Die neue Bescheidenheit

Die neue Bescheidenheit Selbst Branchengrößen wie Deutsche Post DHL trifft die Wirtschaftskrise. Wie sich der Bonner Konzern nun aufstellen will, um wettbewerbsfähig zu bleiben, präsentierte das Unternehmen auf einer Pressereise in Hamburg. Unter der Führung von Vorstandschef Frank Appel tritt die Deutsche Post DHL bescheidener auf als früher“, formulierte es ein Redakteur treffend am Rande einer Pressereise, zu der der Bonner Konzern nach Hamburg eingeladen hatte. Ob die neue Bescheidenheit wirklich Appels Einfluss oder eher der Wirtschaftskrise geschuldet ist – Fakt ist: Der Bonner Post- und Logistikkonzern wurde von der weltweiten Absatzflaute ebenfalls schwer getroffen. Im dritten Quartal rutschte das Unternehmen mit 83 Millionen Euro gar in die roten Zahlen. Zwar konnte die Deutsche Post den vielerorts befürchteten Streik vor Weihnachten im Zustellbereich dank ihrer raschen Einigung mit Verdi abwenden. Dafür mehren sich an anderen Stellen in jüngster Zeit die Hiobsbotschaften: angefangen bei der Quelle-Pleite, sinkenden Briefvolumina, Schwierigkeiten im Expressgeschäft bis hin zu den endlosen politischen Querelen rund um das Thema Umsatzsteuerbefreiung der Post. Selbst während der Pressereise musste Vorstandschef Appel Wogen glätten, weil zeitgleich in Frankreich DHL-Mitarbeiter gegen den geplanten Verkauf der französischen Expressaktivitäten streikten. Nach außen hin zeigte sich Frank Appel indes gelassen: Die Strategie, die das Unternehmen vor Jahren eingeschlagen habe, sei richtig, betonte er. Es gebe keinen Strategieschwenk von der „globalen One-Stop-Shopping-Strategie“, die einst sein Vorgänger Klaus Zumwinkel vorgegeben hatte. Gleichwohl war doch eine neue Bescheidenheit zu spüren, als Appel ausführte. „Wir haben erkannt, dass Kunden nicht alle Services aus einem Haus kaufen wollen.“ Seine Vision für das Unternehmen sei es deshalb, „Marktführer in definierten Zielbranchen“ zu werden und zwar in den Branchen Lifesciences, Technologie und Energie. Ziel müsse es sein, „die Nummer 1 für Kunden, Mitarbeiter und Kapitalmarkt“ zu werden. Kunden müsse man die optimale Lösung bieten, die für diese die Dinge vereinfache. Wenn also in Teilsegmenten ein anderer Dienstleister den Service noch besser erbringen könne als die Post, sei es vorstellbar, dass man hier zusammenarbeite. Vorbei ist also vorerst die Zeit der großen Akquisitionen, durch die Deutsche Post DHL weltweit in allen Teilmärkten selbst präsent sein wollte. Nur in Nischenmärkten, insbesondere in Afrika, kann sich Appel noch „vereinzelt kleinere Aufkäufe“ vorstellen. Stattdessen solle das Unternehmen nun „organisch“ und „profitabel wachsen“. Um das zu schaffen, führte der Vorstandschef aus, werde die Post „an vielen kleinen Stellschrauben drehen“. Und um das Potenzial noch besser auszuschöpfen, werde man „die einzelnen Aktivitäten besser verzahnen“. So weit zur neuen Bescheidenheit. Für einige Augenblicke blitzte jedoch der bekannte Expansionsdrang des Logistikkonzerns wieder auf, als Vorstandsmitglied Hermann Ude, der bei DHL den Bereich Global Forwarding und Freight (DGF) verantwortet, die neuen Wachstumsmärkte von morgen präsentierte – ganz nach seiner Devise: „In einer Krise sollte man Risiken meiden, gleichzeitig aber neue Chancen nutzen.“ Wachstum sieht Ude dabei vor allem im Handel innerhalb Asiens, im Mittleren Osten/Afrika mit Asien sowie im Handel Lateinamerika mit Asien. Dieses Potenzial wolle die Post sukzessive weiter erschließen, obwohl schon heute 54 Prozent der Konzernmitarbeiter in Asien, Lateinamerika und dem Nahen Osten tätig sind. Udes Aktionsplan auszugsweise: Ein Ziel sei der Aufbau eines nationalen Landverkehrsnetzes in China sowie im Mittleren Osten. Bis wann das Netz realisiert sein soll und wie viel Geld DHL dafür investiere, sagte der Postvorstand aber nicht. Nur so viel: Das Unternehmen setze hier auf eigene Strukturen sowie die Verzahnung von Strukturen der DHL Express und DHL Global Forwarding/Freight. Zusätzlich plane das Unternehmen, so Ude, den Aufbau sogenannter sektorspezifischer Gateways wie „Öl und Gas“ in Singapur, „Pharma“ in Dubai, Schanghai und Mumbai, „Mode und Bekleidung“ in Südindien, Hongkong und Sri Lanka sowie „Perishables“ in Ostafrika und Sydney sowie die Stärkung wichtiger Gateways. Kräftig Umsatz verloren Auch Jürgen Gerdes, der bei der Deutschen Post den Brief- und Paketbereich verantwortet, gab sich in Hamburg kämpferisch. Das Unternehmen habe zwar im Briefgeschäft kräftig Umsatz verloren, räumte er ein, allein minus 16,4 Prozent bei Global Mail und minus 5,1 Prozent im Dialogmarketing. Gleichwohl habe man schon bis September 300 Millionen Euro Kosten in dieser Sparte einsparen können. Nicht gerechnet die zusätzlichen Einsparungen, die sich die Post etwa durch den Einsatz neuer Sortiermaschinen und die Anpassung des Nachtluftpostnetzes verspreche. Ziel aber bleibe, unterstrich Gerdes, in der Brief- und Paketsparte wieder erfolgreich zu wachsen. Wie er das schaffen will? Ganz klar: dank des neuen „Online-Briefs“, den die Post in 2010 offerieren will, auch wenn das Erlösmodell noch fraglich ist. Vor allem aber verspricht sich Gerdes Zuwächse dank des E-Commerce-Siegeszugs, von dem insbesondere das Paketgeschäft profitieren soll. ❙❚■ Eva Hassa Frank Appel will „an vielen kleinen Stellschrauben drehen“, um Potenziale der Post zu erschließen