Tagelang hatte der Hund der Briefträgerin Katja Modrow nichts getan und war Schwanz wedelnd hinter ihr hergelaufen. Doch eines Tages biss ihr der Schäferhund von hinten in die Wade, als sie schon fast wieder in ihrem gelben Postauto saß. "Später habe ich dann erfahren, dass der Hund schon mehrere Kollegen attackiert hatte", berichtet die 28-Jährige. Nach Ansicht der Hundeexpertin Cornelia Scherping ist dies ein klassischer Fall von "hündischem Minderwertigkeitskomplex". Die Kriminalbeamtin, die 16 Jahre lang als Hundeführerin Polizeihunde ausgebildet hat, unterrichtet nun Postboten im Umgang mit Hunden. Die fünf Postler, die sich im "Zustellstützpunkt" in Bad Schwartau (Kreis Ostholstein) zum Hundeseminar eingefunden haben, können alle von mehr oder weniger schmerzhaften Erfahrungen mit Vierbeinern berichten. Tanja Schütt, seit 1988 als Postbotin unterwegs, wurde schon zwei Mal bei der Arbeit von Hunden gebissen. "Seitdem rüttele ich immer erst an der Gartenpforte, bevor ich ein Grundstück betrete. Bleibt alles ruhig, gehe ich herein, bellt ein Hund, rufe ich den Besitzer zu mir heran oder nehme die Post wieder mit", sagt die 34- Jährige, die nach eigenem Eingeständnis Angst vor Hunden hat. Rund 2.000 Briefträger wurden nach Angaben der Unfallkasse der Post im vergangenen Jahr von Hunden gebissen. Dabei blieb es in rund 600 Fällen nicht bei zerrissenen Hosen, die Zusteller trugen ernsthafte Verletzungen davon. "Wenn ein Hund einen Postboten angreift, liegt der Fehler eigentlich immer beim Menschen. Entweder macht der Halter etwas falsch oder der Briefträger", sagt Scherping, die im Auftrag der Unfallkasse den Postmitarbeitern Grundlagenwissen zum Hundeverhalten vermittelt. Als Helfer hat sie "Pepper" und "Findus", zwei muntere Borderterrier, und die belgische Schäferhündin "Babsi" mitgebracht. Die drei liegen lammfromm in der Ecke und machen den Eindruck, als ob sie keiner Fliege etwas zu Leide tun könnten. Doch auch sie können böse werden. Als Scherping frontal auf "Babsi" zugeht und sie beschimpft, bellt die Hündin ihr Frauchen wütend an. "Sie fühlt sich angegriffen und verteidigt sich", erklärt die Trainerin. "Drehen sie sich ein bisschen zur Seite, das wirkt weniger bedrohlich, rät sie, demonstriert, was sie meint und Babsi verstummt. Wichtig sei es, den Hund immer im Auge zu behalten und seine Körpersprache richtig zu deuten. "Knurren, gefletschte Zähne, angelegte Ohren, gesträubtes Fell deuten auf Aggression hin und auch ein hoch erhobener Schwanz verheißt nichts gutes", warnt sie. "Wenn der Hund auf Sie losgeht, stehen bleiben und Tasche, Fahrrad oder Paket wie ein Schild zwischen sich und den Hund halten", empfiehlt die Trainerin. Doch es sind nicht nur Hunde, die Briefträger als Eindringlinge in ihr Revier attackieren. Daniel Feineis hat einen Heidenrespekt vor Gänsen, die sogar in die Reifen der Postautos beißen, wenn sie ihre Jungen verteidigen. "Ich habe auch schon ein paar Mal Bekanntschaft mit Katzen gemacht, die hinterm Briefschlitz lauern und zulangen, wenn man Briefe hindurch steckt", sagt er. (dpa)
Keine Angst vor scharfen Zähnen

Jedes Jahr werden rund 2.000 Briefträger von Hunden gebissen. Jetzt haben sich einige Postboten zum "Hundeseminar" angemeldet. Ein Bericht