Da weiß man, wen man hat

Zumindest die etwas älteren Leser dürften ihn noch kennen, den Persil-Mann. Da sitzt er auf einem Stuhl in seinem Anzug mit Krawatte und Hemd, preist die Vorzüge des Waschmittels an, um dann den legendären Satz loszuwerden: "Persil: Da weiß man, was man hat." Nun, diesen Spruch hat Karlheinz Schmidt, geschäftsführendes Präsidialmitglied des BGL, bei der Präsentation des "Bekannten Transporteurs" nicht in den Mund genommen. Aber die Botschaft des BGL-Mannes war ziemlich ähnlich. Schutz vor Kriminalität Zusammen mit dem Verband Transfrigoroute und Vertretern der Spediteure und Verlader hat der Verband mit dem "Bekannten Transporteur" ein Qualitätssystem entworfen. Dabei handelt es sich um eine Art Qualitätssiegel, das vor allem die Kriminalität in der Logistikkette bekämpfen will. "In den Frachtenbörsen haben sich einige Firmen darauf spezialisiert, möglichst viele Frachten einzukaufen und diese wieder und wieder in die Börsen zu stellen", nennt Schmidt ein Beispiel. "Eine Kontrolle ist dann kaum mehr möglich und im schlechtesten Fall kommt die Ware nicht an", so der Geschäftsführer. Die Statistik scheint ihm Recht zu geben. Das Thema Frachtdiebstahl greift immer stärker um sich. So verzeichnet die Organisation Freight Watch International (FWI) in Europa derzeit fast eine Verdoppelung der gemeldeten Fälle. Wurden im dritten Quartal 2014 noch 234 Frachtdiebstahldelikte registriert, waren es ein Jahr später im gleichen Zeitraum 443. Angesichts dieser Entwicklung schrillen auch in der Wirtschaft immer häufiger die Alarmglocken. Tobias Bernecker, Professor für Verkehrsbetriebswirtschaft und Logistik an der Hochschule Heilbronn, zitierte das Ergebnis einer Umfrage unter Verladern: "Die dominierende Rolle bei den Risiken in der Wertschöpfungskette spielt nicht das Thema Compliance, auch nicht das Thema Preise: Sondern es ist die Unterbrechung der Lieferkette." Bestätigt wurde er durch Holger Kunze, Logistics Account Manager bei dem Kaffeeproduzenten Jacobs Douwe Egberts: "Unsere Kunden erwarten eine lückenlose Kontrolle, von den Anbaugebieten der Kaffeebohnen bis in das Kundenregal." Die Ladungsübergabe in die Hände des vertraglich vereinbarten Spediteurs bezeichnete er als "kritischen Punkt". Jacobs sei an Projekten interessiert, die sich mit der Weiterentwicklung des Sicherheitsstandards beschäftigten. "Da bietet das Gütesiegel genau den Ansatz am Beginn der Transportkette, wo der Verlader die Möglichkeit hat, Fahrzeug, Fahrer und Identität des Subunternehmers direkt zu überprüfen", so der Jacobs-Manager. Das Konzept des "Bekannten Transporteurs" sieht vor, dass BGL und Transfrigoroute eine Datenbank führen, in denen Dienstleister als Bekannte Transporteure gelistet sind. Die Dienstleister müssen dazu Mitglied in einem der beiden Verbände sein und pro Fahrzeug monatlich zwei Euro zahlen. Mit dem Instrument ist also ein weiteres Ziel verbunden: neue Mitglieder für die Verbände zu finden. Für den Verlader ist die Teilnahme kostenlos. Sein Vorteil: Er weiß genau, wem er den Auftrag vergibt und wer seine Ware befördert. Bei der Warenübergabe an der Rampe können dann die Mitarbeiter kontrollieren, ob der vorgefahrene Lkw tatsächlich in der Liste des "Bekannten Transporteurs" geführt ist. 5000 Euro für den Verlader Ist das nicht der Fall, tritt automatisch der Versicherungsfall ein: Der Verlader erhält sofort 5000 Euro, egal, ob