Günstige Prämien gibt es immer seltener

Bis zum 30. November können Unternehmer noch ihre Kraftfahrzeug-Versicherung kündigen, um zum 1. Januar zu einem anderen Anbieter zu wechseln. Ein Vergleich lohnt sich aus Sicht der beiden Versicherungsmakler Schunck und Aktiv Assekuranz zwar immer. Für Spediteure, Transporteure und Logistiker wird es aber immer schwieriger, günstige Konditionen zu verhandeln oder durch einen Wechsel wirklich Geld zu sparen. Im Gegenteil: Experten rechnen damit, dass die Versicherer die meisten Flottenkunden im gewerblichen Güterverkehr in 2018 erneut mehr zur Kasse bitten.Beitragsanpassung oft unausweichlichWinfried Nibus, Leiter der Sparte Kfz-Versicherungen bei dem Versicherungsmakler Aktiv Assekuranz, geht von Beitragsanpassungen von zwei bis fünf Prozent aus. R+V mit ihrer Tochter Kravag, bei der knapp die Hälfte der in Deutschland zugelassenen Lkw versichert sind, habe bereits angekündigt, dass sie 2,9 Prozent bei großen und 3,2 Prozent bei kleinen Fuhrparkbetreibern aufschlagen wolle, erzählt Kristin Russow, Leiterin des Bereichs Mobility Services beim Versicherungsmakler Schunck."Auffällige Flotten, deren Schadenquote über die letzten drei bis fünf Jahre über 70 Prozent gelegen hat, müssen sogar mit zusätzlichen Beitragszuschlägen und/oder höheren Selbstbeteiligungen rechnen", so Nibus. Nur für Kunden, deren Schadenverlauf seit Langem gut ist und die sich nachweislich bemühen, die Unfallzahlen gering zu halten, gebe es Ausnahmen von den Verteuerungen.Altlasten erfordern erneut PreisanstiegDas liegt daran, dass die Kfz-Versicherer in der jüngeren Vergangenheit oft rote Zahlen geschrieben haben und weiterhin darum bemüht sind, diese Verluste durch Beitragserhöhungen auszugleichen. Durch Anlagen am Kapitalmarkt erzielen sie inzwischen aufgrund der anhaltenden Niedrigzinspolitik der Notenbanken keine großen Erträge mehr, diese Einnahmen fehlen also, um ins Plus zu kommen. Hinzu kommen die immer komplexeren Regulierungen durch Gesetzgeber und die Bundesaufsicht. Aufgrund der sogenannten Solvency-II-Vorschriften müssen sie so viel Eigenkapital vorhalten, um selbst extremste Ereignisse verkraften zu können.Neben diesen finanziellen Altlasten und allgemeinen Kostensteigerungen bei der Schadenregulierung kalkulieren sie inzwischen auch mehr Elementarschäden bei den Tarifen ein. Extreme Wetterlagen durch Starkregen, Sturm und Hagel passieren heute öfter als noch vor wenigen Jahren und richten bei uns in immer kürzeren Abständen große Schäden an.Das schwierigere Marktumfeld lässt die Anforderungen an Kunden und die Preise - mitunter auch unabhängig von der Schadensituation in den Lkw-Fuhrparks - steigen. "In der jüngeren Vergangenheit sind die Kfz-Versicherer bei Nutzfahrzeugflotten zurückhaltender geworden und schauen genau auf die Zahlen", sagt Russow.Schaden-Kosten-Quote weiter zu hochDiese Sanierungsstrategie funktioniert: Im Geschäftsjahr 2016 haben die Kfz-Versicherer insgesamt steigende Beitragseinnahmen verzeichnet. Laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) lagen die Prämieneinnahmen bei 25,9 Milliarden Euro - das entspricht einem Plus von 2,5 Prozent gegenüber den Einnahmen aus den Bruttobeiträgen in 2015.Die durchschnittliche Schaden-Kosten-Quote, auch Combined Ratio genannt, lag laut der GDV-Statistik in der Kraftfahrtversicherung insgesamt bei 99 Prozent. Sie beschreibt das Verhältnis zwischen Aufwendungen für Schäden, Verwaltung und Abschlusskosten auf der einen und den Prämieneinnahmen auf der anderen Seite. Je geringer die Schaden-Kosten-Quote ist, desto mehr verdient der Anbieter. Liegt sie über 100, schreibt er im eigentlichen Versicherungsgeschäft Verluste. Im Flottenbereich war das Versicherungsgeschäft mit einer Combined Ratio von 107 Prozent im vergangenen Jahr defizitär. Jedem eingenommenen Euro standen Ausgaben von 1,07 Euro gegenüber.Nach der Konsolidierung im Kfz-Versicherungsmarkt in den vergangenen zwei, drei Jahren haben Betreiber von Lkw-Fuhrparks nach wie vor eine überschaubare Auswahl. Neben den Marktführern, der R+V-Tochter Kravag-Logistic und der Allianz, bleiben HDI, Ergo und VHV sowie vor allem im Kleinflottengeschäft die Lippische, die Provinzial und die Sparkassenversicherungen. Trotz eines starken Wettbewerbs untereinander schließen die Versicherer im Kfz-Segment keine untertarifierten Vereinbarungen mehr ab. "Nur bei großen Flotten oder bei namhaften Transport- und Logistikdienstleistern schauen sie weniger auf Beitragsaussichten und mehr auf Neuverträge", sagt Russow von Schunck.