Fördergelder jetzt nutzen

Transportunternehmer und Fuhrparkbetreiber rechnen mit jedem Cent. Ausgerechnet diese Betriebe, die seit Jahren unter massivem Kosten- und Preisdruck stehen, müssen ihren bislang dieselangetriebenen Fuhrpark nun auf umweltfreundlichere Antriebe umstellen. Anders lassen sich die EU-Ziele in Sachen CO2-Reduktion nicht stemmen. So sollen neue Lkw bis zum Jahr 2025 15 Prozent weniger CO2 ausstoßen sowie 30 Prozent weniger bis zum Jahr 2030 - jeweils im Vergleich zu 2019/2020. Um den Unternehmen heute schon den Umstieg auf klimafreundliche Technologien finanziell schmackhaft zu machen, hat die Bundesregierung aktuell das Förderprogramm "Förderung klimafreundlicher Nutzfahrzeuge und Infrastruktur" (KsNI) aufgelegt und das Förderprogramm "Erneuerung der Nutzfahrzeugflotte" (ENF 3.0) vor wenigen Wochen verlängert (siehe Kasten Seite 48). Neues Förderprogramm KsNI Mit dem Förderprogramm KsNI bezuschusst das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) Unternehmen bei: - der Anschaffung von leichten und schweren Nutzfahrzeugen mit alternativen klimaschonenden Antrieben. - der Errichtung und Erweiterung der dazugehörigen Tank- und Ladeinfrastruktur. - Machbarkeitsstudien. In welcher Höhe KsNI die Fördergegenstände fördert, finden Sie im Online-Arbeitsportal Verkehrsrundschau.plus unter www.verkehrsrundschau.de/plus/ ksni. Hinweis: Die Förderanträge können Firmen seit 16. August bis zum 27. September 2021 über das eServicePortal (https://antrag-gbbmvi.bund.de/) bei der Bewilligungsbehörde, dem BAG, stellen. Nutzfahrzeuge "Konkret fördert das Förderprogramm KsNI die Beschaffung von batterie- oder brennstoffzellenelektrisch angetriebenen Fahrzeugen ohne Gewichtsbeschränkung, von außen aufladbare Hybridelektrofahrzeuge (Plug-in-Hybrid) und Oberleitungs-Verbrenner-Hybridfahrzeuge mit >12 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht (zGG) sowie umgerüstete Dieselfahrzeuge mit Elektroantrieb > 3,5 Tonnen zGG", erläutert Markus Olligschläger, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) (siehe Seite 48). Als Neufahrzeuge würden auch Fahrzeuge gelten, sagt er, mit einer vorherigen einmaligen Zulassung auf den Hersteller oder den Händler und einer Laufleistung von bis zu 10.000 Kilometern. In diesem Fall dürfe das Fahrzeug bei der Erstzulassung aber nicht gefördert worden sein. Im Übrigen sei auch die Beschaffung von Nutzfahrzeugen durch Miet- oder aber Leasingunternehmen förderfähig, betont Olligschläger. Eine Förderung von Mietkosten oder Leasingraten sei im Förderprogramm KsNI aber ausgeschlossen. Wichtig zudem: "Nutzfahrzeuge sowie Tank- und Ladeinfrastruktur müssen mindestens vier Jahre ab Zulassungsdatum beziehungsweise ab Datum der Inbetriebnahme im Eigentum der Zuwendungsempfänger verbleiben." Tank- und Ladeinfrastruktur Auch die Errichtung und Erweiterung der dazugehörigen Tank- und Ladeinfrastruktur können sich Firmen über KsNI fördern lassen. Wobei im ersten Förderaufruf, erläutert Olligschläger, nur die für den Betrieb des/der beantragten Nutzfahrzeuge/s notwendige Tank- und Ladeinfrastruktur förderfähig sei, nicht auch deren Anschaffung. Die Anschaffungsförderung werde erst im Rahmen der nachfolgenden Förderaufrufe möglich sein, weiß er, "wenn ein vorhergehender Förderantrag für Nutzfahrzeuge (Nfz) im Rahmen des Förderprogramms KsNI positiv beschieden wurde und die Infrastruktur für den Betrieb der schon über das Förderprogramm KsNI beschafften Fahrzeuge benötigt wird". Nur ausnahmsweise könne davon abgewichen werden, wenn ein Miet- oder Leasingnehmer schon einen Antrag auf Förderung von Nutzfahrzeugen gestellt und dieser die damit verbundenen Zuwendungs-Voraussetzungen erfüllt habe. Nicht förderfähig über KsNI sei die Oberleitungs-Infrastruktur. Machbarkeitsstudien Gefördert wird die Erstellung von Machbarkeitsstudien zu Einsatzmöglichkeiten von Nutzfahrzeugen sowie von Studien und Analysen zur Nutzung neuer und bestehender Logistikstandorte für diese Nutzfahrzeuge und zur Errichtung beziehungsweise Erweiterung entsprechender Infrastruktur. Zu guter Letzt können sich Firmen über KsNI "die Erstellung von Machbarkeitsstudien zu Einsatzmöglichkeiten von Nutzfahrzeugen fördern lassen sowie von Studien und Analysen zur