Transportversicherung: Noch digitaler

In Kürze Der Gesetzgeber hat Rechtssicherheit geschaffen für Versicherungszertifikate, die von der Branche auf freiwilliger Basis digital ausgestellt werden. Er gibt vor, welche Merkmale erfüllt sein müssen. Doch das Bundesjustizministerium muss erst noch einen rechtlichen Rahmen für die technische Umsetzung entwickeln. Im Februar hat der Gesetzgeber den Weg frei gemacht für eine rechtssichere Umsetzung der elektronischen Transportversicherungspolice. Neben einem zusätzlichen Paragrafen im Versicherungsvertragsgesetz (Paragraf 210a VVG) steht auch im Handelsgesetzbuch (HGB) ein neuer Paragraf, 365a. Er regelt unter anderem, welche Eigenschaften das elektronische Dokument haben muss, damit es als handelsrechtliches Wertpapier gilt, zu einem Orderpapier werden kann und die Rechte und Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag verbrieft. Damit soll der Paragraf die gesetzlichen Regelungen im HGB zu elektronischen Frachtdokumenten ergänzen. Die fehlende rechtliche Möglichkeit einer elektronischen Transportversicherungspolice hindere die Unternehmen der Transportwirtschaft daran, Beförderungen vollständig digital abzuwickeln, heißt es in der Begründung des Gesetzgebers. Dabei ist es wichtig, diese elektronische Urkunde von der schon üblichen digitalen Textform zu unterscheiden: "Mit Paragraf 3 des VVG ermöglicht der Gesetzgeber schon seit längerer Zeit, dass man einen Versicherungsschein elektronisch ausstellen kann - also etwa als PDF verschickt", erläutert Rudolf Christian Eder, Leiter Transportversicherungen beim Versicherungsmakler Schunck. Drei Merkmale müssen erfüllt sein "Wir stellen außerdem - ich grenze es jetzt bewusst von dem Begriff elektronisch ab - digitale Versicherungszertifikate schon seit Jahren auf freiwilliger Basis aus." Allerdings fehlte für diese Zertifikate die Rechtssicherheit. Sie erfüllen nicht die gleichen Funktionen wie ein Wertpapier, eine Urkunde: Bisher konnte ein Versicherter im Schadenfall nur über das Vorlegen der Papierform die Leistung beanspruchen, sich legitimieren. "Nur die Papierform hatte eine Beweis- und Legitimationsfunktion", hebt Stephan Rieß, Leiter Verkehrshaftung bei Schunck, hervor. Im Zweifelsfall müsse der Richter entscheiden, ob die Ansprüche legitim sind. Mit dem Paragrafen 365a ist jetzt fest-gelegt, dass eine elektronische Transportversicherungspolice drei Merkmale erfüllen muss: Sie muss die gleichen Funktionen haben wie die Papierform und die Authentizität und Integrität wahren. Das heißt, das Dokument muss manipulations- und fälschungssicher sein und Inhalt und Inhaber müssen stimmen. Die Versicherer sind allerdings nicht verpflichtet, solch eine elektronische Police anzubieten. Unterschied zur General-Police Dabei muss nicht jede Transportversicherungspolice zwingend die Eigenschaften eines Wertpapiers erfüllen, also zum Beispiel die Rechte auf einen Dritten übertragen können. "Eine normale Transportversicherung, die Sie einkaufen, ist nur eine Transportversicherung. Sie ist aber keine Police oder Urkunde im Sinne des Gesetzes", differenziert Eder. In der Regel handle es sich bei einer normalen Transportversicherung um eine General-Police mit einer Laufzeit von einem Jahr, über die idealerweise sämtliche Transporte des Versicherungsnehmers weltweit versichert sind. "Für spezielle Einzeltransporte kann auf Verlangen des Versicherungsnehmers eine Urkunde erstellt werden. Dieses Transportversicherungszertifikat ist dann ein begebbares Wertpapier." Das Zertifikat bescheinigt Bedingungen zu einem einzelnen Transport, der im Rahmen der General-Police versichert ist. Aus diesem Orderdokument kann der Versicherungsnehmer Ansprüche ableiten. Und er kann die Rechte und Ansprüche damit auf einen Dritten übertragen, das sogenannte