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Post droht riesige Beihilfen-Rückzahlung – Neues EU-Verfahren – Chronologie der Beihilfestreite

12.09.2007 16:55 Uhr

Der Deutschen Post droht erneut eine millionenschwere Rückzahlung staatlicher Beihilfen: Die EU-Kommission untersucht in einem neuen Verfahren, ob der Bonner Konzern seit 1989 zuviel Unterstützung vom Staat bekam.

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Brüssel/Berlin/Bonn. „Wir wissen noch nicht, um welchen Betrag es geht“, räumte der Sprecher von EU- Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes am Mittwoch in Brüssel ein. Die Bundesregierung und die Deutsche Post reagierten mit Unverständnis auf den Vorstoß. Der Fall hat erhebliche politische Sprengkraft: Nach Einschätzung von Beobachtern droht eine schwere Auseinandersetzung zwischen Berlin und Brüssel. 2002 musste die Deutsche Post bereits 572 Millionen Euro unerlaubter Beihilfen an den Bund zurückzahlen. Die EU-Kommission stellte damals fest, dass die Post durch Dumpingpreise verursachte Verluste im gewerblichen Paketdienst durch staatliche Beihilfen ausgeglichen hatte. Die Post hatte dagegen geklagt, ein Urteil steht noch aus. Nach 2002 beschwerten sich Post-Konkurrenten in Brüssel, da die Vorteile für die Post angeblich wesentlich höher waren. Die Post soll demnach Beihilfen für den Ausbau ihrer gewerblichen Tätigkeiten genutzt und Dienstleistungen für die Tochtergesellschaften DHL und Postbank unter Marktpreis angeboten haben. Die Kommission wacht darüber, dass Empfänger staatlicher Mittel für öffentliche Versorgungsdienstleistungen diese Beihilfen nicht zur Finanzierung von Sparten nutzen, die für den freien Wettbewerb geöffnet sind. „Wir teilen nicht die Auffassung der EU-Kommission“, sagte der Sprecher von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, Torsten Albig, in Berlin. Die Bundesregierung sei sicher, dass die deutsche Rechtsposition die Kommission oder später andere überzeugen werde. Damit deutete er an, das Verfahren notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof durchzufechten. Ein Sprecher der Post kritisierte in Bonn, die Kommission habe eine Reihe von Sachverhalten, die jetzt aufgegriffen werden sollten, bereits in den vergangenen Jahren durchleuchtet. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die gesamte Postenentwicklung der vergangenen 20 Jahre zurückverfolgt werden solle. Zu der Klage der Post gegen die Rückzahlung von 572 Millionen Euro werde in den nächsten Wochen, aber zumindest noch in diesem Jahr ein Urteil erwartet. Das Verfahren beschäftige sich mit fast identischen Vorwürfen, die die Kommission jetzt formuliert habe. Es sei unbegreiflich, dass Brüssel nicht auf diese Gerichtsentscheidung warte, ehe es über die Eröffnung eines neuerlichen Prüfverfahrens entscheide. Die Kommission wandte sich in dieser Sache bereits zwei Mal an die Bundesregierung - im November 2004 und im April 2005. „Wenn uns die Antworten überzeugt hätten, würden wir keine Untersuchung der Beihilfen beginnen“, sagte der Sprecher von Kroes. Der Kommission liege die Beschwerde eines Postkonkurrenten vor – einen Namen nannte der Sprecher nicht. Er sah die weitere Liberalisierung der europäischen Postmärkte durch die Entscheidung nicht in Frage gestellt. „Es handelt sich um ein spezifischen Fall in Deutschland.“ Die Kommission will „alle öffentlichen Maßnahmen, wie Transfers öffentlicher Mittel und Gebühreneinnahmen, die seit 1989 zugunsten der Deutsche Post AG und ihres Vorgängers Postdienst ergriffen wurden, prüfen...“. Die Entscheidung der Kommission aus dem Jahr 2002 werde mit diesem Schritt ergänzt und erweitert. Beihilfeprüfverfahren dauern in der Regel bis zu 18 Monate lang. Ähnliche Prozeduren zur Postfinanzierung laufen gegen Frankreich, Großbritannien, Italien und Polen. Chronologie: Die Deutsche Post und die Brüsseler Wettbewerbshüter Die EU-Wettbewerbshüter haben die Deutsche Post seit über zehn Jahren im Visier: 1994: Der Paketdienstleister United Parcel Service (UPS) legt bei der EU-Kommission eine Beschwerde ein, wonach die Deutsche Post angeblich Einnahmen aus dem profitablen Briefdienst für den unter Druck stehenden Paketdienst einsetzt. 1997: Der Bundesverband Internationaler Express- und Kurierdienste schließt sich dieser Beschwerde an. 20.7.1999: Die EU-Kommission eröffnet gegen die Bundesrepublik ein Prüfverfahren wegen möglicher Beihilfen zu Gunsten der Deutschen Post. Hintergrund ist die UPS-Beschwerde. 31.5.2000: Die Kommission eröffnet ein Kartellverfahren gegen die Post wegen mutmaßlichen Ausnutzens einer marktbeherrschenden Stellung. Dabei geht es um das Remailing, also das Verschicken von Post über den Umweg eines anderen EU-Landes mit billigeren Postgebühren. 8.8.2000: Die EU-Kommission eröffnet ein weiteres Kartellverfahren gegen die Deutsche Post wegen des Verdachts der Ausnutzung einer beherrschenden Stellung. Dabei geht es insbesondere um Rabatte für Großversender. 20.3.2001: Brüssel schließt das zweite Kartellverfahren ab. Wegen illegaler Rabatte für Versandhäuser muss die Post ein Strafgeld von 24 Millionen Euro zahlen. 25.7.2001: Brüssel schließt das erste Kartellverfahren (Remailing) mit einer symbolischen Geldbuße von 1000 Euro ab. 19.6. 2002: Die EU-Kommission verpflichtet die Post, im Beihilfe-Verfahren 572 Millionen Euro an die Bundesrepublik zu zahlen. 22.11.2006: Die EU-Kommission eröffnet ein Prüfverfahren wegen angeblich unzulässiger Subventionen für die Post-Tochter DHL am Flughafen Leipzig. 12.9.2007: Die EU-Kommission eröffnet ein neues Prüfverfahren gegen die Bundesrepublik wegen möglicher Beihilfen für die Deutsche Post.

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