EU-Beitritt Kroatiens

EU-Beitritt Kroatiens Willkommen im Club Am 1. Juli 2013 wird Kroatien Mitglied in der Europäischen Union. In vielen Bereichen orientiert sich das kroatische Recht am deutschen Vorbild. Was Unternehmen wissen sollten, die in das kleine Land an der Adria investieren wollen. Als 28. Staat tritt Kroatien am 1. Juli 2013 der Europäischen Union (EU) bei. Den Zuwachs, den die Gemeinschaft damit bekommt, halten manche allerdings für ein Sorgenkind. Denn die Wirtschaft des Adriastaats schwächelt. Hinzu kommt die steigende Verschuldung. Nach dem EU-Beitritt muss Kroatien daher voraussichtlich sofort mit einem Verfahren wegen eines großen Budgetdefizits rechnen. Standard & Poors sowie Moodys haben die Kreditwürdigkeit des kleinen Landes mit seinen 4,3 Millionen Einwohnern herabgestuft. Im Weltbank-Ranking rutschte es auf Platz 84 ab – noch hinter Griechenland. Steuern und Löhne sind die höchsten in Südosteuropa, der Arbeitsmarkt Kroatiens gilt als relativ starr. Vor diesem Hintergrund mögen viele Unternehmen zweifeln, ob sich Geschäfte in Kroatien lohnen. Das neue EU-Mitglied bietet deutschen Spediteuren und Logistikern dennoch Chancen: Die Verkehrs- und Infrastruktur entwickelt sich vergleichsweise gut, das Autobahnnetz gehört zu den jüngsten Europas, die Autobahntunnel zählen zu den sichersten in der Union. Hinzu kommt, dass Kroatien über mehrere wichtige Adriahäfen verfügt. Wer sich hier durch Kooperationen, Joint Ventures oder die Gründung einer eigenen Niederlassung oder Tochtergesellschaft neue Märkte erschließen will, sollte vorher aber bestimmte rechtliche Fragen klären. Eine Gesellschaft ist schnell gegründet Etwa die, wie man eine Gesellschaft gründet. In der kroatischen Geschäftspraxis dominiert die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (d.o.o.). Die Vorschriften sind an das deutsche und österreichische Gesellschaftsrecht angelehnt. Wer in Kroatien eine GmbH gründen will, muss einen Gesellschaftsvertrag in Form einer notariellen Urkunde vorweisen können. Für eine Ein-Personen-GmbH genügen eine beim Notar abzugebende Gründungserklärung und die Einlage des vorgesehenen Stammkapitals. Dieses beträgt für alle GmbHs mindestens 20.000 Kuna, umgerechnet etwa 2640 Euro. In der notariellen Urkunde oder der Gründungserklärung muss man unter anderem Name und Sitz der Firma, ihren Unternehmensgegenstand sowie die Rechte und Pflichten der Gründer und Gesellschaftsorgane nennen. Der Firmenname muss bis auf wenige Ausnahmen in kroatischer Sprache lauten und sich deutlich von anderen, bereits ins Handelsregister eingetragenen Gesellschaften unterscheiden. Die Eintragung der GmbH erfolgt dann beim zuständigen Handelsregister. Die Eintragung wird anschließend im Amtsblatt verkündet. Seit Ende 2012 ist es in Kroatien auch möglich, eine sogenannte einfache Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu gründen. Dafür ist ein Stammkapital von nur zehn Kuna (1,32 Euro) erforderlich, die Mindesteinlage beträgt eine Kuna. Um Unternehmensgründungen zu vereinfachen, wurden in über 50 Orten Servicestellen – sogenannte Hitro – eingerichtet, die alle notwendigen Schritte abwickeln. Die Eintragung der GmbH soll damit in der Regel innerhalb eines Werktages erfolgen können. Neben der GmbH existieren auch die aus dem deutschen Recht bekannte Aktiengesellschaft, die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft sowie der Einzelkaufmann. Außerdem können ausländische Handelsgesellschaften auf dem kroatischen Markt durch Zweigniederlassungen tätig werden. Diese müssen nach den Vorschriften