Goslar. Die Experten des Arbeitskreises „Halterhaftung“ haben sich am Freitag auf dem 48. Deutschen Verkehrsgerichtstag gegen die Einführung einer Halterhaftung für Verstöße im fließenden Verkehr in Deutschland ausgesprochen. Dieser seien verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt. Der verfassungsrechtliche Grundsatz „Keine Strafe ohne Schuld“ verbiete die strafrechtliche oder auch nur strafrechtsähnliche Ahndung einer Tat ohne Schuld des Täters, betonten die Experten auf dem Verkehrsgerichtstag, der heute in Goslar zu Ende geht. Dies gelte auch für Bußgeldverfahren wegen Verstößen im Straßenverkehr. Und diese Grenzen gälten nach der Lissabon-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch im Hinblick auf Rechtsakte der Europäischen Union. Eine Ausdehnung der Kostentragungspflicht nach §25a Straßenverkehrsgesetz wäre unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit jedoch grundsätzlich möglich, meinten die Experten und bitten die Bundesregierung zu prüfen, ob hier gesetzlicher Handlungsbedarf besteht. Zudem empfehlen sie die verstärkte Anwendung der Fahrtenbuchauflage. Auf dem Prüfstand stand in Goslar auch die Medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU), der so genannte Idiotentest. Die MPU sei ein wichtiges und bewährtes Instrument zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit, so die Experten. Die diagnostische Methode der Exploration, die bei der Fahreignungsbegutachtung eine zentrale Rolle spiele, sei jedoch weiterhin zu verbessern. Außerdem solle die Zulassung von Testverfahren im Rahmen der Fahreignungsbegutachtung geregelt werden. Die Verkehrsexperten fordern den Gesetzgeber auf, die Vorschriften über die Voraussetzungen für die MPU-Anordnung zu reformieren. Diese seien teilweise unklar formuliert. Neben Halterhaftung und MPU standen in Goslar auch das neue EU-Verkehrssicherheitsprogramm, Fahrgastrechte im Land- und Luftverkehr, der Haushaltsführungsschaden, Ausnahmen vom Entzug der Fahrerlaubnis und vom Fahrverbot, das Unfallrisiko junger Fahrer und neue Haftungs- und Entschädigungsregelungen in der Schifffahrt zur Diskussion. Was die Experten zu diesen Themen empfehlen lesen Sie in der kommenden VerkehrsRundschau 6/2010. Der Deutsche Verkehrsgerichtstag ist ein jährlich stattfindender Kongress von Verkehrsexperten. Die Tagung, an der in diesem Jahr rund 1700 Personen teilgenommen haben, geht heute zu Ende. Die Empfehlungen, die aus den traditionell acht Arbeitskreisen hervorgehen, sind zwar für den Gesetzgeber nicht verbindlich, fließen jedoch mitunter in Gesetze ein. (kap)
Verkehrsgerichtstag: Experten kontra Halterhaftung
Der verfassungsrechtliche Grundsatz „Keine Strafe ohne Schuld“ verbiete die strafrechtliche Ahndung einer Tat ohne Schuld des Täters, betonten die Experten auf dem Verkehrsgerichtstag