"Ein kräftiger Schluck aus der Maut-Pulle"

Sind Sie enttäuscht von den ersten Amtswochen des neuen Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer? Nein, wieso? Im Gegenteil. Ich bin recht angetan von seinen Aktivitäten. Er hat viele Dinge angeschoben, die überfällig waren, wie die Einigung im Schiedsverfahren mit den Gesellschaftern von Toll Collect. Das haben mehrere Verkehrsminister vor ihm nicht geschafft. Ob ich allerdings mit allen Aktivitäten von Minister Scheuer einverstanden bin, sei mal dahingestellt. Zum Beispiel die neue Lkw-Maut. Korrekt, davon war ich nicht begeistert. Ich sehe die Anhebung der Maut als nicht maßvoll an. Ein Beispiel ist die Maut für Euro-6-Lkw: Obwohl Euro-6 die beste Schadstoffnorm ist, sollen jetzt dennoch externe Kosten für die Luftverschmutzung angerechnet werden. Dafür habe ich wenig Verständnis. Man hätte beispielsweise die Euro-6-Klasse differenzieren können. Aber auch die Erhöhung der Maut insgesamt dürfte Ihnen nicht gefallen. In der Tat. Das ist ein kräftiger Schluck aus der Maut-Pulle, die bei einigen Unternehmen eine Erhöhung zwischen 40 und 60 Prozent ausmacht. Das trifft auch auf mein Unternehmen zu, wenn man die Bundesstraßenmaut berücksichtigt. Das ist schon eine Menge Holz. Eine solche Erhöhung innerhalb von sechs Monaten komplett an die Kunden weiterzugeben, ist eine Aufgabe und eine große Herausforderung für die Transporteure und für die Verlader. Haben Sie in Ihrem Unternehmen mit Ihren Kunden bereits darüber gesprochen? Angekündigt schon, aber nicht konkret, da wir ja die genaue Erhöhung nicht kennen konnten. Wir haben unsere Kunden darauf hingewiesen, dass die Bundesstraßenmaut zum 1. Juli 2018 kommt. Damit sind wir auch auf Verständnis gestoßen, allerdings nicht immer vollumfänglich. Wer muss letztlich die Maut zahlen? Am Ende der Kette steht natürlich der Verbraucher. Deshalb ärgert es mich, dass im Gesetzentwurf steht, die Maut hätte keine Auswirkungen auf das Verbraucherpreisniveau. Das stimmt nicht, die Preise werden am Ende steigen. Fühlen Sie sich als BWVL ausreichend wertgeschätzt vom Bundesverkehrsministerium, was die Anhörung der Verbände zu diesem Gesetz betrifft? Das Prozedere hat uns sicher nicht gefallen. Es waren nur knapp zwei Werktage Zeit für eine Stellungnahme. Aber man hat uns seitens des Ministeriums die Gründe erläutert. Es gab terminliche Zwänge, die nachvollziehbar waren, und es lag auch an der langen Dauer der Regierungsbildung. Danach wollte man schnell Ergebnisse präsentieren und hat das Mautgesetz durchgepeitscht. Gewünscht hätten wir uns das Verfahren sicher anders in einem intensiven Dialog vorab. Gemeinsam mit vier anderen Verbänden haben Sie sich jetzt noch mal für Änderungen an dem Gesetzentwurf starkgemacht. Haben Sie tatsächlich noch Hoffnungen, dass das Gesetz noch geändert wird? An der Mautarithmetik selbst jetzt noch etwas ändern zu wollen, ist kaum realistisch. Wir können uns vorstellen und appellieren daher sowohl an das BMVI wie auch an die Bundestagsabgeordneten, weitere Anreize zu schaffen für alternative Antriebe, zum Beispiel für LNG, CNG, Hybridtechniken et cetera. Das muss kein kompletter Wegfall der Maut sein. Es wäre ja schon ein Schritt in die richtige Richtung, die externen Kosten bei der Bemautung nicht anzulasten, um ein Zeichen zu setzen. Aber es gibt ja jetzt immerhin das Förderprogramm. Dabei geht es ja um die Anschaffung von Lkw mit alternativen Antrieben. Es bleibt daher abzuwarten, ob das Volumen ausreichend ist. Besteht tatsächlich Hoffnung, dass bei Euro-6-Lkw noch eine Absenkung der Maut erfolgt? Das wird sicher nicht einfach. Man weiß ja, dass die meisten Gesetze nicht so aus dem Bundestag herauskommen, wie sie vorher eingebracht wurden. Daher gebe ich die Hoffnung nicht auf. Aber letztlich ist die Politik natürlich an möglichst hohen Einnahmen interessiert. Haben der BWVL und mit ihm auch die anderen Verkehrs- und Logistikverbände womöglich nicht vehement und zielgerichtet genug ihre Einwände vorgebracht? Nein, das sehe ich nicht so. Wir haben alles