SAP hat in der aktuellen WMS-Landschaft bei der produzierenden Industrie eine signifikante Marktdominanz: 57 Prozent der Unternehmen setzen auf eine Lösung des Walldorfer Softwarekonzerns, sei es das moderne SAP EWM oder dessen Vorgänger SAP WM. Diese starke Marktstellung ist historisch durch die tiefe Integration des WM-Moduls in das weit verbreitete ERP-System R/3 gewachsen. Dies ist der Studie „Transformation Warehouse-Management-System – Strategische Erfolgsfaktoren und die häufigsten Fallstricke“ der Unternehmensberatung TMG Consultants zu entnehmen.
Systemwechsel oft nur aus technologischem Zwang
Mit dem Wartungsende von SAP R/3 und der Abkündigung des SAP WM-Moduls stehen daher zahlreiche Unternehmen vor einem technologischen Wendepunkt. Doch anstatt die Umstellung auf ein neues Warehouse-Management-System (WMS) für eine grundlegende Prozessoptimierung zu nutzen, bilden viele Betriebe ihre alten Strukturen nach, förderte TMG in der Studie zutage.
Dass die Hauptmotivation für einen Systemwechsel eher ein technologiegetriebener Zwang statt eine strategische Maßnahme ist, zeigen die Detailergebnisse der Befragung. Für 36 Prozent der Befragten ist das Wartungsende von SAP R/3 und die Abkündigung des WM-Moduls der entscheidende Auslöser für ein WMS-Projekt. Nur rund ein Viertel der Unternehmen nutzt jedoch die Gelegenheit, um Prozesse gezielt zu optimieren und neue Funktionalitäten einzuführen.
Unwissen über WMS-Markt bremst Innovationspotenzial
Die Studienergebnisse deuten auch darauf hin, warum das so sein könnte: Die meisten Unternehmen kennen den WMS-Markt schlicht nicht gut genug: Mehr als 60 Prozent der Befragten können höchstens drei Anbieter jenseits von SAP nennen. Mehr als 20 Prozent der Befragten kennen sogar ausschließlich SAP als potenziellen WMS-Lieferanten. Damit werde der Auswahlhorizont bereits in der Frühphase eines Projekts drastisch eingeschränkt, folgern die Studienautoren. Auch beim Thema Prozesstransparenz fanden sie große Defizite: 82 Prozent der Unternehmen gaben an, ihre Logistikprozesse unvollständig oder lückenhaft zu dokumentieren.
Projektmanagement bleibt Schwachstelle
Nachholbedarf haben viele Unternehmen demnach auch im Projektmanagement. 73 Prozent setzen auf klassische Wasserfallmethoden, obwohl moderne WMS-Projekte durch hohe Komplexität und enge Ressourcen geprägt sind. Gleichzeitig nutzen nur 22 Prozent passende Projektmanagement-Tools. Diese methodische Lücke führt laut TMG dazu, dass Projekte häufig ins Stocken geraten – insbesondere, wenn parallel die Einführung von SAP S/4HANA Ressourcen bindet.
„Die Ablösung von SAP WM ist weit mehr als ein IT-Upgrade – sie ist eine unternehmerische Transformation“, betont Benjamin Hölzle, Director SCM & Logistik bei TMG Consultants. Um typische Fehler zu vermeiden und lohnend zu investieren, rät TMG zu klaren Prioritäten. An erster Stelle sollte demnach immer die Analyse und Optimierung der eigenen Logistikprozesse stehen – bevor eine Systementscheidung getroffen wird. Außerdem empfiehlt TMG, den Markt neutral zu prüfen und unterschiedliche Lösungswege wie Best-of-Breed oder Single-Source zu vergleichen, um Abhängigkeiten zu vermeiden.
"Unsere Studie zeigt, dass strategische Weichenstellungen jetzt getroffen werden müssen: Wer Prozesse nicht konsequent optimiert, den Markt zu wenig kennt oder die Systementscheidungen zu kurzfristig auslegt, verbaut sich die eigene Zukunftsfähigkeit."
Benjamin Hölzle, Director SCM & Logistik bei TMG Consultants
Vorstellung auf der BVL Supply Chain CX
Für die Untersuchung, die kürzlich auf der BVL Supply Chain CX in Berlin erstmals vorgestellt wurde, wurden Entscheidungsträger, Führungskräfte und Fachbereichsexperten aus Logistik und IT aus der produzierenden Industrie befragt. 50 Antworten haben laut TMG ihren Weg in die Studie gefunden, wobei darauf geachtet wurde, dass sich die Teilnehmer in jüngster Vergangenheit oder aktuell mit dem Thema WMS auseinandergesetzt haben.