Bonn. Die Bundesnetzagentur will die in Verruf geratenen Arbeitsbedingungen im Briefgeschäft intensiv prüfen. Das kündigte der Präsident der Netzagentur, Matthias Kurth, heute in Bonn an. Er warnte zugleich davor, nur die neuen Anbieter mit Vorwürfen wie Lohndumping und miesen Bedingungen einseitig „an den Pranger zu stellen“. Auch die Deutsche Post habe ihre Arbeitsbedingungen verändert und setze verstärkt auf Teilzeit, Mini-Jobs und Subunternehmen. So würden etwa Briefkästen auch von Taxifahrern geleert. Die Deutsche Post hatte Konkurrenten vorgeworfen, sich durch Lohndumping und schlechte Arbeitsbedingungen Kosten- und damit Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Die Bundesnetzagentur, die Lizenzen für den Markteintritt vergibt, müsse dem einen Riegel vorschieben. Die Debatte müsse versachlicht werden, sagte Kurth. Die Netzagentur lasse deshalb zur Zeit in einem Gutachten prüfen, ob und inwieweit hier tatsächlich und repräsentativ „übliche Arbeitsbedingungen“ in der Branche unterschritten würden. Auch die Stellen bei der Post würden beleuchtet. Das Kriterium für eine akzeptable Entlohnung dürften aber nicht deren Tariflöhne sein. Für Mindestlöhne in dem Sektor - wie sie vom Post-Personalvorstand Walter Scheurle und auch von Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) ins Spiel gebracht wurden - sei die Behörde nicht zuständig. Das sei Sache des Gesetzgebers. Die neuen Wettbewerber - wie etwa die PIN AG oder TNT Deutschland - hätten dagegen im Briefmarkt mit Nachteilen zu kämpfen, da das Briefmonopol der Post ihre Geschäfte einschränke und sie auch Mehrwertsteuer bezahlen müssten, wovon die Post befreit ist. Außerdem müssten sie ihre Dienstleistungen erst aufbauen. Laut dem Jahresbericht der Netzagentur hat die Deutsche Post allein im Briefbereich seit 1999 im Saldo rund 29.000 Arbeitsplätze abgebaut. Die Wettbewerber hätten im gleichen Zeitraum knapp 29.000 neue Arbeitsplätze geschaffen und beschäftigten aktuell mehr als 46.000 Arbeitnehmer. Bei der Post gebe es seit Jahren auch die Tendenz, vermehrt Vollzeit- in Teilzeitstellen umzuwandeln. Zusätzlich werde auf geringfügig Beschäftigte ohne Sozialversicherung gesetzt. Es gebe inzwischen Tausende solcher Mini-Jobs. Post Service Filialen würden ausschließlich mit solchem Personal betrieben. Der Konzern beschäftige außerdem im Briefgeschäft bereits mehr als 1800 Subunternehmen vorwiegend beim Einsammeln und Transport von Sendungen. Bei den Wettbewerbern gibt es nach dem Bericht zwar weitaus mehr Mini-Jobs als bei der Post - mehr als 27.000. Doch der relativ hohe Anteil erkläre sich auch aus einem noch häufig wechselnden und nicht gefestigten Kundenstamm und teilweise sehr geringen Sendungsmengen. Gemessen am Sendungsvolumen beschäftigten die neuen Anbieter aber überproportional viele Voll- und Teilzeitbeschäftigte. Die Marktanteile der Konkurrenten im von der Post weiterhin beherrschten Briefmarkt sind in den vergangenen Jahren bei fortschreitender Liberalisierung stetig gestiegen. Im Jahr 2006 lagen sie laut Netzagentur schätzungsweise bei insgesamt 9,3 Prozent (2005: 6,7 Prozent). Rund 750 Unternehmen seien aktiv. Insgesamt sei festzustellen, dass sich das Angebot in der Qualität immer weiter verbessert habe. (dpa)
Netzagentur prüft Arbeitsbedingungen im Briefgeschäft

Präsident der Kontrollbehörde warnt vor einseitigen Schuldzuweisungen: Deutsche Post nutzt vermehrt Mini-Jobs und Fremdkräfte