versucht, einzeln wie auch gemeinsam. Aber man darf auch die Einflussmöglichkeiten der Verbände nicht überbewerten. Denn letztlich entscheidet der Gesetzgeber - und das ist die Bundesregierung und sind die gewählten Abgeordneten des deutschen Bundestages. Ist zu befürchten, dass sich der Druck der Politik auf Lkw-Transporte erhöht, weil der CO2-Ausstoß im Güterverkehr weiter steigt? Der CO2-Ausstoß mag absolut gestiegen sein, hier sind wir Opfer unseres eigenen Erfolges. Relativ gesehen wurden in den vergangenen Jahren erhebliche Schadstoffreduzierungen erreicht. Zudem können wir ja nur in die Technik investieren, die uns seitens der Industrie angeboten wird. Es gäbe ja noch einige andere Instrumente für die Politik, CO2 zu sparen, wie andere Maße und Gewichte oder der erleichterte Regelbetrieb des Lang-Lkw. Ist hier also die Nutzfahrzeugindustrie gefragt? Ja, aber nicht allein. Hier bedarf es eines Dreiklangs von Industrie, Politik und Nutzer, um beim Einsatz von alternativen Antrieben voranzukommen. Ein Förderprogramm alleine hilft, aber wird nicht die Lösung bringen, zumindest nicht in der Zeit, die der Politik vorschwebt. Klagen wie die der deutschen Umwelthilfe deuten darauf hin, dass der Druck auf den Güterverkehr steigt. Müssen Sie mit weiteren Dieselverboten rechnen? Wir sollten hier klar zwischen Wirtschafts- und Individualverkehr trennen. Klar müssen Lösungen her. Die schaffen wir aber nicht mithilfe der Justiz und der Folge, dass wir mit Verboten zugepflastert werden. Wenn die Bevölkerung weiterhin so versorgt werden will wie bislang, bedarf es technischer Lösungen. Wir unterstützen die Einhaltung der Klimaziele bis 2030, nur dazu müssten wir gemeinsam viel aktiver werden. Um weiterzukommen, bedarf es nicht nur neuer Techniken, sondern auch einer entsprechenden Infrastruktur zur Energieversorgung mit alternativen Antrieben. Wie viele LNG-Tankstellen haben wir in Deutschland? Die dritte wird gerade gebaut. Herzlichen Glückwunsch! Das meine ich, da müsste viel mehr und viel schneller etwas passieren. Die Industrie kann es nicht alleine lösen. Die Politik muss Anreize setzen. Und das haben wir ja erlebt bei Euro 6, als über die Maut Anreize gesetzt wurden und die Unternehmen dann auch in diese neue Technik freiwillig investiert haben. Muss sich die verladende Wirtschaft aufgrund des Frachtraummangels auf eine Verteuerung des Transports einstellen? Das ist schon jetzt zu beobachten. In vielen Segmenten und Regionen sind die Frachtraten in den letzten Monaten gestiegen, verursacht vor allem durch den Fahrermangel. Die steigenden Kosten trägt nicht zuletzt aufgrund der Knappheit des Frachtraums die verladende Wirtschaft, weil die sonst nicht mehr bedient wird? Da möchte ich mal eine Lanze für unsere Unternehmen brechen: Es ist schon seit Jahren der Fall, dass die meisten Verlader Kostensteigerungen im Transport übernehmen oder zumindest sich daran beteiligen. Natürlich gibt es immer wieder kurzfristig denkende Unternehmen, die versuchen, diese Kostensteigerungen alleine den Dienstleistern aufzubürden. Aber das ist die Ausnahme. Bei den meisten Unternehmen geht es partnerschaftlich zu. Alles andere wäre auch unklug, weil ansonsten der Auftraggeber Gefahr läuft, dass seine Transporte nicht mehr zuverlässig abgewickelt werden können. Wie kann man den Fahrermangel am besten bekämpfen? Eine Patentlösung gibt es nicht. Man muss in allen Bereichen trommeln, um die Attraktivität des Arbeitsplatzes zu erhöhen. Und Dinge, die nicht gut laufen, muss man benennen und beheben, wie die fehlende Wertschätzung, die hygienischen Bedingungen an den Raststätten oder fehlende Parkplätze. Sind höhere Fahrerlöhne unausweichlich? Das ist bereits der Fall. Wir konkurrieren ja nicht nur mit dem Angebot an Arbeitskräften in anderen Logistikbereichen, sondern in der gesamten Wirtschaft. Und eine wesentliche Schraube, um den Arbeitsplatz des Fahrers attraktiver zu machen, ist der Lohn. Muss die verladende Wirtschaft die Transportbranche stärker unterstützen, weil das Transportgewerbe aufgrund seiner Struktur