Neue Spitze, alte Probleme

Die personellen Turbulenzen bei der Deutschen Bahn (DB) und die durch den defizitären Schienengüterverkehr eingetrübte Bilanz des Staatskonzerns haben zuletzt die Verkehrspolitik in Berlin beschäftigt. Der DB-Aufsichtsrat hat Mitte März Finanzvorstand Richard Lutz als Nachfolger des zurückgetretenen Rüdiger Grube zum neuen Vorstandsvorsitzenden gewählt. Die Amtszeit beträgt fünf Jahre. Trotz erneuter Abschreibungen bei der Güterbahn hat das Unternehmen 2016 wieder Gewinne gemacht. Auch die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat hatten eingelenkt und der Wahl des 52-Jährigen trotz Bedenken über die Doppelrolle als neuer Bahn-Chef und Finanzvorstand zugestimmt. Allerdings halte man die Doppelfunktion weiter für falsch und werde im Zuge des ohnehin anstehenden Vorstandsumbaus wieder auf einen eigenen Finanzvorstand drängen, hieß es. Neuer DB-Cargo-Chef im Gespräch Die Eigentümerseite, also die vom Bund benannten Aufsichtsräte, hatten sich bereits am Wochenende einmütig für den Personalvorschlag von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt ausgesprochen. Der 52-jährige Lutz, der das Amt nach dem überraschenden Rücktritt von Grube wegen dessen Streit über die Vertragsverlängerung Ende Januar bereits kommissarisch geführt hatte, habe "Universalerfahrung bei der Deutschen Bahn" und kenne die "aktuellen Herausforderungen", hatte er begründet. Die Opposition um Linke und Grüne äußerte sich erleichtert, dass es Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla, Ex-Kanzleramtsminister, nicht an die Spitze des Konzerns geschafft hat. Offenbar will man das Thema DB aus dem Wahlkampf heraushalten. Nach der Ernennung des Managers steht ein Umbau des Konzernvorstands an. Vieles spricht dafür, dass in absehbarer Zeit wieder ein eigener DB-Vorstand für den Güterverkehr bestellt wird, der die Logistiksparte und vor allem die angeschlagene Güterbahn verantworten soll. Bislang ist letztere zusammen mit dem Personenverkehr in einem Ressort. Dobrindt wird mit der Bemerkung zitiert: "Für Cargo muss wieder ein Gesicht her". Im Gespräch als neue Leiterin des Schienengüterverkehrs ist die Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Sigrid Nikutta. Hartnäckig halten sich seit einiger Zeit Berichte, die Güterbahn bei den Trassenpreisen zu entlasten, die "Schienenmaut" möglicherweise zu halbieren. Gütersparte schwächelt weiterhin Wenige Tage vor der Bilanzpressekonferenz, der ersten Amtshandlung des neuen Konzernchefs, wurde bekannt, dass der Umsatz von DB Cargo 2016 etwa um 4,3 Prozent auf knapp 4,6 Milliarden Euro gesunken sei. Die Transportleistung ging demnach um 3,8 Prozent auf rund 95 Milliarden Tonnenkilometer zurück. 2015 hatte die Gütersparte der Deutschen Bahn vor Zinsen und Steuern 183 Millionen Euro Verlust geschrieben. Der Eigentümer Bund hatte deshalb eine Milliarde Euro zusätzlich überwiesen. Im vergangenen Jahr waren davon 500 Millionen Euro an die DB geflossen. Offiziell präsentieren wollte der Konzern diese Zahlen nicht. Der Umsatz über alle Geschäftsbereiche hinweg wuchs 2016 leicht auf die Rekordsumme von 40,6 Milliarden Euro (Vorjahr: 40,4 Milliarden Euro). Der Gewinn betrug 716 Millionen Euro. Es war noch der damalige Bahnchef Grube, der zu Jahresbeginn die Rückkehr zu schwarzen Zahlen angekündigt hatte. Während des Neujahrsempfangs hatte er die positive Entwicklung auf mehr Sonderangebote, die Inbetriebnahme der ICE-Neubaustrecke Erfurt-Halle/Leipzig und keine Streiks zurückgeführt.