ein Schadensfall eingetreten ist oder nicht. Das Unternehmen, das seine Zusage nicht eingehalten hat, muss damit rechnen, die 5000 Euro dem System erstatten zu müssen. Zudem gibt es einen Güteausschuss, der das Unternehmen, das den Versicherungsfall ausgelöst hat, aus dem System ausschließen kann. Vor allem im Lebensmitteltransport scheint das System "Bekannter Transporteur" ein geeignetes Instrument zu sein. Bei der Spedition Kraftverkehr Nagel stieß das Konzept auf positive Resonanz. "Wir können so unseren Kunden ein Qualitätsmerkmal bieten, das Sicherheit und Vertrauen ausstrahlt", sagt Thomas Pütter, Geschäftsbereichsleiter Networkservices und Innovation bei der Spedition. Zudem werde man auch künftig nicht um den Spotmarkt herumkommen. "Ich glaube, dieses Instrument macht es administrativ einfacher und sicherer, eine solche Lieferkette aufrechtzuerhalten", so seine Hoffnung. Thomas Pollakowski, Geschäftsführer der Hansefrigo Spedition, war von dem Konzept "begeistert". "Wir waren bereits einige Male von kriminellen Machenschaften betroffen", sagte Pollakowski. Die Schäden seien dann hoch und die Kunden "super ungehalten". Er erhofft sich Zeitersparnis, in dem er nicht mehr die Subunternehmen auf Zuverlässigkeit kontrollieren muss. Frank Freitag, Bereichsleiter Logistik bei den Schwartauer Werken, merkte an, dass bei seinen Kunden das Thema "Produktschutz" im Rahmen des IFS Food Standards - ein Standard für die Auditierung von Lebensmittelherstellern - an Bedeutung gewänne. "Nicht nur Diebstahl ist ein Problem, auch Manipulation der Ware ist ja denkbar", sagte Freitag, "wir brauchen die absolut sichere Logistikkette." Kunden aus den USA seien bereits mit dieser Forderung an ihn herangetreten. Den Beteiligten ist klar, dass es unumgänglich ist, dieses Konzept auf internationale Verkehre auszuweiten. Dafür gibt es nicht nur den entsprechenden Namen, trusted carrier, sondern auch einen Partner, die International Road Transport Union (IRU). "Das Konzept hat die volle Unterstützung der IRU", sagte Jens Hügel, zuständig für den Bereich Gütertransport bei der IRU. Die Güterkraftverkehrsverbände in Polen, Frankreich und England hätten bereits Interesse an dem Konzept gezeigt, ergänzte Schmidt. Hubertus Kobernuß, Vorsitzender der Transfrigoroute, wagte die These: "Unterehmen, die nicht daran teilnehmen, sind künftig ausgeschlossen aus der Transportkette der Markenartikler." Die Initiatoren des Konzepts haben bereits Pläne für den Fall geschmiedet, dass der Markt das Konzept annimmt: "Dann ist vorstellbar, dass wir einen Premiumdienst mit Vorortzertifizierungen anbieten, bei der die Garantiesumme dann 20.000 Euro beträgt", sagte Schmidt. Doch noch ist es nicht so weit. Es sind noch einige Hausaufgaben zu erledigen und Hürden zu überspringen. Die Datenbank muss erstellt werden (daran wird gearbeitet), die Unternehmen müssen sich registrieren (soll ab Anfang 2016 möglich sein) und im nächsten Jahr "um Ostern herum", so Schmidt, könne das System starten. Dann könnten also die ersten Transportunternehmen ihre Leistung anbieten. Sie wollen dann "sauber" sein, getreu einem anderen Werbeslogan, den für das Waschmittel Dash: "Wäscht so weiß, weißer geht's nicht." Wobei: Ausschließen lässt sich natürlich auch beim "Bekannten Transporteur" der Diebstahl nicht. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Kriminalität www.verkehrsrundschau.de/dossiers