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EU-Länder wollen strenge CO2-Grenzwerte auch für Lkw

21.12.2018 10:16 Uhr
Lkw, Autobahn, A28
Die EU-Minister wollen, dass der CO2-Ausstoß bei neuen Lkw-Modellen bis zum Jahr 2030 um 30 Prozent sinkt
© Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa/picture-alliance

Es ist die Woche der Klimaschutz-Beschlüsse in Brüssel: erst neue CO2-Vorgaben der EU für Autos, jetzt eine Minister-Entscheidung zu Lastwagen und Bussen. Die Hersteller protestieren.

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Brüssel. Die EU-Länder wollen erstmals auch für Nutzfahrzeuge verbindliche CO2-Grenzwerte für Lastwagen und Busse, um den Ausstoß von Kohlendioxid bei neuen Modellen bis zum Jahr 2030 um 30 Prozent zu drücken. Darauf einigten sich die EU-Umweltminister am Donnerstag in Brüssel. Nur die deutsche Ressortchefin Svenja Schulze (SPD) enthielt sich – auf Druck des Kanzleramts, wie sie anschließend betonte. Die deutsche Autoindustrie hält die vereinbarten Ziele für zu ehrgeizig.

„Ich hätte dem letzten Kompromissvorschlag der österreichischen Ratspräsidentschaft gern zugestimmt, aber ich konnte mich mit dem Bundeskanzleramt nicht darüber verständigen“, erklärte Schulze der „Deutschen Presse-Agentur“. „Sich in einer so wichtigen umweltpolitischen Frage zu isolieren, ist mehr als peinlich.“

Zwischenziel: 15 Prozent weniger CO2 bis 2025

Hintergrund des Streits in der Bundesregierung ist eine Verschärfung im Lauf der EU-Verhandlungen. Die EU-Kommission hatte im Frühjahr zwar bereits ein CO2-Minderungsziel für Lastwagen von 30 Prozent vorgeschlagen. Dies wollte Schulze auch mittragen, wie sie noch am Vormittag sagte. Doch sollte die Zielmarke gemäß diesem Vorschlag zunächst unverbindlich sein und 2022 noch einmal überprüft werden.

Der Beschluss der Umweltminister dreht den Spieß jedoch um: Der Grenzwert für 2030 soll verbindlich sein, falls nicht 2022 etwas anderes entschieden wird. Dafür stimmten alle anderen 27 EU-Länder.

Teil des Kompromisses ist auch ein Zwischenziel für das Jahr 2025. Neue Lastwagen und Busse sollen dann bereits 15 Prozent weniger CO2 ausstoßen. Vergleichsjahr für beide Minderungsziele ist 2019. Es gibt zudem Anreize für Fahrzeuge mit sehr wenigen oder ganz ohne Emissionen – also etwa reine Elektro-Lkw. Werden die verbindlichen Ziele verfehlt, drohen empfindliche Geldstrafen.

Fahrzeugindustrie bewertet Vorgaben als unrealistisch

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) kritisierte sowohl das verbindliche 30-Prozent-Ziel als auch die vorgesehenen Strafen. „Alternative Antriebe sind, anders als im Pkw-Segment, gerade für den schweren Langstreckenverkehr nicht in der Breite marktfähig“, erklärte VDA-Präsident Bernhard Mattes. „Im Güterfernverkehr ist der effiziente Dieselmotor auf absehbare Zeit schwer zu ersetzen.“

Damit lassen sich aber aus Sicht des VDA bis 2025 gerade einmal 7 Prozent CO2-Minderung erreichen, bis 2030 nur 16 Prozent – also halb so viel wie jetzt von den Ministern angepeilt. „Äußerst problematisch bleibt die Höhe der Strafzahlungen“, mahnte Mattes. „Selbst große Nutzfahrzeug-Hersteller könnten dadurch in ihrer Existenz bedroht werden.“ Laut dem Beschluss sollen für Anbieter, die ihre Flottenziele reißen, zwischen 2025 und 2029 pro Gramm Kohlendioxid und Tonnenkilometer 4000 Euro fällig werden, ab 2030 dann 6800 Euro.