des Adriastaats gegründet werden, stellen allerdings keine selbstständigen juristischen Personen dar. Das Steuersystem wurde reformiert Im Hinblick auf den EU-Beitritt hat Kroatien sein Steuersystem reformiert und an die EU angeglichen. Im Vergleich zu anderen südosteuropäischen Staaten sind die Steuern hier sehr hoch. Die Körperschaftsteuer beträgt 20 Prozent. Steuerpflichtig sind Handelsgesellschaften und andere juristische oder natürliche Personen, die dauerhaft einer selbstständigen, nach Gewinn strebenden Tätigkeit nachgehen. Besteuert werden auch Betriebsstätten ausländischer Unternehmen. In Kroatien gibt es aber viele Förderprojekte, die Investoren unter anderem mit ermäßigten Körperschaftsteuersätzen und Subventionen locken. Der Mehrwertsteuersatz beläuft sich auf 25 Prozent. Ermäßigte Steuersätze gelten für das Gaststättengewerbe, Grundnahrungsmittel sowie Bücher und Zeitschriften. Der Mindestsatz beträgt fünf Prozent. Wer als natürliche in- und ausländische Person in Kroatien Einkünfte erzielt, ist zudem einkommensteuerpflichtig. Die Einkommensteuer hängt vom persönlichen Nettoeinkommen ab und beträgt zwischen zwölf und 40 Prozent. Seit dem 1. März 2012 sind zudem Dividenden und Gewinnausschüttungen mit einem Steuersatz von zwölf Prozent steuerpflichtig. Darüber hinaus besteht zwischen Deutschland und Kroatien ein Doppelbesteuerungsabkommen. Es soll verhindern, dass Einzelpersonen oder Unternehmen, die in Kroatien und in Deutschland Einkünfte erzielen, in beiden Staaten besteuert werden. Das Lohnniveau in Kroatien ist gegenüber anderen südosteuropäischen Staaten hoch. 2011 betrug der monatliche Brutto-Durchschnittslohn laut Germany Trade and Invest (GTAI), der ehemaligen Bundesagentur für Außenwirtschaft, 1049 Euro (zum Vergleich dazu Ungarn: 763 Euro, Tschechien: 994 Euro). Die Löhne variieren stark nach Branchen und Regionen. Der durchschnittliche Bruttomonatslohn im Transport- und Lagerbereich lag demzufolge bei etwa 1180 Euro. Ein Fahrer verdient nach dem Vergütungsreport 2012 der Deutsch-Kroatischen Industrie- und Handelskammer im Jahr etwa 10.730 Euro brutto. Die Sozialabgaben für Arbeitgeber belaufen sich auf 15,2 Prozent. Zudem gilt seit 2008 ein Mindestlohn. Er beträgt bisher 2814,00 Kuna pro Monat (etwa 372 Euro brutto). Streiks sind nach Angaben von GTAI in Kroatien nicht sehr verbreitet, obgleich es keine offizielle Statistik gibt. Auch der Einfluss der Betriebsräte in den Unternehmen ist begrenzt. Die Arbeitslosigkeit liegt nach Auskunft des Auswärtigen Amtes bei 19 Prozent – und ist damit relativ hoch. Das Personal ist gut ausgebildet Ein großer Standortvorteil Kroatiens sind die gut ausgebildeten Arbeitskräfte sowohl auf der akademischen Ebene als auch im Facharbeiterbereich. Wer vor Ort Leute einstellen will, sollte die arbeitsrechtlichen Vorschriften kennen. Sie sind an das deutsche Recht angelehnt: Arbeitsverträge kann man schriftlich oder mündlich schließen. Mündliche Vereinbarungen bedürfen aber zwecks Gültigkeit einer schriftlichen Bestätigung. Wie in Deutschland auch kann man zu Beginn des Arbeitsverhältnisses eine Probezeit von maximal sechs Monaten vereinbaren. Innerhalb dieser Probezeit gilt eine Mindestkündigungsfrist von sieben Tagen. Arbeitsverträge werden nach kroatischem Recht grundsätzlich auf unbestimmte Zeit geschlossen. Eine Befristung ist nur bis zur Dauer von drei Jahren möglich und nur zulässig, wenn ein sachlicher Grund vorliegt – etwa eine zeitweilig erhöhte Auftragslage. Das kroatische Recht unterscheidet zwischen einer außerordentlichen und einer