Brüssel. Der Straßengüterverkehr in der EU wird bis 2025 insgesamt an Bedeutung gewinnen. Dieser Prognose präsentierte Stefan Rommerskirchen, Geschäftsführer der Progtrans AG in Basel, am Mittwochabend auf der Veranstaltung "Herausforderung Güterverkehr – Entwicklungen und Lösungen", in der Landesvertretung Baden-Württemberg bei der EU in Brüssel.
Dabei seien regionale Entwicklungen zu unterscheiden. Werde der Siegeszug der LKW in den osteuropäischen Ländern auf Kosten der Bahn weiter gehen, so könne die Bahn in den westeuropäischen Staaten Marktanteile in bescheidenem Ausmaß dazu gewinnen. Dadurch könne sie den Bedeutungsverlust in Osteuropa ausgleichen und europaweit ihre heutige Position halten. Verlierer werde die Binnenschifffahrt sein, die laut Rommerskirchen neue Dienstleistungen außerhalb des Gütertransports finden müsse. Welche das sein könnten, sagte er nicht.
Die Vertreter der Binnenschifffahrt sahen das an dem Brüsseler Abend anders. Patrick Lambert, stellvertretender Generaldirektor der staatlichen französischen Agentur Voies navigables de France teilte mit, dass Frankreich gerade daran arbeite, wichtige Verbindungen für das europäische Netzwerk der Binnenschifffahrt zu verwirklichen. Im Norden wird Paris mit dem Kanalsystem in Belgien verbunden werden. Der gut 100 Kilometer lange Kanal soll 2016 fertig sein. Außerdem plant die Agentur Kanäle zwischen Mosel und Saone sowie dem Oberrhein und der Saone. Dadurch würde der Mittelmeerraum an das europäische Binnenschifffahrtsnetz angeschlossen.
Dennoch werde auch in Frankreich die Straße der weitaus wichtigste Transportweg bleiben, so Rommerskirchen. Zurzeit würde 86 Prozent des Güterverkehrs in Frankreich über die Straße abgewickelt. Tendenziell werde das auch in der Zukunft so bleiben.
Als größtes Problem für den Gütertransport in Europa sahen alle Diskussionsteilnehmer das fehlende Geld für die dringend notwendigen Investitionen in die Infrastruktur. Die EU-Kommission, so ihr Vertreter Jean-Eric Paquet aus der Generaldirektion Mobilität und Verkehr, setzt bei der Suche nach Lösungen verstärkt auf das Zusammenspiel von öffentlicher Hand und privaten Investoren. Außerdem prüfe die Behörde derzeit, wie die EU-Mitgliedsstaaten dazu bewegt werden können, Einnahmen aus dem Verkehrswesen, zum Beispiel aus der LKW-Maut, nicht für verkehrsfremde Projekte zu benutzen, sondern für Maßnahmen zur Verbesserung des Verkehrs zu verwenden. Konkrete Ideen will die EU-Kommission im Dezember im lange erwarteten Weißbuch für den Verkehr in Europa bis 2020 präsentieren sowie in der überarbeiteten TEN-V-Strategie, die Paquet für Frühjahr 2011 ankündigte. (kw)