Nutzung neuer und bestehender Logistikstandorte für diese Nutzfahrzeuge und der Errichtung beziehungsweise Erweiterung entsprechender Infrastruktur", sagt Olligschläger. Das KsNI-Verfahren Zum Verfahren von KsNI: "Förderanträge zu KsNI, die die Anschaffung von Nutzfahrzeugen zum Inhalt haben, werden in einem definierten Verfahren ausgewertet und priorisiert. Entscheidend ist, welche Anträge die Umwelt- und Energieziele mit dem geringsten Beihilfebetrag beziehungsweise mit der höchsten Kosteneffizienz verwirklichen können", erläutert der BWVL-Hauptgeschäftsführer. "Es wird die erwartete jährliche CO2-Einsparung je investiertem Förder-Euro (CO2-Einsparungsquote) für den jeweiligen Förderantrag festgestellt." Berücksichtigung finden dabei ausschließlich Anträge die eine CO2-Einsparung von mindestens 50 Prozent des (gleitenden) Durchschnittswerts erreichen. Für Anträge für Machbarkeitsstudien gelte dagegen ausschließlich das Windhundverfahren: Wer zuerst kommt, mahlt also zuerst. Anträge für Infrastrukturvorhaben setzen laut Olligschläger einen bewilligten Antrag für Nutzfahrzeuge voraus. Verlängerung Förderprogramm ENF 3.0 Zusätzlich wurde das Förderprogramm "Erneuerung der Nutzfahrzeugflotte" (ENF 3.0) unlängst verlängert. Ziel von ENF 3.0 ist es laut BAG, für Fuhrparkbetreiber einen finanziellen Anreiz zu schaffen für den Austausch schwerer Nutzfahrzeuge zugunsten moderner Fahrzeuge mit Elektro- und Wasserstoffantrieb. Gefördert werden auch - und faktisch vor allem - konventionelle Verbrennungsmotoren der Schadstoffklasse Euro 6, sofern diese die durchschnittlichen CO2-Emissionen der Fahrzeuguntergruppe unterschreiten. Der Förderbaustein zur Anschaffung intelligenter Trailer-Technologien bleibt nach Informationen des BWVL in der bekannten Form erhalten. Für das ENF 3.0 sind Zuschüsse von bis zu 15.000 Euro im Fall der Verschrottung eines Bestandsfahrzeugs der Schadstoffklasse Euro 5 oder EEV oder bis zu 10.000 Euro im Fall der Verschrottung eines Bestandsfahrzeugs der Schadstoffklasse Euro 4 oder schlechter vorgesehen. Die Förderanträge können seit 26. Juli 2021 bis 31. Oktober 2021 über das E-Service-Portal des BAG gestellt werden. Und die gute Nachricht ist: "Für ENF 3.0 gelten fast die gleichen Rahmenbedingungen wie beim Vorgängerprogramm ENF 2.0", betont Olligschläger, was es für die Firmen deutlich einfacher mache. Es gibt gleichwohl auch Änderungen - mehr dazu im FAQ, das der BWVL-Hauptgeschäftsführer für VerkehrsRundschau plus erstellt hat (siehe Kasten S. 49). Neu ist etwa folgender Punkt: Falls beim Hersteller verfügbar, muss das Neufahrzeug zum Zeitpunkt der Auslieferung mit mindestens zwei zusätzlichen Merkmalen ausgestattet sein, die geeignet sind, das CO2-Emissionsniveau des Neufahrzeugs im Vergleich mit seinem Serienzustand zu senken. Andernfalls muss das Fahrzeug über wenigstens ein solches Merkmal verfügen. Als solche kommen in Betracht: - Bauteile, die die Aerodynamik des Neufahrzeugs gegenüber dessen Serienzustand verbessern - automatische Leerlaufbegrenzer zur Kraftstoffeinsparung - Luftpress-Automatiken zur Reduktion des CO2-Ausstoßes - Getriebeleerlauf-Automatiken bei Gefälle, Liftachsen - Start-Stopp-Systeme - vollautomatisierte Getriebe/Schaltsysteme - vorausschauender Tempomat Die Festlegung des CO2-Werts orientiere sich, darauf weist der BWVL hin, an Monitoring-Daten, die von der EU-Kommission erhoben wurden. Sind für das Fahrzeug weniger als zwei Merkmale verfügbar, müssen Antragsteller dem Zwischennachweis einen entsprechenden Nachweis beifügen. Wichtig auch: Die Verschrottung des Altfahrzeugs muss spätestens bis zum 30. Juni 2022 erfolgen. Ist der Erwerb eines Neufahrzeugs bis dahin nicht möglich, verlängert sich die Frist zur Verschrottung laut BAG bis spätestens zum 30. September 2022. Bleiben letztlich nur zwei große Knackpunkte: "Die Förderprogramme sind gut gemeint. Doch das Angebot an klimafreundlichen Nutzfahrzeugen ist im Moment begrenzt. Es gibt da noch nicht viele Lösungen", moniert Mario Danielsky, Büroleiter der Wilke Consulting in Düsseldorf, die sich auf Fördermittel spezialisiert hat. Insbesondere die KsNI-Fördermittel dürften deshalb erst mal liegen bleiben, vermutet er. Problem sei auch, sagt Danielsky, dass es den Unternehmen