"Das ist kein Hexenwerk"

"Ob Social Media, YouTube oder Digitalisierung - das ist alles kein Hexenwerk", sagt Maximilian Baldus, der als Juniorchef seit drei Jahren mit seinem Vater gemeinsam die Geschäfte der Spedition Helmut Baldus in Enspel führt. YouTube löste seinen Fahrermangel Baldus muss es wissen, denn der 29-Jährige ist nicht nur Überzeugungstäter in Sachen digitaler Prozessoptimierung, wie sich im Gespräch zeigt, sondern er ist seit Jahren auch ziemlich aktiv in sozialen Medien unterwegs. Seit vier Jahren hat er sogar einen eigenen YouTube-Kanal - mit bis zu 100.000 Views. Den nutzt er zum Beispiel erfolgreich zur Fahrergewinnung. "Irgendwann kam bei mir die Frage auf: Vielleicht sollten wir mal You-Tube ausprobieren, um an Fahrer zu kommen", erzählt er. "Und seitdem haben wir keinen Fahrermangel mehr." Das Schöne sei: "Das ist supereasy. Das muss nicht perfekt sein." Dass er einmal in das Geschäft seines Großvaters einsteigen würde, war für ihn immer klar. "Da bin ich aufgewachsen. So wie andere Kinder auf getunte Autos stehen, begeistern mich schicke Lkw", sagt er und lacht. Vor allem habe er da die Chance, alle seine Ideen direkt umzusetzen. Und an Ideen mangelt es Baldus, der Verkehrsbetriebswirtschaft und Logistik an der Hochschule Heilbronn studiert hat, wahrlich nicht. Sein großes Ziel: "Ich will, dass unsere Spedition mit dem Werkzeugkasten der Digitalisierung noch produktiver, noch effizienter, aber auch noch sichtbarer wird." Manches funktioniert, manches auch nicht "Ich bin kein Nerd, der nächtelang im Keller am Computer sitzt", sagt er von sich selbst. "Als Transport-Freak weiß ich aber, wie Transport funktioniert - und das will ich mit professioneller Betriebswirtschaft und Digitalisierung sinnvoll zusammenbringen, wenngleich das im Transportwesen nicht trivial ist." In der Produktion laufen nun mal, meint er, die Prozesse stets gleich, standardisiert und dadurch automatisiert ab, da ließen sich die Stückkosten relativ einfach ermitteln. In der Transportlogistik sei das komplexer. Maut-, Diesel-, Reifenkosten - die variablen Kosten seien immer anders. Je nachdem, wo der Lkw gerade unterwegs sei. "Mit IT lässt sich das aber alles lösen", ist er überzeugt. "Die Digitalisierung ist das Werkzeug, das ich brauche", erklärt er, "damit wir unsere Kosten noch besser kalkulieren und unsere Firma mittels bestimmter Kennzahlen am Ende besser steuern können." Für den Juniorchef sind das keine leeren Phrasen. Er macht, probiert aus: "Manches funktioniert, manches auch nicht. Egal. Wir lernen daraus." Seine erste Fingerübung: die Digitalisierung der Fahrerspesenerfassung. Dies wird laut Baldus inzwischen komplett über die Telematiklösung Spedion mit automatischen Routinen abgewickelt. Sprich: Der Fahrer muss für die Spesenermittlung nurmehr seine Arbeitstätigkeiten eingeben, während etwa sein Standort, die jeweiligen Zeiten und der Kilometerstand via GPS direkt an die Spedition übermittelt werden. "Mit dem Vorteil, dass die Fahrer keine manuellen Tourenberichte mehr verfassen und unsere Lohnbuchhaltung diese nicht mehr inklusive der Spesenbelege eingeben müssen", freut sich Baldus. "Das läuft bei uns nun alles automatisiert. Jeden Monat sparen wir uns dadurch zwei bis drei Tage Erfassungsaufwand im Büro." IT bringt betriebswirtschaftliche Vorteile Ein anderes Beispiel ist bei Baldus das Dokumentenmanagement. So sind mittlerweile alle Lkw der Spedition mit Drucker, Scanner und der Telematiklösung Spedion ausgestattet, die mit der speditionseigenen TMS von Winsped verbunden sind. Sobald der Fahrer entladen hat, scannt er die Ablieferbelege ein, und der Kunde erhält sofort seine Rechnung - inklusive aller für ihn erforderlichen Informationen und Dokumente. "Auch dieser Prozess läuft jetzt fast automatisiert ab", erklärt Baldus. "Das spart uns in der Abrechnung immens Papierkram, und unsere Geldeingangsdauer hat sich um eine bis zwei Wochen verkürzt." Im Gegenzug habe er 200 Euro pro Scanner mit Druckerfunktion investieren müssen, erläutert er, und mit "Bill Composer" eine kleine eigene Softwarelösung programmiert, die die Rechnungsdaten aus dem TMS mit den erforderlichen Frachtdaten zusammenbringt. "Für unsere Fahrer war das Scannen zwar anfangs eine neue Aufgabe, dann aber eine Erleichterung - weil sie uns Frachtpapiere nicht mehr von irgendwelchen Tankstellen faxen müssen." Auch am Thema "Kosten-Controlling" ist der Jungunternehmer dran: Alle Daten bei Baldus sind nun in einem "Data-Warehouse" (eine Art "Daten-Supermarkt") überführt - dank