Die Macht der Nacht

Arnold Schroven weiß, wie man Unternehmen groß macht. Lange Jahre war er Top-Manager bei Paketdienstleister DPD und Geopost, wo er zuletzt Executive Vice President war. Doch sein Herz schlägt auch für Night Star Express, dessen Geschicke er seit 2017 als Beiratsvorsitzender mitgestaltet. "Das Nachtexpress-Geschäft hat mich immer fasziniert", begründet Schroven sein Engagement. "Das ist ein sehr zeitsensibles Segment. Denn alle diese Teile werden nachts befördert und müssen schon am frühen Morgen vor acht Uhr oder gar vor sieben Uhr zuverlässig von unseren Fahrern hinterlegt werden, ohne dass der Empfänger persönlich vor Ort ist." Jeder Night-Star-Fahrer habe dafür Schlüssel oder Zugangscodes, um liefern zu können. "Damit das alles klappt, braucht es definitiv Spezialisten und seitens der Empfänger viel Vertrauen." "Unsere Zustellquote liegt bei über 99 Prozent und dies bei garantierten Zustellzeiten vor sieben und/oder acht Uhr in Deutschland, Österreich und den Benelux-Staaten", erzählt Schroven stolz. Letztlich könne Night Star aber mit seinen Partnern Waren in ganz Europa zustellen, wenngleich mit länderspezifischen Laufzeiten. Damit dies gelingt, arbeitet der Dienstleister permanent an der Verbesserung seiner operativen Prozesse. So haben die sieben Gesellschafter gerade einen siebenstelligen Euro-Betrag in eine neue IT und in rund 1000 Mobilgeräte von M3 mit integrierten Scannern investiert. Dabei handele es sich um eine speziell für den Nachtexpress konzipierte Cloud-Lösung mit verschiedenen Apps für die Abwicklung und Dokumentation der Prozesse, führt Geschäftsführer Matthias Hohmann aus. Mit dieser neuen IT-Lösung gebe es nun eine zentrale Anwendung für die Disposition mit der Darstellung aller Touren sowie der Sendungen, erklärt er. Sie könne auf allen operativen Ebenen einheitlich genutzt werden. Bisher sei es so gewesen, dass jeder Gesellschafter vor Ort sein eigenes TMS (Transport-Management-System) eingesetzt und seine Daten über ein zentrales Rechenzentrum mit allen ausgetauscht habe. Neue Wachstumspotenziale im B2C Durch die neue IT verspricht sich Hohmann, dass Plandaten für die Zustellung erheblich früher zur Verfügung stehen. Das vereinfache die Disposition der Zustelltouren, Night Star könne so flexibler agieren. Zudem sei die IT modular erweiterbar, um künftig relativ kurzfristig auf neue Anforderungen zu reagieren. Auch Business Intelligence wolle man stärker nutzen, ergänzt Schroven. Zum einen, um mit den so ermittelten Daten das Netz effizienter zu machen, zum anderen wolle man mittels der Daten Kunden Mehrwert bieten. Den Wettbewerb zu Nox Nachtexpress (vormals TNT Innight), die Nummer 1 im Markt, sehen Hohmann und Schroven gelassen. Die Wachstumspotenziale im Nachtexpress seien längst nicht ausgereizt. Zwei bis drei Prozent Umsatzwachstum halten die beiden im Jahr 2018 für realistisch. Das Pfund, mit dem sie wuchern wollen, ist vor allem das "Vertrauen", das sich Night Star durch seine zuverlässige Zustellung "zeitkritischer Waren" bislang in der Automobilbranche und im Landmaschinenbau erworben habe. "Diese Stärke können wir in allen Branchen ausspielen. Vor allem im Werkverkehr sehen wir enormes Potenzial", sagt Geschäftsführer Hohmann. Auch die Belieferung von Endkunden, das klassische B2C-Geschäft, schließen Schroven und Hohmann nicht aus. "B2C wird kommen", stellt Hohmann klar. Bislang war Night Star ausschließlich im Geschäftskundensegment (B2B) tätig. Eine "schlüssellose" Zustellung in den Kofferraum, wie sie Nox Nachtexpress soeben auf der IAA Nutzfahrzeuge mit Mercedes Van präsentiert hat, bietet Night Star indes noch nicht. Aber man arbeite mit dem Fraunhofer IML daran, verrät der Geschäftsführer. Eine der Ideen sei eine App-Lösung, mit der Zusteller künftig den Kofferraum via App entriegeln können. "Um das alles stemmen zu können, brauchen wir dringend höhere Preise", betont Schroven. "Unser Ziel ist eine Preisanpassung von über fünf Prozent im kommenden Jahr. Die Fahrerknappheit trifft uns - mit höheren Arbeitskosten", begründet er die höheren Preise. Zudem schlagen die vermehrten Investitionen in IT und Innovationen zu Buche. Und natürlich will die Marke Night Star auch im benachbarten Ausland stärker wachsen. "Unseren Innight-Service sollte es in allen neun Nachbarländern Deutschlands geben, nicht nur in vier", betont der Beiratsvorsitzende. Vor allem in Polen, Dänemark und Frankreich sieht er Potenzial. Vorstellbar sei für ihn sogar, deutet er an, der Einstieg in die Abwicklung via Luftfracht. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "KEP" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Daten + Fakten Night Star ExpressNachtexpressdienstleister Night Star Express mit Hauptsitz in Unna wurde 1993 von sieben mittelständischen Speditionsund Logistikunternehmen gegründet. Die Gesellschafter von Night Star Express sind: Spedition Gertner, Night Star Express Honold, L.W. Cretschmar, Eiltrans Nachtverteilerservice, 17111 Transit Transport & Logistik, Hellmann Worldwide Logistics Road & Rail und Friedrich Zufall Internationale Spedition.Night Star Express erwirtschaftete im Jahr 2017 mit rund 5,37 Millionen Sendungen über 105 Millionen Euro Umsatz und ist damit europaweit die Nummer zwei im Nachtexpresssegment hinter Nox Nachtexpress (vormals TNT Innight). eh