Frankfurt/Main. Der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Bernd Gottschalk, hat am Samstag überraschend seinen Rücktritt erklärt. Das teilte der Verband in Frankfurt mit. Der 63-Jährige stand seit 1996 an der Spitze der Organisation, die die Interessen von mehr als 500 Unternehmen der Automobilbranche vertritt. Hintergrund des Rücktritts, auf den die deutschen Autohersteller betont zurückhaltend reagierten, ist vermutlich die Diskussion um den Klimaschutz. Erst Ende Oktober war Gottschalk einstimmig für weitere zwei Jahre im Amt des Verbandspräsidenten bestätigt worden. „Ich habe mir keine Versäumnisse in der CO2-/Hybrid-Debatte vorzuwerfen“, erklärte Gottschalk zu einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“. Darin hieß es, die Chefs der deutschen Autohersteller seien „sauer über die Reaktion ihrer Lobby auf die Klimaschutzdebatte“. Wie schon bei der Diskussion um Feinstaub und Partikelfilter habe der Verband viel zu spät und lasch reagiert. Er habe nicht ausreichend über die Leistungen der deutschen Hersteller zur CO2-Reduktion aufgeklärt. Eine vom VDA geplante Anzeigenserie war von den Auto-Herstellern sogar gestoppt worden. Darin wollte der VDA nach Medienberichten ankündigen, dass die deutsche Autoindustrie in den nächsten Jahren zehn Milliarden Euro für den Klimaschutz investiere. Das klinge, als habe man bislang nichts getan, beschwerte sich - so der „Spiegel“ - der Chef eines Autokonzerns. Gottschalk werde auch vorgeworfen, dass er in der TV-Diskussionsrunde in der ARD bei nicht persönlich die Interessen der Fahrzeugbranche vertreten habe. „Sobald wir einen Nachfolger gefunden haben“, sagte ein Autoboss laut „Spiegel“, „ist Gottschalk weg.“ Als Nachfolger für den VDA-Chefposten wurden dem ehemaligen BMW-Chef Helmut Panke die besten Chancen eingeräumt. Dieser widersprach jedoch heute als neuer Chef des VDA zur Verfügung zu stehen. Dagegen kommen Ex-VW-Vorstandschef Bernd Pischetsrieder oder Jürgen Hubbert von Mercedes nach übereinstimmenden Medienberichten für den Verbandsposten in Frage. Die deutschen Autohersteller kommentierten den Rücktritt mit Zurückhaltung: Ford wollte sich nicht äußern, BMW-Sprecher Marc Hassinger sagte: „Wir bedauern das sehr. Wir haben in der Vergangenheit immer gut mit Herrn Gottschalk zusammengearbeitet und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute.“ Ein VW-Sprecher sagte: „Wir haben den Rücktritt von Herrn Gottschalk mit großer Überraschung zur Kenntnis genommen. Herr Gottschalk hat sich große Verdienste um die deutsche Automobilindustrie erworben.“ Von Opel, Audi, DaimlerChrysler und Porsche waren zunächst keine Stellungnahmen zu bekommen. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) sieht Gottschalk als „Bauernopfer der Automobilindustrie“. Die Autobauer selbst hätten es nicht geschafft, umweltgerechte Autos zu konzipieren und auf den Markt zu bringen, sagte VCD-Vorstandsmitglied Hermann-Josef Vogt am Samstag in Düsseldorf. Der Parteivorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Reinhard Bütikofer sagte: „Meistens schlägt man den Sack, wenn man den Esel meint. Hier schlagen die Esel den Sack.“ (dpa/sb)
Gottschalk tritt zurück

Überraschender Abgang nach elf Jahren als mächtigster Autolobbyist: Fahrzeughersteller werfen VDA-Präsident Fehler im Umgang mit Klimaschutzdebatte vor