Güterbahnen: Nationale Netzbetreiber haben zu viel Entscheidungsmacht

06.11.2025 11:25 Uhr | Lesezeit: 3 min
vorbeirauschender Gueterzug
Engpass im europäischen Bahnnetz: Güterbahnen erhöhen vor EU-Verhandlungen den Druck
© Foto: R. Rebmann/blickwinkel/picture alliance

Zehn Verbände europäischer Güterbahnen fordern im Vorfeld der Trilogverhandlungen verbindliche Standards für die Kapazitätsvergabe auf der Schiene. Der aktuelle Entwurf der EU-Kapazitätsverordnung droht nach ihrer Ansicht den Ausbau des grenzüberschreitenden Güter- und Personenverkehrs zu hemmen.

Kurz vor den anstehenden Trilogverhandlungen in Brüssel kritisieren mehrere europäische Güterbahnverbände laut eines Schreibens des Netzwerks Europäischer Güterbahnen den aktuellen Entwurf der EU-Kapazitätsverordnung. In einem offenen Brief warnen Organisationen aus zehn Ländern, dass die geplanten Regeln den grenzüberschreitenden Schienenverkehr eher ausbremsen als stärken würden. Sie verlangen verbindliche Vorgaben, klare Sanktionsmechanismen und einheitliche europäische Standards für die Vergabe von Trassen.

Kritik an nationalen Regeln und fehlender Abstimmung

Peter Westenberger, Geschäftsführer der Güterbahnen, erklärt: „Europa will bereits seit 2001 einen einheitlichen Eisenbahnraum schaffen – mit dem Ziel, dass Güter und Reisende Grenzen überwinden können, als gäbe es sie nicht. Doch die Realität ist eine andere. Nationale Infrastrukturbetreiber setzen bis heute ihre eigenen Regeln, ihre eigenen Verfahren und ihre eigenen Prioritäten. Mehr Verkehr im Netz ist ihnen meist kein Ziel. Jetzt droht ein neuer Versuch, die Hindernisse abzubauen, auf der Strecke zu bleiben.“

Die Verbände sehen die europäische Idee gefährdet und warnen, dass der internationale Straßengüterverkehr davon profitieren könnte. Entscheidungen zur Kapazitätsvergabe blieben weiterhin bei den nationalen Netzbetreibern, während Eisenbahnverkehrsunternehmen und Regulierungsbehörden keine verbindlichen Eingriffsrechte hätten.

Forderung nach stärkerer Rolle der EU-Kommission

Westenberger betont: „Europa braucht einheitliche, verbindliche Regeln und eine starke Rolle der Europäischen Kommission. Ohne klare Zuständigkeiten bleibt die Harmonisierung eine Illusion.”

Im offenen Brief gehen die unterzeichnenden Verbände auch auf die deutsche Diskussion ein. Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat Bürokratieabbau und eine Taskforce „Zuverlässige Bahn“ angekündigt. Gleichzeitig gibt es Überlegungen, zur Verbesserung der Pünktlichkeit weniger Züge fahren zu lassen.

Die Güterbahnen kritisieren diesen Ansatz. Westenberger erklärt: „Weniger Züge bedeuten mehr Probleme für den Güterverkehr. Wer Pünktlichkeit mit Zugstreichungen erkauft, löst kein Problem – er verschärft es. Deutschland braucht ein größeres, leistungsfähigeres Netz, keine neue Verwaltung des Mangels. Jede Kapazitätsdiskussion muss mit der Frage beginnen, wie wir mehr und zuverlässigeren Verkehr ermöglichen und nicht, wie wir ihn reduzieren.”


Forderungen des offenen Briefs

Die Verbände fordern die europäischen Verhandlungsführerinnen und Verhandlungsführer auf, den Schienengüterverkehr stärker zu berücksichtigen. Konkret wird verlangt:

  • Verbindliche europäische Standards für Kapazitätsplanung und -vergabe
  • Sanktionen für Infrastrukturbetreiber bei Nichteinhaltung von Zusagen
  • Recht der Europäischen Kommission, fehlende Regeln per Rechtsakt zu ergänzen

Die Hauptverantwortung liege nun beim europäischen Verkehrsministerrat.




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