Überschaubar und doch undurchsichtigAllgemeingültige Aussagen würden aber schwieriger. "Man muss sich stets den Einzelfall anschauen", erläutert die Expertin. Ebenso problematisch seien pauschale Versprechen zur voraussichtlichen Höhe der Prämie. Die Kalkulationen der Versicherer sind mittlerweile so technisch, dass oft nicht mal Experten in jedem Fall genau wissen, warum ein Kunde viel zahlen muss und ein anderer weniger.Neben der Schadenstatistik, der Größe und Beschaffenheit des Fuhrparks und des Geschäfts spielt auch der Ort der Zulassung eine wichtige Rolle: Der Norden ist oft zum Beispiel günstiger als der Süden, wer Gefahrgut lädt oder im KEP-Segment unterwegs ist, muss deutlich mehr zahlen als andere Fuhrunternehmer.Wenige Schäden heißt niedrige PrämieAls Faustformel gilt weiterhin: Betreiber von weitestgehend schadenfreien Flotten haben gute Chancen, preiswertere Prämienangebote zu erhalten. Mit einem Schadenverlauf, der über den jährlich vereinbarten Zielmarken liegt, hat man in der Regel schlechte Karten auf der Suche nach kostengünstigen Konditionen.Meistens erstatten die Kfz-Versicherer ab einer Schadenquote unter 70 Prozent etwa Beiträge oder stufen die Kunden in eine bessere Risikoklasse, was wiederum Geld spart im Folgejahr. Der Spielraum nach oben und unten ist ähnlich - wenn ein Beitragsregulativ vorhanden ist: "Zuschläge oder Erstattungen belaufen sich in der Regel auf maximal 20 Prozent der Versicherungsprämie", erläutert Nibus. Oft ist aber eine höhere Selbstbeteiligung inzwischen die einzige Möglichkeit, die Beiträge zu senken.Obwohl der Kfz-Versicherungsmarkt für Fuhrunternehmer mit einer Handvoll ziehender Einheiten schrumpft, nimmt der Aufwand bei der Angebotssuche zu. "Den Transportunternehmern fehlen häufig das Verständnis und die Zeit, um die Konditionen zu vergleichen und für sie die besten Deckungsmodelle und Selbstbehalte zu vereinbaren", berichtet Russow. Deshalb vertrauen viele Agenten oder Maklern wie Schunck. "Ich rate davon ab, es ohne Unterstützung von Fachleuten zu versuchen", betont die Leiterin des Bereichs Mobility Services.Zocken kann sich im Zweifelsfall lohnen"Die Verhandlungen über die Prämien des nächsten Jahres fangen immer früher an - teilweise geht es im Juli los", berichtet Russow. Das liegt daran, dass sowohl die Versicherer als auch deren Vermittler so früh wie möglich ihren Vertragsbestand verlängern wollen, um so bald wie möglich die künftigen Kosten planen zu können. Wer einen unauffälligen Schadenverlauf aufweisen kann, sollte aus Sicht von Nibus frühzeitig Prämiennachlässe oder andere Verbesserungen aushandeln. "Schließlich weiß man nie, welche Ereignisse bis zum Jahresende noch eintreten und die Haftpflicht- und Kasko-Police belasten", rät er."Richtig Zug in die Angebote der Kfz-Versicherer kommt allerdings oft erst ab Oktober", sagt Russow. Manche Kunden zocken deshalb. Das kann schiefgehen: "Aus 15 Prozent Ersparnis kann bei einer Schadenquote über 70 Prozent nach zwei Jahren eine Nullnummer werden." Das ist nicht der einzige taktische Fehler, der wiederholt vorkommt.Nibus mahnt: Wer jedes Jahr ausschreibe und nichts abschließe, habe irgendwann seinen Kredit bei den Kfz-Versicherern verspielt. Nibus hält es für sinnvoll, alle zwei bis drei Jahre einen Benchmark zu ermitteln. Nach einem Jahr, in dem die Schadenquote deutlich über der vertraglichen Vereinbarung lag, kann sich ein Vergleich auch lohnen "Zum Beispiel, wenn eine Verdoppelung der Prämie droht und