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Piraterie: Dänische Reederei Maersk leitet Tanker ums Kap der Guten Hoffnung

21.11.2008 17:59 Uhr
Maersk
Maersk zieht Konsequenzen aus den sich häufenden Piraten-Kaperungen
© Foto: Arndt

Reederei fordert endlich ein wirksames Vorgehen / VDR-Chef Nöll: "Im Falle von Luftpiraterie in dieser Form wäre längst gehandelt worden" / Bundeswehrverband warnt, die deutschen Marinesoldaten „ im Stich zu lassen“

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Hamburg/Kopenhagen. Die dänische Großreederei Maersk zieht Konsequenzen aus den sich häufenden Piraten-Kaperungen im Seegebiet im Einzugsbereich des Golf von Aden. So wies die Reederei jetzt die Kapitäne ihrer Flotte beziehungssweise der Charterschiffe an, die das gefährliche Seegebiet am Horn von Afrika befahren müssen, dass sie nur dann diese Route wählen dürfen, wenn ihre Schiffe schnell genug sind und zudem über genügend Freibord verfügen. Darunter versteht der Fachmann den Abstand zwischen der Wasseroberfläche und dem Beginn des Hauptdecks eines Schiffes. Ist das nicht der Fall, dann müssen diese Schiffe den – deutlich längeren und damit teureren – Weg um das Kap der Guten Hoffnung nehmen. Von der Anweisung betroffen sind in erster Linie die vergleichsweise langsamen Großtanker der Reederei. Das Unternehmen zieht bei diesem Schiffstyp konkret die Konsequenzen aus der spektakulären Kaperung des Supertankers „Sirius Star“ der saudi-arabischen Ölgesellschaft Aramco. Dieser wurde zu Wochenbeginn auf hoher See überfallen und gekapert. Es ist der bislang größte Vorfall dieser Art am Horn von Afrika. Die Piraten fordern inzwischen Medienberichten zufolge ein Lösegeld in Höhe von rund 20 Millionen Euro für den mit Rohöl voll beladenen, 330 Meter langen Tanker. Bei seinen Containerschiffen kommen für Maersk derzeit höchstens drei infrage, die künftig bis auf weiteres nicht mehr den Golf von Aden passieren dürfen. Zu den überarbeiteten Sicherheitsanweisungen der Reederei gehört auch, dass die Schiffsführung wo immer möglich den Schutz von Konvois suchen sollten, die durch Marineeinheiten geschützt werden. Für Søren Skou, Masersk-Vorstandsmitglied, kann das neue Sicherheitspaket aber nur eine Notlösung sein. „Wir sind davon überzeugt, dass die Piraterie im Golf von Aden eine ernsthafte Bedrohung des internationalen Seeverkehrs darstellen. Damit ist es eine Angelegenheit, der sich die Weltgemeinschaft annehmen muss.“ Unternehmen wie Maersk und überhaupt die gesamte Schifffahrtsindustrie seien damit völlig überfordert, das Piraterieproblem zu lösen. Auch Hans-Heinrich Nöll, Hauptgeschäftsführer beim Verband Deutscher Reeder (VDR) in Hamburg, drängt erneut auf ein Eingreifen der internationalen Staatengemeinschaft, einschließlich der Bundesrepublkik Deutschland. Nöll brachte es gegenüber der VerkehrsRundschau auf diesen Punkt: „Wenn der internationale Luftverkehr auch nur ansatzweise von Luftpiraterie betroffen wäre, dann hätte die Weltgemeinschaft schon längst etwas unternommen.“ Das international verbriefte Recht, die Freiheit der Meere, geben den Staaten bereits die Möglichkeit einzuschreiten. Nöll verwies zudem an die bereits im Oktober vom UN-Sicherheitsrat verabschiedete Resolution zur Bekämpfung der Piraterie vor der somalischen Küste. Darin würden die Staaten bereits aufgefordert, „ihre Seestreitkräfte und Luftwaffen gegen die Piraterie einzusetzen“. Mit zunehmendem Unverständnis verfolge der das Hin – und Herschieben einer Entscheidung seitens der Bundesregierung darüber, ob und wenn ja, wie sich die Deutsche Marine bei der Ächtung der Piraterie verhalten soll. Nöll erinnerte daran, dass der VDR den Deutschen Bundestag schon Anfang Juli gebeten hatte, „den Einsatzbefehl der Deutschen Marine am Horn von Afrika (Teilnahme an der Operation Enduring Freedom/EF, d. Red.) auf die Verhinderung von Piratenangriffen gegen Handelsschiffe auszuweiten“. Doch bislang sei nichts geschehen. Nöll verwies darauf, dass das beherzte Einschreiten des Kommandanten der deutschen Fregatte Karlsruhe zu Wochenbeginn, als nacheinander zwei Notrufe von Frachtern eingingen, zeige, dass diese Entschlossenheit – ohne Waffeneinsatz – bereits Wirkung zeige. Nöll: „Die Piraten müssen abgeschreckt werden, ihnen müssen aber auch die in hoher See stehenden Mutterschiffe entzogen werden, mit denen erst die Piraterie im großen Stil ermöglicht wird.“ Der VDR-Chef bestätigte auch, dass als Folge der Pirateriehäufung die Versicherungsprämien für Schiffe, die in dem gefährlichen Seegebiet fahren müssen, angezogen haben. Zudem versuchten Reeder vermehrt, sich gegen die mit der Piraterie verbundene Lösegelderpressung zu versichern. Dringenden Handlungsbedarf in Sachen Piraterie erkennt auch der Deutsche Bundeswehrverband (DBwV). Für den Verbandsvorsitzenden, Oberst Bernhard Gertz, ist es „ein Stück Absurdistan“, wenn die Soldaten an Bord der in diesem Seegebiet verkehrenden deutschen Marineeinheiten zwar „Piraten beobachten, aber nicht verfolgen und festnehmen dürfen“. Gertz zufolge würden die Soldaten damit im Stich gelassen, „wenn man sie zwingt, Piraten unbehelligt ziehen zu lassen“. Auch der DbwV-Chef sieht im bestehenden Völker- und Internationalen Seerecht „eine ausreichende Grundlage für notwendige Kampfhandlungen von Bundeswehrsoldaten“. Gertz warnte aber zugleich davor, die Handlungsweisungen für die deutschen Soldaten zu kompliziert zu fassen. „Dann werden wir vermutlich demnächst mit unserer Fregatte mit mehreren Staatsanwälten, Ermittlungsrichtern und BKA-Beamten in See stechen.“ Indes zeichnet sich ab, dass der Deutsche Bundestag noch im Dezember über die Beteiligung an der EU-Mission zur Piraten-Bekämpfung im Dezember zu entscheiden. (eha)

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