Paris/Frankreich. In Frankreich streiken die Bahnangestellten. Die Staatsbahn SNCF rechnet mit starken Einschränkungen im Fernverkehr. Von 700 TGV-Zügen könnten nur 90 fahren, teilte die Bahn mit. Reisende, die den Thalys zwischen Paris und Köln benutzten, müssten Verspätungen einkalkulieren. An den Streiks wollen sich auch Strom- und Gasbetriebe sowie der Pariser Nahverkehr beteiligen. Präsident Nicolas Sarkozy traf am Dienstagabend mit Vertretern der betroffenen Staatsunternehmen zusammen. Premierminister François Fillon zeigte sich in einem Interview mit dem Sender TF1 zuversichtlich, dass die Gewerkschaften noch verhandlungsbereit seien. „Der Dialogfaden war nie abgerissen“, sagte Fillon. Jetzt komme es darauf an, „den Streik so schnell wie möglich zu beenden und die Verhandlungen wieder aufzunehmen“. Die Bahn-Angestellten protestieren gegen die geplante Abschaffung von Rentenprivilegien. Französische Lokführer müssen derzeit nur 37,5 statt 40 Jahre in die Rentenkasse einzahlen und können teilweise schon mit 50 Jahren in Rente gehen. Der Streik begann am Dienstagabend. Erste Züge und U-Bahnen fielen aus. Sarkozy will tiefe Einschnitte im öffentlichen Dienst durchsetzen. Auch bei Post und Telekom, am Bau, in der Justiz und an den Schulen sind für die kommenden Wochen Streiks angekündigt. Bereits vor knapp vier Wochen hatte ein Streik der Eisenbahner den Schienenverkehr lahmgelegt. Mehr als 75 Prozent der Eisenbahner beteiligten sich an dem Ausstand und damit mehr als beim Massenstreik im Jahr 1995. Damals schwächte ein wochenlanger Arbeitskampf die Regierung derart, dass sie eine ähnliche Reform zurücknehmen musste. Nach einer Umfrage für die Wirtschaftszeitung „Les Échos“ steht eine Mehrheit der Franzosen diesmal aber nicht hinter den Gewerkschaften. 55 Prozent hielten die Streiks für „nicht gerechtfertigt“, schrieb das Blatt (Dienstag). In einer anderen Umfrage für die linksgerichtete Tageszeitung „Libération“ (Dienstag) gaben 54 Prozent der Befragten an, eine „positive Meinung“ zu Sarkozy zu haben. Im Juli waren es noch 67 Prozent. Arbeitsminister Xavier Bertrand bekräftigte am Dienstag erneut, dass die Kernpunkte der Reform der Sonderrenten „nicht verhandelbar“ seien. Dazu zählen die Verlängerung der Beitragszeit für die Rente von 37,5 auf 40 Jahre und die Orientierung der Rentenerhöhungen an den Preisen statt an der Lohnentwicklung. Rentenprivilegien wie die Frührente wurden einst für beschwerliche Berufe wie Eisenbahner in Staatsunternehmen eingeführt. In Paris dürften der Verkehrsgesellschaft RATP zufolge nur gut jede zehnte Metro und jeder zehnte Bus fahren. Nach Angaben der Deutschen Bahn ist auch im grenzüberschreitenden Zugverkehr nach Deutschland mit Störungen und Verspätungen zu rechnen. (dpa)
Erste Bilanz: Bahnstreik in Frankreich
Seit gestern Abend stehen die Züge in Frankreich still: Regierung Sarkozy setzt auf Verhandlungen