ein neuer Kfz-Versicherer nur 60 Prozent mehr verlangt als bis dato", sagt er.Langfristig statt kurzfristig sparenFür eine Zugmaschine zahlen größere Kunden mit unauffälligem Schadenverlauf künftig für eine Haftpflicht- und Vollkaskopolice durchschnittlich zwischen 2500 und 3000 Euro inklusive Versicherungssteuer im Jahr, bei kleineren Fuhrparkbetreibern mit guten Voraussetzungen können es zwischen 4000 und 5000 Euro inklusive Versicherungssteuer sein. Ein Anhänger schlägt - je nach Typ und Betriebsgröße - mit 300 bis 1000 Euro zu Buche.Schunck-Expertin Russow rät dazu, genau abzuwägen, ob sich ein Wechsel wirklich lohnt. "Bei einem Kunden mit jahrelang gutem Schadenverlauf lässt sich der Kfz-Versicherer des Vertrauens eher mal darauf ein, die Beiträge nach einem schlechten Jahr etwa wegen eines großen Unfalls nicht anzuheben." Als Vorteile sieht sie darüber hinaus, dass der Fuhrparkbetreiber die Ansprechpartner und die Arbeitsweise der Assekuranz kennt. "Kontinuität und Verlässlichkeit sind vielen Spediteuren und Frachtführern wichtiger als ein paar gesparte Euro im Jahr", betont sie.Statt nur auf schnelle Spareffekte zu hoffen, empfiehlt Nibus von der Aktiv Assekuranz gerade kleinen und mittleren Fuhrparkbetreibern, langfristig zu denken. "Ein vernünftiges Schaden- und Risikomanagement spart mitunter mehr als ein Wechsel der Kfz-Versicherung." Wichtig sei, dass der Chef entsprechende Maßnahmen - von der regelmäßigen Fahrerschulung bis hin zu Bonus-Malus-Programmen - wirklich verfolgt und beim Fuhrparkleiter oder direkt beim Fahrer für die nachhaltige Umsetzung sorgt. Hier unterstützen die Kfz-Versicherer.Mehr zum Thema finden Sie unter Kfz-Versicherung www.verkehrsrundschau.de/dossiersVerbands-KonditionenGünstige Angebote für kleine Unternehmer über Camion Pro:Eine Alternative für kleine Fuhrparkbetreiber sind Gruppentarife wie bei Camion Pro. Der Transportverband schließt mit ausgesuchten Versicherungsgesellschaften Rahmenverträge zu Sonderkonditionen für seine Mitglieder ab. Camion-Pro-Vorstand Andreas Mossyrsch wirbt mit niedrigen Tarifen unabhängig von der bisherigen Einstufung für jedes Fahrzeug oder jede Flotte. Voraussetzung ist jedoch ein guter Schadenverlauf beim Vorversicherer. Interessant für Newcomer: Existenzgründer erhalten Sondereinstufungen. Die Gruppenversicherungstarife schützen laut Camion Pro auch bei Brems-, Betriebs- und Bruchschäden und beinhalten die Gap-Deckung. Letztere ersetzt im Fall eines Totalschadens oder eines Diebstahls des Lastwagens die Differenz zwischen der Leistung der Kaskoversicherung und dem meist höheren Ablösebetrag, den die Leasinggesellschaft noch zu bekommen hat. agFlottentarifeSo kalkulieren die Kfz-VersichererFlotten bis zehn Fahrzeuge: Bei Fuhrparks mit drei bis zehn Fahrzeugen berechnet der Versicherer den individuellen Beitrag für jeden Pkw, Lkw, jede Zugmaschine oder jeden Transporter aufgrund von Schadenfreiheitsklassen. Schäden wirken sich nur auf ein Fahrzeug aus, nicht auf die ganze Flotte.Flotten ab zehn Fahrzeuge: Versicherer stufen die Gesamtflotte in eine Verlaufsrabattklasse ein, der die Schadenquote der letzten fünf Jahre zugrunde liegt. Für jedes Fahrzeug gilt derselbe Tarif. Kommt ein neues hinzu, wird es zum selben Preis mitversichert. Liegt die Schadenquote über 70 Prozent, verlangt der Versicherer meist einen Aufschlag auf die Prämie. Wer dagegen wenige Unfälle hatte und unter der vereinbarten Schadenquote bleibt, profitiert von Rabatten für alle Flottenfahrzeuge. Manche Verträge sehen auch Erstattungen vor.Große Flotten: Bei größeren Flotten - zum Teil aber auch schon ab zehn ziehenden Einheiten - verhandeln die Versicherer mit dem Betrieb die Prämien individuell. Je größer der Fuhrpark und je besser die Schadenquote, desto günstiger wird der einheitliche Beitragssatz pro Fahrzeug. Die Versicherer schauen am Jahresende den Schadenverlauf der Flotte an und nehmen Beitragsanpassungen nach oben oder unten vor. sah

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