Berlin. Nach dem Grundsatzbeschluss des Bundestags für einen Börsengang der Bahn ist Kritik an ersten Eckpunkten für ein Privatisierungsgesetz laut geworden. Die Oppositionsparteien FDP und Grüne warfen dem Verkehrsministerium am Freitag vor, den Einfluss des Bundes auf das Schienennetz unzureichend verankern zu wollen. Einem der dpa vorliegenden Entwurf zufolge soll der Konzern alle Anteile seiner Tochtergesellschaften für Netz, Bahnhöfe und Energie an den Bund übertragen. Die Bahn bekommt im Gegenzug jedoch eine Vollmacht zur Stimmrechts-Ausübung in den Hauptversammlungen. Für grundlegende Entscheidungen ist aber eine vorherige Zustimmung des Bundes nötig. Gemäß dieser Grundkonstruktion soll die Bahn das 34 000 Kilometer lange Netz demnach zunächst für 15 Jahre bewirtschaften und darf es auch in der Bilanz führen. Innerhalb dieser Frist können Bundestag und Bundesrat über eine Verlängerung entscheiden. Tun sie dies nicht, fallen die Anteile der Tochtergesellschaften an die Bahn zurück. In einer gesonderten Vereinbarung verpflichtet sich der Bund, jährlich bis zu 2,5 Milliarden Euro an Zuschüssen für den Erhalt des Netzes zu zahlen. Dafür müssen definierte Qualitätsstandards gesichert werden. Die erste derartige Vereinbarung soll zehn Jahre laufen, alle folgenden Vereinbarungen mindestens fünf Jahre. Ein Sprecher von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sagte, es gebe noch keinen fertigen, mit der Hausleitung abgestimmten Gesetzentwurf. Auf Ebene der Fachabteilungen, in der es eine Reihe von Überlegungen gebe, werde mit Hochdruck daran gearbeitet, den Entwurf wie vom Bundestag gewollt möglichst bis 31. März vorzulegen. Der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Horst Friedrich, nannte die ersten Eckpunkte «juristischen Amok». Zwar bleibe der Bund formal Eigentümer des Netzes. Die entscheidenden Eigentümerrechte, nämlich die Stimmrechte bei Hauptversammlungen, sollten aber abgetreten werden. Grünen-Verkehrsexperte Winfried Hermann sprach von einer «Selbstenteignung» des Bundes. Wenn eine teilprivatisierte Bahn weitgehenden Zugriff auf das Netz bekomme, werfe dies verfassungsrechtliche Fragen auf. CDU-Verkehrsexperte Dirk Fischer sagte der «Netzeitung», eine «Mogelpackung» würde von der Union nicht akzeptiert. SPD-Experte Uwe Beckmeyer sagte der dpa, seine Fraktion stehe selbstverständlich zum gemeinsam formulierten Beschluss der großen Koalition. Der Bundestag hatte im November einen Grundsatzbeschluss zur Bahn gefasst. Demnach soll die Bundesregierung die Voraussetzungen dafür schaffen, den Konzern bis 2009 teilweise zu privatisieren. In der zentralen Streitfrage wurde festgelegt, dass das rechtliche Eigentum am Netz an den Bund geht, die Bahn das Netz aber betreiben und in der Bilanz führen soll. Das Verkehrsministerium betonte, der Entwurf werde sich penibel an das Bundestagsvotum halten. (dpa)
Kritik an ersten Eckpunkten für Bahn-Privatisierungsgesetz
Verkehrsministerium in der Kritik: Einfluss des Bundes auf das Schienennetz sei unzureichend verankert