ordentlichen Kündigung. Möchte der Arbeitgeber jemanden entlassen, kann er das nur schriftlich und nur wegen bestimmter, gesetzlich geregelter Kündigungsgründe tun. Zudem muss er die Kündigung begründen. Die Kündigungsfrist beträgt zunächst zwei Wochen, wenn jemand weniger als ein Jahr beschäftigt war, und erhöht sich abhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses. Der Urlaubsanspruch beträgt mindestens vier Wochen. Ein höherer Anspruch kann sich aus Kollektivverträgen, dem Arbeitsvertrag oder der Arbeitsordnung ergeben. Die Straßen sind modern und sicher Um die Sicherheit, vor allem auf Kroatiens Straßen, muss sich niemand ernsthaft sorgen. Das Autobahnnetz ist modern und gut ausgebaut. Kriminalität im großen Stil gibt es kaum. Das Auswärtige Amt warnt aber davor, in einigen Gebieten Straßen und Wege zu verlassen. In einigen Landesteilen bestehe immer noch Minengefahr. Minenfelder sind nach Angaben des Auswärtigen Amtes durch dreieckig gekennzeichnete Schilder mit Warnaufdrucken („Ne Prilazite“) ausgewiesen, durch gelbe Plastikstreifen abgesperrt oder durch Schilder oder Pfähle mit Plastikstreifen gekennzeichnet. Verbesserungsbedürftig sind dagegen die Schienen- und Hafeninfrastruktur. Das ist wohl einer der Gründe dafür, warum sich Kroatien bisher noch nicht als Logistikdrehkreuz in der Region positionieren konnte. Viele ausländische Unternehmen wickeln ihre Geschäfte bisher über Slowenien ab. Der EU-Beitritt könnte Kroatien aber neuen Auftrieb geben. Experten erwarten, dass sich das Land vor allem als Logistikstation für Transporte in die Türkei und den nahen Osten etablieren könnte. ❙❚■ Ina Reinsch, freie Journalistin Kroatien kompakt Das Land an der Adria in Zahlen Fläche: 56.538 Quadratkilometer Bevölkerung: 4,29 Millionen, Tendenz abnehmend Hauptstadt: Zagreb Landessprache: kroatisch Arbeitslosigkeit: 19 Prozent Bruttoinlandsprodukt 2012: 43,9 Milliarden Euro Exportanteil gemessen am Bruttoinlandsprodukt: 21,9 Prozent Ausländische Investitionen von 1993 bis 2011: 25,7 Milliarden Euro Wechselkurs: 1 Euro = 7,57 kroatische Kuna (HRK), 1 HRK = 0,13 Euro (Stand 7. Mai 2013) Rechte und Pflichten Das gilt auf Kroatiens Straßen Auf Autobahnen gilt in Kroatien ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern, auf Schnellstraßen sind es 110. Innerhalb von Ortschaften darf 50 Kilometer pro Stunde gefahren werden, außerhalb 90. Zu schnelles Fahren kann teuer werden: Eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 20 Stundenkilometern kostet mindestens 65 Euro. Wer rast und mit 50 Stundenkilometern zu viel auf dem Tacho erwischt wird, muss mindestens 660 Euro berappen. Richtig teuer sind auch Rotlichtverstöße. Sie schlagen mit mindestens 260 Euro zu Buche. Verboten ist auch das Telefonieren mit dem Handy. Hier werden rund 70 Euro fällig. Außerdem gilt eine Alkoholgrenze von 0,5 Promille. Ein Verstoß kostet rund 90 Euro. Vom letzten Sonntag im Oktober bis zum letzten Sonntag im März muss tagsüber das Abblendlicht oder Tagfahrlicht eingeschaltet sein. Fahrer und Insassen von Kraftfahrzeugen, die ihren Wagen auf Landstraßen oder Autobahnen verlassen, müssen eine Warnweste tragen. Unfälle muss man der Polizei melden. Fahrzeuge mit auffälligem Karosserieschaden dürfen nur mit polizeilicher Schadensbestätigung das Land wieder verlassen. Auf Kroatiens Autobahnen wird außerdem eine streckenbezogene Mautgebühr erhoben. Sie muss beim Ein- oder Ausfahren von Autobahnen per elektronischem System bezahlt werden. ir In der kroatischen Geschäftspraxis dominiert die Gesellschaft mit beschränkter Haftung