Indossieren. Technische Fragen noch offen "Diese Versicherungszertifikate sind wichtig im Außenhandel und für die Banken im Akkreditivgeschäft", erklärt Eder. So legen einige Incoterms - Handelsklauseln der internationalen Handelskammer (ICC) zu Rechten und Pflichten bei Kauf und Lieferung von Gütern - fest, dass der Verkäufer eine Transportversicherung zugunsten des Käufers abschließt. Wenn der Käufer die gekaufte Ware, etwa aus Übersee, dann an jemand anderen weiterverkauft, kann er Ansprüche aus der Police an diesen Dritten übertragen. Das erfolgte bisher in der Papierform über einen Übertragungsvermerk auf der Rückseite des Papiers. Das Gesetz ist ein erster Schritt. "Es ermöglicht, perspektivisch Geschäftsabläufe zu beschleunigen und sicherer zu machen, und wird zu Kosteneinsparungen führen", so Rieß. Die große Aufgabe liege in der technischen Umsetzung und darin, die Voraussetzungen für eine digitale Beweis- und Legitimationsfunktion zu schaffen. Nächster Schritt Rechtsverordnung "Wir brauchen zudem einen allgemein gültigen Standard. Eine Plattform, über die jeder diese Dokumente abrufen kann; die Informationen in eine Form übersetzt, die es jedem ermöglicht, den Inhalt auch zu lesen", ergänzt Eder. "Zum Beispiel über einen QR-Code und eine App." Der Vorteil: Wenn jeder über Schnittstellen auf eine große Basis - eine mögliche Idee wäre hier die Blockchain - zugreife, erspare man sich redundante Eingaben und Daten, man habe keine Systembrüche mehr und Informationen seien transparent vorhanden. Mit der Blockchain erreiche man auch Authentizität und Integrität, die Beweis- und Legitimationsfunktion. Um der technischen Umsetzung einen Rahmen vorzugeben, ermächtigt Paragraf 365a das Bundesjustizministerium, eine Rechtsverordnung zu entwickeln und zu erlassen, die entsprechende Verfahren für einzelne Schritte wie das Ausstellen, das Übertragen an einen Dritten oder die Vorlage einer elektronischen Police festlegt. Vorarbeit geleistet hat dazu eine Gruppe bestehend aus ICC Germany, Banken, Versicherern, Branchenverbänden aus Handel, Industrie, Transport und Logistik sowie Experten für Transport- und Seerecht. Sie haben neben einem Vorschlag für eine Rechtsverordnung für elektronische Frachtdokumente mit fünf Abschnitten im gleichen Aufschlag in einem weiteren Dokument einen sechsten Abschnitt definiert. Internationale Anerkennung wichtig Dieser vorgeschlagene Abschnitt der Rechtsverordnung liefert ergänzende Formulierungen für eine elektronische Transportversicherungspolice. Darin sind unter anderem die Begriffsdefinitionen, der Anwendungsbereich, welche Anforderungen an ein geeignetes technisches Verfahren gegeben sein müssen und wie sich die Authentizität und Integrität sicherstellen lassen, enthalten. Ob und inwieweit das Ministerium die Vorschläge aufgreift, lässt sich noch nicht absehen. Auch wann der Gesetzgeber die Rechtsverordnung auf den Weg bringt, bleibt abzuwarten. Und die technische Umsetzung und Standardisierung? "Aus meiner Sicht wird es wohl einige Jahre dauern, bis eine einheitliche Lösung aller Marktbeteiligten auf dem Tisch liegt", schätzt Eder. "Ein weiterer Aspekt: Wir reden hier über die Bestrebungen des deutschen Gesetzgebers", ergänzt Rieß. "Doch wir benötigen einen Standard, der auch international anerkannt sein muss - bei Banken, beim Zoll, bei Versicherern."

Logistikimmobilienmarkt: Rückgang der Flächenumsätze trotz Nachfragestärke

Neue Tarife für Transportbranche NRW: Mehr Lohn, mehr Ausbildungsvergütung, mehr Urlaub

Logistikbranche im Fokus: Symposium Logistik Innovativ am 7./8. Mai

Versicherungsrecht: Muss ein Lkw-Fahrer für Unfallschäden haften?

Frachtrasch international: 105 Jahre Logistik-Innovation aus Braunschweig

Alle Schlagzeilen

Transportversicherung: Noch digitaler

WEITERLESEN

NEWSLETTER