Logistikdrehscheibe Luxemburg

Logistikdrehscheibe Luxemburg Luxemburg goes Logistik Das Großherzogtum Luxemburg will sich langfristig zur europäischen Logistikdrehscheibe entwickeln. Mit welchen Großprojekten der Staat künftig in der Logistik punkten will. Viele Banken, vorteilhafte Steuergesetze für Unternehmen sowie eine enge Verzahnung von Wirtschaft und Politik – dies alles ist, neben dem hohen Grundeinkommen der rund 530.000 Bewohner, kennzeichnend für den Standort Luxemburg. Der Wirtschaftszweig Logistik spielte in Luxemburg dagegen immer eine eher untergeordnete Rolle. Doch genau das soll sich ändern. So hat die Regierung der Logistik inzwischen eine zentrale Bedeutung zuerkannt. Genau genommen schon vor fünf Jahren. Ein Ergebnis dieser strategischen Neuorientierung war die Gründung der Vereinigung „Cluster for Logistics“, die Projekte identifiziert, vorantreibt und deren Umsetzung aktiv begleitet. Logistikcluster als Katalysator „Dieses Cluster hat sich inzwischen zu einem Katalysator entwickelt, der die Akteure verschiedener Transportzweige zusammenbringt und auf ein gemeinsames Ziel hin orientiert“, sagt Luxemburgs Handelskammerchef Pierre Gramegna. Neben vielen Einzelprojekten fokussiert sich das Cluster vor allem auf zwei Schwerpunkte: den internationalen Flughafen Luxemburg-Findel und die kommende trimodale Güterverkehrsdrehscheibe Bettemburg/Düdelingen in Luxemburg. Der Flughafen war und ist das logistische Herzstück des Landes. Dies zeigte sich erneut vor wenigen Monaten, als das Schicksal der Frachtlinie Cargolux durch die disparaten strategischen Vorstellungen des Minderheitsaktionärs Qatar Airways auf der Kippe stand. Mittlerweile haben sich die Katarer von ihrem Engagement verabschiedet und dem luxemburgischen Staat ihre Anteile zum ursprünglichen Einstiegspreis von 117 Millionen US-Dollar verkauft. Die Regierung als Retter der Airline – eine Krisenlösung à la Luxembourg. Ohne Cargolux wäre der Luftfrachtstandort Findel zwar deutlich ärmer, da er interkontinental nur sehr begrenzt vernetzt ist. Als logistische Drehscheibe spielt er trotzdem eine weit über das Großherzogtum hinausreichende Rolle. Das zeigt ein Blick auf das Luxair Cargo Center beziehungsweise die Stellflächen vor den Frachthallen. Soweit das Auge reicht, stehen dort LKW, vor allem die Fahrzeuge der beiden Lokalmatadoren Wallenborn und Arthur Welter. Rund 1,2 Millionen Tonnen Luftfracht können in dem modernen und teil-automatisierten Cargokomplex jährlich umgeschlagen werden, sagt die derzeitige Leiterin, Hjördis Stahl (siehe Seite 113). Derzeit bewegt sich die Menge bei jährlich 650.000 bis 700.000 Tonnen. Doch es geht nicht nur um Masse, sondern zunehmend auch um Klasse. Das zeigt das im April eröffnete Umschlagzentrum für temperatursensible Produkte, etwa Pharmaerzeugnisse oder leicht verderbliche Lebensmittel. Deren Aufkommen wächst deutlich schneller als der Lufttransport von Standardsendungen. „Mit unseren für verschiedene Temperaturzonen ausgelegten Kammern bieten wir diesem speziellen Markt die nötige Infrastruktur“, betont Stahl. Schräg gegenüber füllt sich derzeit eine große Baugrube, wo bis Mitte 2014 der „Luxembourg Freeport“ seine Tätigkeit aufnehmen soll – eines von weltweit drei Zentren für die Einlagerung, den Handel und die Restauration von Kunstgegenständen, Gemälden oder Schmuck für Reiche und Super-Reiche. Ein extravagantes Vorhaben. Allerdings passt es in die übergreifende Strategie des Staates und des Logistikclusters, wodurch sowohl die benötigte Infrastruktur geschaffen als auch die Werthaltigkeit der logistischen Prozesse gesteigert werden soll. Steigerung der Werthaltigkeit Das zeigten auch die Ausführungen von Alain Krecké, Leiter des Logistikclusters, auf einer Fachtagung in Luxemburg. So sollen der Transport und Umschlag von Standardsendungen zwar das Brot- und Buttergeschäft bleiben. Deutlich werthaltiger sind laut Krecké aber angesichts des steigenden Wettbewerbs- und Renditedrucks Zusatz- und Veredelungsdienste. „Wer künftig noch eine führende Rolle in der Logistik spielen will“, betonte der Manager, „muss neben Standardtätigkeiten den Kunden auch diverse Optionen zur Wertsteigerung ihrer Produkte bieten können.“ Schon deshalb, weil die meisten Exporte nicht aus Luxemburg selbst kommen, sondern aus Nachbarstaaten und – bei Importen – in diese befördert werden müssten. An reinen Transits aber lasse sich kaum etwas verdienen, so Krecké. Dass dies auch die Staatsregierung so sieht, zeigt das zweite logistische Großprojekt Luxemburgs: die Entwicklung des Güterverkehrszentrums (GVZ) Bettemburg/Düdlingen zu einem trimodalen Drehkreuz. Dort treffen sich sternförmig die Verkehrsträger von Wasser, Straße und Schiene. Per Schiff beförderte Importe können in diesem GVZ zum Beispiel dekonsolidiert und zu neuen Sendungseinheiten gebündelt und dann per LKW, Bahn oder Binnenschiff europaweit verteilt werden. Diese beiden Beispiele zeigen: Luxemburg krempelt in Sachen Logistik – bildlich gesprochen – die Ärmel hoch. Das nehmen auch die Nachbarländer mittlerweile wahr. So gibt es schon Gespräche zwischen der Duisburger Duisport-Gruppe und dem Luxemburger Logistikcluster zwecks ergänzender Zusammenarbeit. Und auch die Bundesvereinigung Logistik (BVL) hat jüngst die Luxemburger Vereinigung als „BVL-Chapter Luxemburg“ in das eigene Netz eingebunden. ❙❚■ Heiner Siegmund, freier Journalist Daten + Fakten Flughafen Luxemburg Offizielle Einweihung: 1947 Betreiber: Luxembourg Airport Authority Eigentümer: Staat Luxemburg Start- und Landebahn: 4000 x 60 Meter Flugbewegungen (2011): 83.400 Passagierzahl (2011): knapp 1,8 Millionen Airlines: 15 Frachtfluggesellschaften, zum Beispiel Cargolux, China Cargo Airlines und Yangtze River Express; 21 Passagierfluggesellschaften, zum Beispiel Luxair, Lufthansa, Air France-KLM, Air Canada und Delta Frachtumschlag (2011): 656.651 Tonnen Betriebszeiten: geschlossen zwischen 00:00 und 04:00 Uhr. hs „Wir müssen den Kunden diverse Optionen zur Wertsteigerung ihrer Produkte bieten“ Alain Kreckè, Leiter des Logistikclusters Luxemburg