nicht mit den Unternehmen beispielsweise der Automobilwirtschaft oder der Chemieindustrie mithalten kann? Wenn ich auch in Zukunft gute und zuverlässige Transporte haben will, bin ich gut beraten, mich um den Zustand meiner Dienstleister zu kümmern. Das hat nicht nur mit Preisen zu tun. Da muss ich mir als Verlader auch Gedanken machen, wie sich zukünftig Transporte am besten organisieren lassen. Deshalb spielen bei uns im Verband wieder vermehrt Unternehmen mit dem Gedanken, ihren eigenen Fuhrpark auszuweiten. Muss man womöglich auch über neue Logistikkonzepte nachdenken, denn der Höhepunkt des Fahrermangels - Stichwort Alterspyramide - ist ja noch nicht erreicht? In der Tat müssen wir überlegen, wie wir mit knappen Ressourcen in Zukunft wirtschaften wollen. In der Organisation der Supply Chain stecken sicher noch Potenziale, die sich gemeinsam zwischen Verlader und Transporteur heben lassen. Letztlich ist dies auch eine gesellschaftliche Frage, wenn man nur an das starke Wachstum des Onlinehandels denkt. Wäre es sinnvoll, die Transport- und Logistikverbände würden stärker zusammenarbeiten, um in Berlin erfolgreicher ihre Positionen durchzudrücken? Es geht nicht darum, etwas durchzudrücken, sondern wirtschaftliche und praxisfreundliche Lösungen zu finden. Seitdem ich Präsident des BWVL sein darf, stehe ich für Kooperation und biete die Zusammenarbeit mit den anderen Verkehrsverbänden an. Ich bin auch nicht unzufrieden darüber, wie sich die Kooperation entwickelt hat. Ganz im Gegenteil, ich sehe da große Fortschritte. Schon heute erfolgt bei sehr vielen Themen eine enge Abstimmung. Dann lassen Sie auch mal einzelne Sachen jeden Verband für sich machen, da habe ich kein Problem mit. Trägt zu einer besseren Zusammenarbeit auch der Ortswechsel des BWVL von Bonn nach Berlin bei? Das kann ich Ihnen aus heutiger Sicht noch nicht beantworten. Wir sind an beiden Standorten vertreten und fühlen uns damit sehr gut aufgestellt. Das wird auch so bleiben? Das hängt immer auch von den handelnden Personen ab. Lassen Sie uns abwarten, wie sich das weiter entwickelt. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier BWVL www.verkehrsrundschau.de/dossiers Vita Jochen Quick Jochen Quick ist Geschäftsführer der Quick GmbH & Co. KG, ein Baustoffhandels- und Logistikunternehmen in Buchholz/Westerwald mit 50 Mitarbeitern und einem Fuhrpark von 25 Lkw. Das Unternehmen ist seit 40 Jahren überregional im Handel mit mineralischen Baustoffen und Natursteinen tätig sowie als zertifiziertes Entsorgungsfachunternehmen für mineralische Böden und Abfälle. Der 49-Jährige hat eine Ausbildung zum Speditionskaufmann absolviert, bevor er in Bremen Verkehrswirtschaft an der DAV studierte.2012 wurde Quick erstmals zum Präsidenten des BWVL (Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik) gewählt. Der BWVL vertritt seit 1955 die gemeinsamen logistischen Interessen von Industrie- und Handelsunternehmen gegenüber der Politik und in der Wirtschaft. cd BWVL wählt ein neues Präsidium Jochen Quick im Amt als BWVL-Präsident bestätigt Im Rahmen seiner ordentlichen Mitgliederversammlung hat der Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) am 5. Juni 2018 in München sein Präsidium neu gewählt. Dabei wurde Jochen Quick, geschäftsführender Gesellschafter des Baustoffhandels Quick in Buchholz/Westerwald, in seinem Amt als Präsident bestätigt. Quick führt den Werkverkehr- und Verladerverband im Ehrenamt seit nunmehr sechs Jahren.Im Amt bestätigt wurden auch die Vizepräsidenten Klaus Hartmann, Leiter Versand/Fuhrpark beim Möbelhersteller Nobilia-Werke J. Stickling in Verl, und Andreas Ott, Leiter SCM bei Pfleiderer Holzwerkstoffe in Neumarkt. Als weitere Präsidiumsmitglieder wurden gewählt Jörg Eichhorn von der Büromöbelsitzfabrik Friedrich W. Dauphin in Offenhausen, Willi Stollenwerk von der J. & W. Stollenwerk in Merzenich, Rainer Farsch von der Spedition Nosta Tradelog S.à.r.l in Mertert (Luxemburg) sowie Ralf Nieß vom Chemiedistributeur Häffner in Asperg. cd

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