Paris. Die in finanzielle Turbulenzen geratene französische Luftfahrtgesellschaft Air France, Teil der Gruppe Air France/KLM, ist nicht nur zu Sanierungsmaßnahmen im Passagebereich gezwungen, sondern auch bei der Fracht. Dies berichtet der Pariser Webinfodienst WK-transport-logistique.fr. Das entsprechende Programm trägt den Namen „Transform Cargo“ und zielt sowohl auf eine Verringerung der Cargo-Flotte als auch die beschleunigte Integration mit KLM/Martinair und ein neues Informationssystem. Martinair ist die Fracht- und Wartungstochter von KLM und gilt der Führung von Air France Cargo als betriebswirtschaftliches und operatives Vorbild.
Die Sanierungspläne hat Air France-Chef Alexandre de Juniac kürzlich vor der Gesamtbetriebsvertretung erläutert und dabei deren Dringlichkeit unterstrichen. Man wolle sich rasch dem Kostenniveau von KLM/Martinair anpassen, derzeit liege die Differenz bei rund 15 Prozent. Zugleich strebe man an, die Qualität zu halten bzw. weiter zu verbessern, erklärte für AF-KL Cargo & Martinair Cargo dessen Leiter Pierre-Olivier Bandet. Für den Cargobereich gelten im Übrigen dieselben Einschnitte wie für das gesamte Unternehmen, das heißt ein Einstellungs- und Lohnstopp. Air France-Cargo hofft, bis 2014 zum finanziellen Gleichgewicht zurückkehren zu können.
Eine der Hauptmaßnahmen zur Sanierung ist eine weitere Verringerung der Frachter-Flotte von 5 auf nur noch 4 Flieger. Damit versuche man, dem Ende des Leasing-Vertrages für eine B747-400ERF, der erst im Oktober kommenden Jahres ausläuft, zuvorzukommen, kündigte Bandet an. Seit Air France vor 3 Jahren im Frachtbetrieb einen Strategiewechsel angekündigt hat, würde damit die Cargoflotte von 12 auf 4 Maschinen abgespeckt worden sein. Vorrang nach der neuen Linie hat die Mitnutzung der Ladeflächen der Passagier-Flotte und deren kombinierter Einsatz für beide Zwecke. Die reinen Fracht-Maschinen dienen in diesem Konzept als komplementäre Reserve.
Parallel dazu strebt Air France Cargo an, die Frachttransporter zu harmonisieren und ab 2015/2016 nur noch das Modell B777F zu verwenden. Dessen Leistungen seien deutlich höher als die der B747 und ermöglichten es, die Synergie-Potenziale mit der Passagier-Flotte voll auszuschöpfen.
Dir Frachtsparte der Pariser Luftfahrtgesellschaft reagiert mit alledem nicht zuletzt auch auf den Niedergang im weltweiten Luftfrachtverkehr. Asien und hier vor allem China sind nicht mehr wie noch im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausend die dominierende Wachstumslokomotive, das durch die Finanz- und Schuldenkrise geschwächte Europa importiert weniger und hinzu kommen die am Markt bestehenden Überkapazitäten, die die Frachttarife nach unten drücken. Air France Cargo plant deshalb, sein Netz zu verkleinern und auf Westafrika, den Indischen Ozean, Nordamerika, Mexiko und Japan einzugrenzen. Shanghai wird mit Vollfrachtern schon nicht mehr angeflogen und der asiatische Markt, beispielsweise in Hongkong, bleibt „sehr schwierig“, sagt Pierre-Olivier Bandet.
Seit dem 1. Juni dieses Jahres ist mit dem Ausbau und der Anpassung des Netzes nur noch eine einzige, zentrale Equipe beauftragt. Bislang war diese Aufgabe auf die diversen Einzelakteure verteilt, die jede für sich arbeiteten und sich jeweils untereinander koordinieren mussten. Angestrebt ist ferner, die Vollcargo-Flieger bei Bedarf sehr kurzfristig mit einsetzten zu können wie dies bei Martinair praktiziert wird. Weitere Neuheit: Die Gesamtkapazität der Gruppe Air France/KLM auf den einzelnen Routen wird ab Juli von ein- und derselben Mannschaft gemanagt. Damit soll sie besser als bisher ausgelastet werden.
Vereinheitlichung ist auch das Stichwort für die EDV-Kommunikation und die Reservierung. Bis Ende kommenden Jahres oder Anfang 2014 werde das neue System mit „Yield-Management“-Funktionen betriebsbereit sein, hofft Bandet. Der Cargoverkehr ist bei um 3,3 Prozent verminderten Kapazitäten bis Ende April um 8,3 Prozent zurückgegangen, die Auslastung sank um 3,5 Punkte. (jb)