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Schweizer Transportgewerbe: Verlagerungspolitik ist gescheitert

16.02.2012 13:31 Uhr
Schweizer Transportgewerbe: Verlagerungspolitik ist gescheitert
Streit um die Verlagerungspolitik in der Schweiz
© Foto: Imago/Imagebroker

Der Schweizerische Nutzfahrzeugverband Astag fordert einen radikalen Kurswechsel: Bis zu einer Millionen LKW-Fahrten bis 2020 erreichbar

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Bern. Der Schweizerische Nutzfahrzeugverband Astag hat seine „Verlagerungsstrategie 2030“ präsentiert. Kernpunkte des Konzepts sind die Anpassung des Verlagerungsziels auf Gesetzesstufe von 650.000 auf 1.000.000 Fahrten und die klare Fokussierung auf den Transitverkehr. „Die bisherige Verlagerungspolitik ist definitiv gescheitert“, erklärte Adrian Amstutz, Zentralpräsident des Astag. Bei den Maßnahmen setzt der Verband auf neue Verlade-Terminals anstelle von Subventionen für den Einzelwagenladungsverkehr, eine richtige Trassenpreisreform und eine neue Prioritätenregelung auf der Nord-Süd-Achse.

Im Kern geht es der Astag um eine Anpassung des Verlagerungsziels auf Gesetzesstufe. Seit 20 Jahren wurde vergeblich versucht, den Schwerverkehr durch die Schweizer Alpen auf 650.000 Fahrten zu reduzieren. Alle Zwangsmaßnahmen, mit denen der Straßentransport hierfür einseitig und massiv belastet wurde, verfehlten jedoch ihren Zweck: „Die Schiene hat dadurch kein einziges Kilo mehr befördert“, betonte Amstutz.

Deshalb muss das illusorische Verlagerungsziel dringend an die Realitäten angepasst werden. Der Astag hält eine Millionen Fahrten bis 2030 für realistisch. Zugleich brauche es eine klare Beschränkung der Verlagerungspolitik auf den alpenquerenden Transitverkehr von Grenze zu Grenze: „Alles andere sind planwirtschaftliche Illusionen, die der Schweiz schaden „, sagte Amstutz.

Keine Subventionen für Schienengüterverkehr in der Fläche

Verlagerung funktioniert nach Ansicht des Astag grundsätzlich nur, wenn die nötige Infrastruktur zur richtigen Zeit verfügbar ist. Bei den Maßnahmen setzt der Verband deshalb auf Investitionen in neue Verladeterminals, welche die anfallenden Gütermengen bewältigen können. Hierzu brauche es eine Terminalstrategie. Zudem seien grundlegende Reformen bei den Trassenpreisen sowie eine neue Prioritätenregelung auf dem Schienennetz unabdingbar: Der Güterverkehr muss gegenüber dem Personenverkehr bei der Trassenvergabe auf der Nord-Süd-Achse bevorzugt behandelt werden, wenn die Verlagerungspolitik erfolgreich sein soll.

Der Astag fordert zudem die Subventionen für den Einzelwagenladungsverkehr mit der Bahn zu streichen: „Das ist reine Geldverschleuderung“, betonte Astag-Direktor Michael Gehrken: „Eine Verlagerung im Binnenverkehr im großen Stil wird nie möglich sein – hier ist der Lastwagen unentbehrlich.“

Insgesamt plädiert die Astag damit für eine grundsätzliche Neuorientierung in der Schweizer Verlagerungspolitik. „Es braucht einen radikalen Kurswechsel“, sagte Amstutz. Insbesondere müssten die staatlichen Zwangsmaßnahmen, die bisher keinerlei positive Auswirkungen auf die Verkehrsentwicklung hätten und dem Standort Schweiz schadeten, eliminiert werden. Das Motto der „Verlagerungsstrategie 2030“ sei deshalb: „Schluss mit Gießkannen-Subventionen und Straßen-Penalisierungen“, fasste Adrian Amstutz zusammen.

Verladerverbände fordern leistungsfähige Güterbahn

Selbstverständlich könne nicht jedes Gut auf jeder Strecke per Bahn befördert werden, es brauche ein sinnvolles Miteinander mit dem LKW, stellte ein Bündnis von vier bahnaffinen Schweizer Verbänden in einer Stellungnahme fest. Doch generell müsse der Güterverkehr im Schienensystem adäquat berücksichtigt werden, wenn er weiterhin eine wichtige Rolle im Bahnland Schweiz spielen solle. „Der Güterverkehr erhält die letzte Priorität im Verkehr, seine Anforderungen werden bei der Infrastrukturentwicklung nur nachgeordnet und sehr schleppend berücksichtigt, und er zahlt zudem einen Preis für die Netzbenutzung, der in keinem Verhältnis zur angebotenen Leistung steht“, monierte Frank Furrer, Geschäftsführer des Schweizer Verbands der verladenden Wirtschaft (VAP). Auch für den nicht-alpenquerenden Güterverkehr brauche es ein Verlagerungsziel, welches gesetzlich zu verankern sei, forderte er.

Für die Verlader sei die Sanierung der angeschlagenen Güterbahn SBB Cargo als Betreiber des schweizerischen Wagenladungsverkehrsnetzes von hoher Priorität. Die Größe des Bediennetzes müsse in einem gesunden Verhältnis zu den Kosten stehen, um erfolgreich wirtschaften und nachhaltig bestehen zu können. Es sei deshalb wichtig, dass SBB Cargo möglichst schnell eine schlanke Struktur und eine hohe Effizienz erreiche, betonte Bernhard Metzger, Transportchef von Migros und Vizepräsident des Branchenverbandes Swiss Shippers‘ Council.

Eine Lanze für die Verlagerungspolitik der letzten zehn Jahre bricht der Schweizer Operateur im Kombinierten Verkehr Hupac. „Defizitäre Staatsbahnen in ganz Europa sind ein enormes Risiko, denn sie verzerren das Marktgeschehen und behindern die Marktöffnung“, warnte Hupac Direktor Bernhard Kunz. Sorgen bereite dem Unternehmen zudem der sich abzeichnende Strategiewechsel bei der Diskussion um die Streckenführung des Vier-Meter-Korridors: Die Priorität werde zunehmend auf die Chiasso-Linie gelegt, während die Luino-Linie, auf welcher 80 Prozent des unbegleiteten Kombinierten Verkehrs via Gotthard fährt, aufs Nebengleis gerate. Dabei bleibe unberücksichtigt, dass das Nadelöhr Mailand keine Kapazitäten für die Einrichtung eines leistungsfähigen Güterverkehrskorridors für 750 Meter lange Züge zu den bestehenden und den geplanten Terminals im Raum Mailand biete. (sb) 

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