VDA hofft auf Nachbesserungen durch EU-Parlament

Der VDA hofft nach eigenem Bekunden auf Nachbesserungen. Es folgen noch Verhandlungen mit dem EU-Parlament. Allerdings hatten die Abgeordneten im November für noch ehrgeizigere Ziele gestimmt. Sie wollen bis 2030 eine Senkung der CO2-Werte um 35 Prozent und bis 2025 ein Zwischenziel von 20 Prozent.

Der europäische Lkw-Herstellerverband ACEA bezeichnete den Beschluss der Minister im EU-Rat als „sehr ambitioniert“. „Die Lkw-Hersteller sind willens, die CO2-Emissionen weiter zu senken, dies sollte jedoch in einem realistischen Tempo geschehen, da es mit der heutigen Technologie allein nicht möglich ist“, sagte ACEA-Generalsekretär Erik Jonnaert. Er erinnerte die Mitgliedstaaten daran, dass sie dabei ebenfalls eine Verantwortung tragen – denn sie seien für den Ausbau der Infrastruktur zuständig, die für die breite Markteinführung von Lkw mit alternativen Antrieben notwendig sei.

„Wir sprechen hier eindeutig von riesigen Investitionen. Parallel dazu müssen Transportunternehmer ihre Lkw-Flotten viel schneller erneuern. All dies muss vor 2025 geschehen, liegt jedoch außerhalb der Kontrolle unserer Branche“, sagte Jonnaert.

Der Weltdachverband der Straßentransportwirtschaft IRU begrüßte die geplanten CO2-Vorgaben für neue Lkw.  Matthias Maedge, der die Arbeit der IRU in der EU leitet, sagte: „Die Entscheidungsträger müssen bedenken, dass das Tempo der Dekarbonisierung angesichts der knappen Margen der Branche nicht von der Verfügbarkeit von Technologie, sondern von der Kaufkraft der Verkehrsunternehmen bestimmt wird, die sie möglicherweise daran hindert, in einige dieser neuen Technologien zu investieren.“

CNG, LNG und Wasserstoff würden in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, während die Energiespeicherkapazität, das Gewicht und der Preis von Batterien ein Hindernis für den gewerblichen Straßentransport bleiben. „Daher müssen Normen letztendlich auf der technologischen Machbarkeit, aber auch auf der Wirtschaftlichkeit basieren.“

CO2-Grenzwerte für leichtere Fahrzeuge bereits beschlossen

Erst am Dienstag waren neue, strenge CO2-Grenzwerte für Pkw und Kleintransporter beschlossen worden. Bei Neuwagen soll der Ausstoß des Klimagases bis 2030 um 37,5 Prozent sinken. Der Unterschied: Anders als für Lkw gibt es für Autos längst solche Grenzwerte, sie werden nur fortgeschrieben. Und die Einigung war bereits der Kompromiss mit dem Europaparlament, der bei den Lkw noch aussteht.

Ziel der Vorgaben ist es, die Emissionen aus dem Verkehr langfristig zu drücken und die weltweiten Klimaziele einzuhalten. Erwartet wird eine Vermeidung von 54 Millionen Tonnen Kohlendioxid zwischen 2020 und 2030. Der Verkehr trägt etwa ein Viertel zum EU-Ausstoß an Klimagasen bei, Lkw und Busse etwa sechs Prozent.

Der ökologisch ausgerichtete Verband Transport & Environment nannte den Ministerbeschluss zu den Lkw einen ersten Schritt. Dies sei aber noch nicht genug. Voraussichtlich am 8. Januar verhandeln EU-Rat, Kommission und Parlament voraussichtlich im Trilog erstmals ihre Positionen zu den CO2-Grenzwerten für neue Lkw. (dpa/ag)

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