Ilsfeld. Das Orkantief «Emma» hat Autofahrern in Ilsfeld, im Kreis Heilbronn, zunächst eine Schonfrist verschafft. „Wir sind mit den Auswirkungen des Sturms ‚Emma' so beschäftigt, dass wir gar keine Zeit haben, gezielt zu kontrollieren“, sagt ein Polizeisprecher. Ilsfeld ist seit Samstag das einzige Dorf in Baden-Württemberg, dessen Kern mit 4500 Einwohnern zu einer sogenannten Umweltzone geworden ist. So richtig nachvollziehen kann diese Anordnung kaum jemand. „Warum soll ich mir eine Umweltplakette kaufen, nur weil ich kurz in Ilsfeld einem Bekannten ‚Hallo' sagen will?“, fragt ein Autofahrer aus dem Raum Würzburg. In insgesamt acht Städten und Gemeinden im Südwesten sind die Feinstaub-Fahrverbote am Samstag in Kraft getreten. Das heißt: Autofahrer dürfen die Innenstädte von Stuttgart, Mannheim, Tübingen, Ludwigsburg, Leonberg, Reutlingen, Schwäbisch Gmünd und eben Ilsfeld nur noch mit einer Feinstaubplakette an der Windschutzscheibe befahren. Die Umweltzonen wurden eingerichtet, weil die Luft im Südwesten mit gesundheitsschädlichem Feinstaub belastet ist. „Wir werden sicher keine gezielten Kontrollstellen einrichten, sondern während des normalen Einsatzes unserer Streifenwagen schauen, ob die Fahrzeuge eine Plakette haben“, kündigt eine Sprecherin der Polizei in Ilsfeld an. Allerdings: Wird ein Autofahrer ohne Plakette erwischt, soll er gleich bestraft werden. Eine Kulanzzeit sieht die Polizei nicht vor. Wer ohne Plakette in die Umweltzonen fährt, muss mit einem Bußgeld von 40 Euro sowie einem Punkt in der Verkehrssünder-Datei in Flensburg rechnen. „Wäre in anderen Kommunen gemessen worden und nicht bei uns, dann hätte es uns nicht erwischt“, ist ein Mann aus Ilsfeld überzeugt. Für den Umweltschutz sei er, selbstverständlich. Ein Fahrverbot müsste dann aber überall im Land ausgesprochen werden, kritisiert er: „Was bringt es, wenn es in den Gemeinden um Ilsfeld oder auf der nahen Autobahn kein Fahrverbot ohne Plakette gibt?“ Über die Plakettenpflicht ist man auch im Ilsfelder Rathaus, im Handel und der Gastronomie nicht glücklich - dort werden Einbußen befürchtet. „Gäste, die von der Autobahn A 81 Heilbronn-Stuttgart zum Essen kurz mal runterfahren wollen, werden Ilsfeld sicher weiträumig umfahren - wenn sie die Gefahr eingehen, Knöllchen zu kassieren“, sagt ein Gastronom verärgert. Allein im Landratsamt Heilbronn wurden rund 20.000 Plaketten verkauft, etwa 2000 davon in den vergangenen beiden Wochen, wie Sprecher Hubert Waldenberger berichtet. Außer dem Verkauf und der Besetzung eines Informationstelefons musste das Landratsamt auch 40 Schilder weiträumig um Ilsfeld aufstellen. „15.000 Euro hat uns das gekostet“, sagt Waldenberger. Auch wenn in Ilsfeld weitgehend Unverständnis herrscht: „Tag Eins“ der Umweltzone bleibt ohne besondere Vorkommnisse. Bürgermeister Thomas Knödler sieht die Plakettenpflicht dennoch als falsches Mittel, um dem Problem Feinstaub Herr zu werden. Immerhin aber ist die insgesamt rund 8300 Einwohner zählende Gemeinde einige Tage lang in aller Munde - als einziges Dorf mit einer Umweltzone. (dpa)
Baden-Württemberg: Unmut über Plakettenpflicht
Start der Umweltzone in Ilsfeld: Im einzigen betroffenen Dorf herrscht Unverständnis