Der Ibero-Stromer mit Stern rollt an

Nicht die erste, sondern die beste Lösung macht das Rennen", sagt Volker Mornhinweg, Leiter der Sparte Vans bei Mercedes-Benz, zum Start des elektrifizierten Transporters Vito. Der Streetscooter-Konkurrent EVito startet vorerst in zwei Radständen und mit einer Reichweitenvariante. Die Stuttgarter setzen dazu auf ein Baukastenprinzip. Das verknüpft Synergien in der Produktion mit den guten Fahreigenschaften des konventionellen Vito sowie bewährten Komponenten. So kommt der Asynchronmotor aus dem GLC F-Cell. Dazu kommen neu entwickelte Tools und Beratungsideen, die den Nutzwert herausstellen und die geforderte Zuladung von knapp über 1000 Kilogramm sichern. "Wir stellen hier nicht das Fahrzeug, sondern den Kunden in den Mittelpunkt", erklärt Benjamin Kaehler, Leiter EDrive@ Vans. Maßgeschneidert und ganzheitlich Ein einheitliches Elektromodell von der Stange hat nach Ansicht von Mercedes-Benz auf lange Sicht keine Zukunft, weil die Bedürfnisse der Kunden viel zu unterschiedlich sind. Der EVito ist auf die Erfordernisse der KEP (Kurier, Express, Paket)-Dienste zugeschnitten: Mit drei in Reihe geschalteten Plug-in-Hybrid-Modulen kommt die aktiv gekühlte Batterie auf 41,4 Kilowattstunden (kWh). Der Stromspender wiegt 375 Kilo. Er wird, günstig für den Schwerpunkt, flach unterm Fahrzeugboden eingebaut und dort durch eine Stahl- und Kunststoffummantelung dauerhaft gegen Witterungseinflüsse und Steinschlag geschützt. Die Batteriekapazität hat Daimler dem 84 Kilowatt (kW)-Motor und dem Anwendungsspektrum angepasst. 100 Kilometer Reichweite schafft der EVito auch unter schlechtesten Bedingungen (Zuladung von 1073 kg ausgereizt und Minustemperaturen) - bereits ohne Energierückgewinnung beim Bremsen. Bremsen - oder per Hebel rekuperieren Die Testrunden im EVito gestalten sich unspektakulär. Da das Fahrgestell fast dem des aktuellen Diesel-Vito entspricht, lenkt sich der Stromer exakt. Die Anzeigen für Reichweite und Batteriekapazität sind klein, stechen aber zwischen den Rundinstrumenten direkt ins Auge. Mit den beiden kleinen Hebelchen rechts und links des Lenkrades kann der Fahrer den Rekuperationsgrad (Energierückgewinnung) bestimmen. Standardmäßig ist der maximal mögliche Generatorbetrieb aktiv. Damit kann die Reichweite um bis zu 20 Prozent erhöht werden. Derart konfiguriert bremst der zwischen Achsen und Längsträger eingepasste Motor den als Fronttriebler ausgelegten EVito deutlich ab, sobald der Fahrer vom "Gas" geht. Zum Abschalten der Rekuperation genügen zwei Klicks, die Anzeige steht dann auf Minus - der Mercedes rollt ungebremst weiter. 120 Kilometer pro Stunde (km/h) schafft der E-Transporter, kann aber auf 80 km/h gedrosselt werden - was der Reichweite zugutekommt. Ein ebenfalls für Fahrtests zur Verfügung gestellter EVito Tourer scheint im direkten Vergleich mit der KEP-Version spritziger. Das rührt daher, dass der Passagiertransporter über die ungedrosselten 140 kW des aus dem Pkw GLC F-Cell stammenden Aggregats verfügt. Mit 350 Newtonmetern (Nm) maximalem Drehmoment ist der Tourer rund 17 Prozent kräftiger als der Transporter. Hermes macht den Anfang 1500 elektrische Vito und Sprinter will Hermes bis 2020 in 24 Städten im Paketdienst einsetzen. E-Mobilität ist dringend geboten, da sich die Zahl der ausgelieferten Pakete zwischen 2000 und 2017 verdoppelt hat. Bis 2025 ist eine erneute Verdoppelung prognostiziert und mögliche Dieselfahrverbote hängen wie ein Damoklesschwert über der Branche. Aktuell gehen 50 Pilotfahrzeuge für Hermes in Stuttgart und Hamburg auf Tour. Damit sollen Fragen zur künftigen Ladeinfrastruktur oder zu bedienerspezifischen Eigenheiten (beispielsweise Rekuperationsstufen) geklärt werden. "Wir wollen außerdem sehen, ob die Fahrer zum Beispiel die Start-Stopp-Funktion nutzen", erklärt EDrive-Leiter Kaehler. Innerhalb der im vergangenen Jahr gestarteten Initiative EDrive@Vans war Kaehlers Entwicklerteam damit beschäftigt, Rahmenbedingungen der Elektromobilität und deren Lösung für den Kunden aufzuarbeiten. Dazu gehören unter anderem die Van Ready-App oder das TCO-Tool, mit deren Hilfe sich Fahrverhalten und Kosten analysieren und mit Daten eines konventionellen Vito vergleichen lassen. Im Angebot sind weitere Digitaldienste wie Routenplanung, Batteriereichweiten- und Ladezustandsoptimierung. Fürs Gewerbe - und Privatpersonen Dank passgenauer Angebote sollen nicht nur Flottenkunden, sondern auch private erkennen, dass sich im Stadtbereich der Umstieg auf elektrisch betriebene Fahrzeuge lohnt. Ausgeliefert wird der EVito ab der zweiten Jahreshälfte 2018, bestellt werden kann jetzt. Ob Kommunen und Behörden schon bald mitziehen? Die Berliner Feuerwehr hatte da einst eine Vorreiterrolle. Sie orderte 1908 bei Daimler den ersten elektrisch betriebenen Löschzug. Alle Tests und Fahrberichte für Abonnenten www.verkehrsrundschau-plus.de

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