mit der Antragstellung sowohl bei ENF 3.0 also auch KsNI generell schwer gemacht werde. So müssten extrem viele Unterlagen bei der Antragstellung eingereicht werden. Das überfordere jedes Unternehmen, die müssen sich erst mal um ihr Tagesgeschäft kümmern, weiß er. "Ohne externen Berater", ist er sich sicher, "kann das kein Unternehmen leisten." Gerade kleinere Betriebe schrecke dies oft zusätzlich vom Thema Fördermittel ab. Mehr zum Thema finden Sie unter #Fördergelder www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Die Klimaschutz-Ziele der EU sind ambitioniert und werden für Fuhrparkbetreiber teuer. Um die Anschaffungskosten, unter anderem in "grünere" Fahrzeuge für die Unternehmen abzufedern, wurde das Förderprogramm zur Erneuerung der Flotte (ENF 3.0) verlängert und das neue Förderprogramm KsNI gestartet. "Die Förderung ist absolut notwendig" Über das neue Förderprogramm KsNI des Bundesverkehrsministeriums (BMVI) können sich jetzt Unternehmen und Fuhrparkbetreiber ihr Klimaschutz-Engagement bezuschussen lassen, zum Beispiel ihre Investitionen in klimafreundliche Nutzfahrzeuge, Tank- und Ladeinfrastruktur und Machbarkeitsstudien. Wie sinnvoll ist das neue Förderprogramm für die Unternehmen? Der Wechsel zu alternativen Antrieben bedeutet für die Unternehmen enorme Investitionsmehrkosten in Fahrzeuge und Infrastruktur. Die Förderung ist absolut notwendig. Eine effiziente Strategie wird das KsNI-Förderprogramm trotz des vielen Geldes aber nur dann, wenn auch die entsprechenden Fördergegenstände in der realen Welt zur Verfügung stehen. Ein Förderprogramm soll ja einen Anreiz für etwas tatsächlich Machbares bieten.Bei den Fahrzeugen reduziert sich aus Sicht des Bundesverbands Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) das Ganze erst einmal aufgrund der aktuellen Verfügbarkeit der Technologien auf batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) und Machbarkeitsstudien. Die Förderanträge der Unternehmen für wasserstoffbetriebene und Oberleitungs-Lkw erwarten wir deshalb eher in homöopathischen Dosen. Wie gesagt: Geld alleine bewirkt noch keine Veränderung, insbesondere wenn der Roll-out bestimmter Technologien erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt! Sprich: Die Fördergelder, die gut gemeint sind, werden von den Unternehmen nicht abgegriffen werden? Formulieren wir es so: Das Interesse ist bei unseren Mitgliedsunternehmen schon sehr groß. Im ersten Förderaufruf wird es die Bewilligungsbehörde, das Bundesamt für Güterverkehr (BAG), wohl mit der Förderung von Machbarkeitsstudien sowie batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen (BEV) für den Nah- und Regionalverkehr zu tun bekommen.Bis Ende März 2021 wurden im Förderprogramm EE insgesamt überschaubare 85 BEV ab 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht bewilligt - seit 2018. Hier werden durch den Wegfall der Gewichtsbeschränkung mehr Förderanträge erwartet. Dennoch ist das Förderprogramm KsNI recht komplex, was für Unternehmen, die damit nicht täglich zu tun haben, eine gewisse Herausforderung sein dürfte. Was empfehlen Sie vor diesem Hintergrund Fuhrparkbetreibern? Was sollten die jetzt konkret tun: auf das Förderprogramm ENF 3.0 setzen oder aber auf das Förderprogramm KsNI? Das lässt sich pauschal nicht beantworten, sondern ist letztendlich die Eine-Million-Dollar-Frage. ENF 3.0, also die Förderung von Euro-6-Fahrzeugen, setzt immer ein zu verschrottendes Altfahrzeug voraus. Im Gegensatz zu KsNI ist bei ENF 3.0 aber auch die Förderung von LNG- oder CNG-Lkw möglich. Und alternative Trailer-Technologien sind ausschließlich über ENF 3.0 förderfähig. Sie sind Hauptgeschäftsführer des BWVL. Wie unterstützt Ihr Verband seine Mitgliedsunternehmen? Zur Unterstützung bei den Förderprogrammen haben wir ein sehr erfolgreiches Kompetenz-Team aufgebaut. Es gibt zu diesen Programmen viele Anfragen seitens der Unternehmen. Und es ist ja auch unsere Aufgabe als Verband, dass wir unseren Mitgliedsbetrieben hier unter die Arme greifen. Der ständige, sehr konstruktive Dialog mit dem BAG und dem BMVI hilft dabei natürlich sehr. eh Markus Olligschläger, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) in Bonn

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