Barrieren überwinden

Wie sich ungelernte Arbeitskräfte, Flüchtlinge und Migranten schneller für Arbeiten im Lager qualifizieren lassen, daran feilen Forscher der Hochschule Augsburg und des Fraunhofer Instituts für Supply Chain Services SCS derzeit im Projekt "LogiPICs - Logistische Prozesse in Bildsprache". Das Ziel: Piktogramme sollen die Einarbeitung von Menschen mit sprachlichen oder schulischen Barrieren vor allem für kleine und mittlere Unternehmen erleichtern. Erprobt wird diese neue "Sprache" bei mehreren Praxispartnern, darunter Andreas Schmid Logistik aus Augsburg, Geis Industrie-Service aus Nürnberg, Gruber Logistik aus Sulzberg, Künzler aus Meitingen und die Firma Wäschekrone aus Laichingen. Mit mehr als 180.000 Euro fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) das Vorhaben über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren. Auch die Spedition Alfred Schuon beschäftigt sich intensiv mit der beruflichen Integration von Langzeitarbeitslosen und Menschen aus anderen Kulturkreisen in der Logistik. Mitte September eröffnete die Schuon-Tochtergesellschaft Professional Training Center GmbH (PTC) dazu erstmals eine Lehrwerkstatt für logistische Berufe in der baden-württembergischen Gemeinde Deckenpfronn. Praktisches Training und Kurse Auf einer Fläche von 1000 Quadratmetern stehen Schulungsräume und eine Logistikhalle bereit. Hier sollen 30 bis 40 Arbeitssuchende bereits vor dem Berufseinstieg Erfahrungen in der Konfektionierung und Kommissionierung sammeln können. Zudem erwerben alle Teilnehmer der Weiterbildungsmaßnahme vor Ort den Gabelstaplerschein und werden durch Sprach- und Motivationskurse gefördert. Gleichzeitig zentralisiert die PTC hier ihre Vermittlungsarbeit, die bisher von Nagold und Holzgerlingen aus lief. "Die Hemmschwellen sowohl aufseiten der Unternehmen als auch der Bewerber sind immer noch sehr groß. Diese wollen wir mithilfe unserer Lehrwerkstatt abbauen, indem wir Arbeitssuchende langsam an logistische Berufsfelder heranführen", erklärt Marissa Glaser, operative Leiterin PTC. Arbeitgeber mit Fakten überzeugen Regionale Betriebe hätten in Deckenpfronn die Gelegenheit, sich vor Ort ein Bild von den Fähigkeiten der potenziellen Fachkräfte zu machen. "Mit diesem in der Region einzigartigen Konzept bieten wir für alle Beteiligten eine lohnenswerte Alternative zum klassischen Bewerbungsgespräch und wirken dem Fachkräftemangel entgegen", meint Glaser. Für die Integration von Flüchtlingen in Unternehmen gibt es Förderoptionen auf kommunaler Ebene. An einem bundesweit einheitlichen Modell wird noch gearbeitet. Angebote für Langzeitarbeitslose auf dem Arbeitsmarkt unterstützt der Staat dagegen seit Mitte Juli mit dem neuen "Gesetz zur Schaffung neuer Teilhabechancen für Langzeitarbeitslose". Unter anderem führte die Bundesregierung neue Lohnkostenzuschüsse im Sozialgesetzbuch II ein. Bis 2022 investiert sie vier Milliarden Euro, damit zusätzliche Beschäftigungsangebote entstehen. Ab Januar können Arbeitgeber einen Zuschuss für bis zu fünf Jahre beantragen, wenn sie sehr schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose sozialversichert einstellen. Gemeint sind Personen ab 25 Jahren, die seit mindestens sieben Jahren Arbeitslosengeld II bekommen. Der Lohnkostenzuschuss wird dann für maximal fünf Jahre gezahlt. Er beträgt in den