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Die Marke Sernam soll nach der Übernahme durch SNCF Geodis verschwinden
© Foto: Sernam

Geodis übernimmt den zahlungsunfähigen Stückgutdienstleister Sernam, will aber nur 622 von 1441 Arbeitsplätzen erhalten

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Paris. Der französische Stückguttransporteur Sernam ist nach mehrjähriger privatwirtschaftlicher Führung wieder in den staatlichen Bahnkonzern SNCF zurückgekehrt. Das Handelsgericht in Nanterre bei Paris gab der SNCF- Transportsparte Geodis und der von ihr zu 30 Prozent kontrollierten Tochter BMV am Freitag letzter Woche den Zuschlag. Beide zusammen waren die einzigen noch verbliebenen Übernahmekandidaten für die seit Jahresbeginn wegen Zahlungsunfähigkeit unter gerichtliche Kautel gestellt gewesene Firma, die die Staatsbahn 1974 für den Transport von Paketen und Reisegepäck gegründet hatte. Die Richter akzeptierten als Kaufpreis 750.000 Euro, der Übergang von Sernam zu Geodis soll offiziell am 7. Mai erfolgen.

SNCF Geodis/BMV wollen 684 der insgesamt bei Sernam verbliebenen 1441 Arbeitsplätze direkt übernehmen. Weitere 147 werden bei Geodis-Untergliederungen und im Bereich des Firmensitzes untergebracht bzw. neu eingestuft. Rund 600 bis 700 Sernam-Beschäftigte erhalten ihre Kündigung, sofern sie nicht ein Angebot zur Umgruppierung akzeptieren. Über das Prozedere hierfür soll ein Gremium befinden, das für die Dauer eines halben Jahres vom Staat finanziert wird und dem außer Vertretern der führenden französischen Gütertransportunternehmen auch solche der staatlichen Arbeitsverwaltung und anderer öffentlicher Instanzen angehören werden.

Die Marke “Sernam” erlischt, alle bisherigen Aktivitäten gehen in die Geodis-Stückgutbranche Calberson ein.

Im Jahr 2000 hatte die Staatsbahn SNCF Sernam in eine Filiale umgewandelt und das damals schon stark angeschlagene Unternehmen mit mehr als 500 Millionen Euro öffentlicher Mittel subventioniert. Dem stimmte die EU-Kommission mit der Auflage zu, dass diese Zahlungen mit einem Sanierungsplan begleitet werden müssten. Der aber blieb nicht nur aus, sondern die Bahn bezuschusste Sernam mit weiteren 40 Millionen Euro. Die Brüsseler Wettbewerbshüter verlangten daraufhin deren Rückzahlung und auch die Trennung von bestimmten Aktiva der Firma, was jedoch ebenfalls nicht umgesetzt wurde. Die wenig später erfolgte Übernahme von Sernam durch den Pariser Investmentfonds Butler Capital knüpfte dieser an die Bedingung, dass der Staat dem maroden Unternehmen noch einmal 100 Millionen Euro zuschießt.

Auch Butler gelang es nicht, Sernam wieder wirtschaftlich lebensfähig zu machen, und warf Ende letzten Jahres das Handtuch, - mitten im Vorwahlkampf zum ersten Durchgang der französischen Präsidentschaftswahlen, bei denen die hohe Arbeitslosigkeit des Landes und sein industrieller Ausverkauf eine zentrale Rolle spielen. Als Unterschlupf für Sernam kam danach letztlich nur die Geodis-Gruppe in Frage, nachdem die zunächst als Mitbewerber gehandelten Caravelle und Heppner abgewinkt hatten. Dem stand jedoch ein hohes finanzielles Hindernis entgegen: die Brüsseler Forderung zur Rückzahlung der zuvor an Sernam gezahlten Millionen durch den künftigen Käufer an den Staat. Hierzu war Geodis-Chef Pierre Blayau nicht bereit. Erst durch massive Pariser Intervention bei der EU wurde der Weg für die Rückführung von Sernam in den staatlichen Bahnkonzern schließlich frei gemacht. Die Zukunft wird zeigen, ob sich Sernam für SNCF Geodis, Frankreichs größte Transport- und Logistikgruppe, auf die Dauer eher als Gewinn oder als Belastung für seine weitere Entwicklung erweist. (jb) 

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