Komplett unauffällig

Der tendenziell positive Zwischenbericht der Bundesanstalt für Straßenwesen (Bast) über den Lang-LKW hat die Fronten zwischen Befürwortern und Gegnern nicht aufbrechen können. Rot-Grün steht den Fahrzeugen weiterhin kritisch bis ablehnend gegenüber, die Union registriert verhalten eine Bestätigung ihrer Position, die Wirtschaft begrüßt die Expertise, die Schienenverbände bleiben bei ihrem grundsätzlichen Nein. So kommentierte der Verband der Automobilindustrie (VDA) den Zwischenbericht über den "Öko-Laster" hocherfreut. "Mit rund 20 Prozent weniger Spritverbrauch und CO2-Emissionen ist der Lang-LKW ein echter Öko-Laster", hob VDA-Präsident Matthias Wissmann hervor. Entscheidend sei, dass der Lang-LKW der Schiene keine Konkurrenz mache, sondern sich gut in den Kombinierten Verkehr einfüge. Zustimmend äußerte sich auch die Initiative für Innovative Nutzfahrzeuge (IIN), die ebenso wie der VDA die nicht am Feldversuch teilnehmenden Bundesländer aufforderte, ihre Autobahnen für Lang-LKW nunmehr freizugeben. Der Feldversuch zeige, dass sich Lang-LKW und Güterverkehr auf der Schiene optimal ergänzten. Jetzt stehe fest, dass Fahrzeuge "im praktischen Betrieb den höchsten Sicherheitsstandards genügen". Die IIN ist ein Zusammenschluss von 18 Wirtschafts- und Logistikverbänden und Unternehmen, darunter dem Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK). Die Laster dürfen derzeit in sieben Bundesländern fahren, in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Hessen, Sachsen, Thüringen und Bayern, und dort meist auf Autobahnen. Gegner verweisen auf Unfälle Nach Ansicht der Allianz pro Schiene bestätigt der Bericht die Sorgen der Bevölkerung in puncto Verkehrssicherheit. "Obwohl zurzeit weniger als 80 Gigaliner durch Deutschland fahren, sind im Laufe der ersten Testphase schon mehrere Unfälle passiert, einer sogar auf einer ortsnahen Kreuzung außerhalb der erlaubten Routen", erneuerte Verbandsgeschäftsführer Dirk Flege seine Kritik. Auch die Befürchtung, dass durch den Einsatz von Gigalinern Verkehr von der Schiene auf die Straße verlagert werde, werde durch den Bericht nicht entkräftet. "Es bleibt dabei, Gigaliner sind gefährlich, umweltschädlich und teuer für den Steuerzahler". Der Geschäftsführer des Automobil-Clubs Verkehr (ACV), Horst Metzler, warnte davor, dass schon jetzt an jedem fünften tödlichen Unfall ein LKW beteiligt sei und verweist auf einen Unfall mit 32 Verletzten, den ein überladener 48-Tonnen schwerer LKW an einem Bahnübergang in Baden-Württemberg verursacht habe. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) verwies auf eine Studie des Fraunhofer-Instituts, nach der "bei einer Zulassung von Riesen-LKW mit erheblichen Einbußen im europäischen Schienenverkehr zu rechnen" sei. Kein höherer Erhaltungsaufwand Ihr Einsatz war von Anfang umstritten; daher prüfte die Bast die Sicherheit, die Folgen für die Infrastruktur und eine mögliche Verlagerung von der Schiene auf die Straße. Dem Bericht zufolge können zwei Lang-LKW drei herkömmliche Lastkraftwagen ersetzen, dies ermögliche eine Kraftstoffersparnis von 15 bis 25 Prozent. Für Straßen und Brücken ergebe sich kein erhöhter Erhaltungsaufwand; auch gebe es keinen Verlagerungseffekt von der Schiene auf die Straße. Die Lang-LKW waren laut Zwischenbericht an fünf leichten Unfällen beteiligt. Dabei handelte es sich um Blechschäden; ein Zusammenhang mit den Eigenschaften der LKW lasse sich nicht ausschließen, aber auch nicht eindeutig belegen, lautet das Fazit der Bundesanstalt. Die Fahrer hätten nicht unter mehr Stress gelitten als in einem konventionellen LKW; eine erhöhte Unfallgefahr gebe es daher nicht. Einschränkend heißt es aber: "Aufgrund der bislang geringen Anzahl der im Einsatz befindlichen Lang-LKW waren zum Berichtszeitpunkt noch keine belastbaren Erkenntnisse zum Unfallgeschehen zu erwarten". Als Probleme nennt der Bericht die Nothaltebuchten in Tunneln, die für die Laster nicht lang genug sind, und fehlende Parkplätze auf Rastanlagen. "Wirklich gravierende Probleme" hätten sich aber nicht gezeigt. Die Risiken seien "hinnehmbar" oder "beherrschbar". Die Bundesbehörde kommt zu dem Schluss, dass Lang-LKW zwei bis neun Prozent aller Fahrten hierzulande übernehmen könnten. An dem Feldversuch beteiligen sich aktuell laut Bundesverkehrsministerium 39 Unternehmen mit 80 Fahrzeugen. Für den Bericht ausgewertet wurden 13.500 Transporte, die im Beobachtungszeitraum 37 Lang-LKW von 21 Unternehmen erbracht haben. Der Feldversuch läuft noch bis 2016. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt sagte, der Anfang 2012 gestartete Feldversuch sei "bisher erfolgreich". Der Bericht zeige, dass die Lang-LKW "sicher und unauffällig" im Verkehr mitfahren. Der CSU-Politiker kündigte an, das Parkplatzproblem "näher zu untersuchen und Ergebnisse zu validieren". Der Feldversuch werde weiter wissenschaftlich begleitet, die Ergebnisse transparent ausgewertet. Zurückhaltend nahm Dobrindts Koalitionspartner SPD den Bericht auf. "Man sollte nicht den voreiligen Schluss ziehen, dass wir kurz vor der allgemeinen Zulassung von Lang-LKW in Deutschland stehen", betonte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol auf Anfrage. Man solle das Endergebnis des Feldversuchs 2016 abwarten. "Ich bin immer noch skeptisch, ob der Lang-LKW die Antwort auf unsere Verkehrsprobleme der Zukunft ist". Der verkehrspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Stephan Kühn, monierte, da an dem Feldversuch nur wenige Gigaliner teilnähmen, seien die Hochrechnungen zur Verkehrssicherheit mit Vorsicht zu genießen. Die Tunnelnothaltebuchten, zahlreiche Kreuzungen und vor allem Kreisverkehre seien nicht für die Abmessungen der Lang-LKW ausgelegt. "Mögliche Verlagerungseffekte von der Schiene auf die Straße waren nicht Gegenstand des Berichts, sodass sich dazu keine Aussagen machen lassen", erklärte Kühn gegenüber der VerkehrsRundschau.

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