Investition in einen eigenen SQL-Server und eine eigene Data-Warehouse-Datenbank. "Früher war unsere Kostenstellenrechnung so aufgebaut, dass wir pro Fahrzeug eine Kostenstelle hatten. Wir wussten also am Monatsende, ob und wie profitabel der einzelne Lkw war, aber nicht wie profitabel der einzelne Auftrag beziehungsweise Umlauf oder Streckenabschnitt für uns war. Dabei ist das für uns viel wichtiger", erklärt Baldus. Deshalb suchte er nach einer neuen IT-Lösung, die genau das kann. Das Ergebnis war eine teilweise selbst entwickelte Data-Warehouse-Lösung. "Sie führt alle unsere Daten für eine aussagekräftige Kostenauswertung zusammen. Wir erhalten also aus der Telematik die Diesel-Verbrauchsdaten im Zeitabschnitt, aus der Mautabrechnung die Mautkosten pro Streckenabschnitt und aus der digitalisierten Lohnabrechnung die Höhe der Fahrerentgelte." Alle Kosten, die anfallen, könne die Spedition nun bis auf den kleinsten Streckenabschnitt herunterbrechen, schwärmt er. "Das war nicht trivial. Das alles zu programmieren und einzurichten, hat uns Jahre gekostet", räumt er ein. "Für einen kleinen Transportbetrieb ist das fast nicht zu leisten." Immerhin: Ganz Unternehmer entwickelte der Jungspediteur gleich ein neues Geschäftsmodell daraus. So gründete er vor zwei Jahren die eigene kleine IT-Firma MX Logitcon und stellte einen Software-Entwickler ein. Mit ihr will er nicht nur die eigene Spedition, sondern auch andere Transport- und Speditionsbetriebe auf dem Weg zur Digitalisierung unterstützen. "Ich will damit kleineren Firmen die Angst vor diesem Thema nehmen", betont er. "Digitalisierung ist nicht immer das große Hexenwerk. Da reicht als Equipment oft nur ein Smartphone - Beispiel Social Media und YouTube. Und die Vorteile sind kolossal." "Ein eigener YouTube-Kanal ist super easy" Maximilian Baldus, Juniorchef Spedition Baldus Warum haben Sie einen eigenen YouTube-Kanal? Ich bin 29 Jahre alt und habe einige verrückte Freunde (lacht). In unserer Generation ist das ganz normal, sich mit Social Media und YouTube zu beschäftigen. Und irgendwann kam bei mir die Frage auf: Wie können wir diese Kanäle nutzen, um uns als Spedition im Außenauftritt von anderen Betrieben zu unterscheiden? So kam es zu unserem eigenen YouTube-Kanal. Was eignet sich für YouTube? Darüber sollte man sich nicht zu viele Gedanken machen. Sonst hat man gleich eine Schere im Kopf. Ich spreche immer über Themen, die mich als Transportunternehmer interessieren. Zum Beispiel darüber, wie unsere Spedition zu dem wurde, was sie heute ist, welche Dinge in der Disposition zählen. Das Wichtigste ist, dass ich selbst davon begeistert bin. Dann begeistert das meist auch die Nutzer, die das dann auf ihren Kanälen wie Facebook und Instagram teilen. Was braucht man denn für Equipment? Das ist supereinfach. Oft schnappe ich mir mein Smartphone, gehe über unser Gelände, drehe damit ein kleines Video und spreche dann über ein Thema, das mich begeistert. Wenn es professioneller sein soll, arbeite ich mit Experten, die filmen, cutten oder Social-Media-Werbeanzeigen perfekt targetiert auf meine Zielgruppe schalten. Das hilft sehr. Das muss aber nicht immer alles perfekt sein. Das kommt sogar authentischer rüber. Wichtig ist nur eine gute Strategie, welche Themen man posten will. Welche Erfolge bringt Ihr YouTube-Kanal? Wo andere gequält Lkw-Fahrer suchen, haben wir mit unserem Kanal superleicht Fahrer gefunden. Seit dem wir auf YouTube präsent sind, haben wir keinen Fahrermangel mehr. Wir haben auch schon Frachtführer, kaufmännische Mitarbeiter darüber gefunden und sogar neue Kunden. Wie gesagt, das ist supereasy. Mehr zum Thema unter #Unternehmensführung www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag Online Tipps und Grundlagen, wie Ihr Unternehmen im Internet noch "sichtbarer" wird.www.verkehrsrundschau.de/plus/online-sichtbarkeit Daten + Fakten: Die Spedition Helmut Baldus Das Transport- und Speditionsunternehmen Helmut Baldus in Enspel/ Westerwald wurde im Jahr 1950 von Helmut Baldus gegründet, das Jürgen Baldus und sein Sohn Maximilian heute als Geschäftsführer gemeinsam führen. Die Spedition Helmut Baldus hat sich auf drei Geschäftsfelder spezialisiert: den Transport von Schüttgütern wie Baustoffe, Entsorgungsverkehre und die Agrarlogistik. Mit 60 eigenen Fahrzeugen ist das Unternehmen in Westeuropa tätig, schwerpunktmäßig in Deutschland, Benelux, Frankreich, Italien, Spanien, Polen und der Schweiz, und beschäftigt über 80 eigene Mitarbeiter. eh

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