ersten beiden Jahren 100 Prozent des gesetzlichen Mindestlohns. Danach schrumpft er um zehn Prozentpunkte pro Jahr. Lohnkostenzuschüsse soll es auch dann geben, wenn Personen beschäftigt werden, die bereits mindestens zwei Jahre arbeitslos sind. Das geförderte Arbeitsverhältnis muss dann jedoch für mindestens zwei Jahre geschlossen werden. Der Zuschuss beträgt im ersten Jahr 75 Prozent, im zweiten Jahr 50 Prozent. Maßgeblich ist in diesem Fall das tatsächliche Arbeitsentgelt. Intensive Betreuung ist wichtig Zusätzlich betreuen die Jobcenter die Langzeitarbeitslosen umfassend, damit sie leichter in den Arbeitsalltag hineinfinden und sich das neue Arbeitsverhältnis festigen kann. Wenn nötig, werden sie während der gesamten Beschäftigungsdauer gecoacht. Denn Menschen, die lange keine Arbeit hatten, müssen Pünktlichkeit und regelmäßige Arbeitsabläufe erst wieder trainieren. Oft bedingt lange Arbeitslosigkeit weitere Probleme, etwa in der Familie. Hinzu kommt: Negative Auswirkungen von Arbeitslosigkeit, wie psychische Probleme, Isolation und Entfremdung, sind auch dann noch vorhanden, wenn auch abgeschwächt, wenn die Person bereits wieder beschäftigt ist. Vor allem Menschen, die länger als ein Jahr arbeitslos sind, fühlen sich sozial enorm ausgegrenzt, sind unglücklicher und finanziell eingeschränkter. Soziale Teilhabe gezielt verbessern Das bestätigt die Studie "Unemployment and Social Exclusion", die das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim kürzlich veröffentlicht hat. Studienautorin Laura Pohlan, wissenschaftliche Mitarbeiterin im ZEW-Forschungsbereich "Arbeitsmärkte, Personalmanagement und Soziale Sicherung", empfiehlt daher, aktive Arbeitsmarktprogramme wie Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen oder Lohnkostenzuschüsse so zu gestalten, dass sie für die Betroffenen neben der Entlohnung auch sinnstiftende Effekte mit sich bringen. Nur wenn sich die soziale Teilhabe der Teilnehmer verbessern lasse, schrumpfe das Risiko, langzeitarbeitslos zu werden. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Personalwesen www.verkehrsrundschau.de/dossiers Mitarbeiter-Kommunikation Hellmann setzt auf leichte SpracheIm Kampf gegen den Fachkräftemangel hat Hellmann Worldwide Logistics als eines der ersten Logistikunternehmen gemeinsam mit dem "Büro für Leichte Sprache und Barrierefreiheit" aus Osnabrück arbeitsrechtliche Dokumente zu Themen wie Arbeitssicherheit oder Datenschutz in "leichte Sprache" übersetzt. Diese hängen seit August deutschlandweit an zentralen Stellen aus und werden jedem neuen Arbeitsvertrag beigelegt. Mit dem Pilotprojekt will das Osnabrücker Familienunternehmen mögliche Sprachbarrieren minimieren und die Chancengleichheit erhöhen. Im Fokus stehen Menschen mit Migrationshintergrund sowie solche, für die das Lesen und Verstehen komplexer Texte eine Herausforderung ist. Auch von den 185 Auszubildenden, die dieses Jahr im Herbst bei Hellmann ins Berufsleben starteten, haben 26 (etwa 14 Prozent) ausländische Wurzeln. Unter ihnen sind 14 Nationen vertreten. "Wir freuen uns, in diesem Jahr so viele junge Kollegen aus über einem Dutzend Nationen willkommen zu heißen, die mit ihrem multikulturellen Hintergrund auch die Internationalität unsers Unternehmens widerspiegeln", betont Claudio Gerring, Personalleiter Deutschland von Hellmann. akw