EU schafft 150-Euro-Zollfreigrenze ab

14.11.2025 09:47 Uhr | Lesezeit: 4 min
Temu und Shein-App auf Handy
Plattformen wie Temu, Shein oder AliExpress könnten durch die Abschaffung der 150-Euro-Zollfreigrenze stärker belastet werden
© Foto: Zumarpress.com/Kristian Tuxen Ladegaard Berg/Picture Alliance

Die EU will den massiven Zustrom zollfreier Kleinsendungen eindämmen. Der Rat beschließt nach vorangegangem Vorschlag nun das Aus für die 150-Euro-Freigrenze, eine Übergangslösung ab 2026 und ein neues Zolldatenhub-System. Dieser Schritt betrifft besonders Plattformen wie Temu, Shein und AliExpress.

Der Rat der Europäischen Union hat nach eigenen Angaben die Abschaffung der Zollfreigrenze für Kleinsendungen unter 150 Euro beschlossen. Über den vorangegangen Vorschlag der EU-Kommission hatte die VerkehrsRundschau vor einigen Monaten berichtet. Damit sollen künftig alle Waren aus Drittstaaten zollpflichtig werden. Nach Angaben des Rats soll die Neuregelung gelten, sobald der neue EU-Zolldatenhub – die zentrale Plattform für digitale Zollprozesse – einsatzbereit ist. Dies erwartet die EU ab 2028.

Zollreform soll Manipulationen eindämmen und faire Marktbedingungen stärken

Das neue System soll es den Behörden ermöglichen, Zölle auf Artikelebene zu berechnen und zu erfassen. Dadurch werde es laut Rat möglich, das gesamte Zollregime ohne Ausnahmen auch auf kleinste Pakete anzuwenden.

Schätzungen zufolge werden heute bis zu 65 Prozent der kleinen Pakete, die in die EU gelangen, bewusst zu niedrig bewertet, um die Zollpflicht zu umgehen. Zudem weist der Rat auf Wettbewerbsnachteile für europäische Händler hin. Die Europäische Kommission meldet, dass 2024 rund 91 Prozent der Kleinsendungen mit einem Wert unter 150 Euro aus China kamen.

Übergangslösung soll bereits 2026 greifen

Angesichts der Dringlichkeit wollen die EU-Mitgliedstaaten bereits 2026 eine temporäre Zolllösung umsetzen, die bis zur Einführung des Zolldatenhubs gelten soll. Die Ausgestaltung dieser Übergangsregel will der Rat in den kommenden Wochen konkretisieren.

Die dänische Wirtschaftsministerin Stephanie Lose sagte: „Wir stellen sicher, dass Zölle ab dem ersten Euro gezahlt werden und begrenzen den Zustrom von Billigwaren. Wir haben uns außerdem auf die Notwendigkeit geeinigt, 2026 so schnell wie möglich eine vorläufige Lösung zu schaffen.“

Steigender Paketstrom aus Drittstaaten verstärkt Handlungsdruck

Laut dpa hat der Onlinehandel in den vergangenen Jahren zu einem starken Anstieg kleiner Warensendungen geführt. 2024 seien täglich rund zwölf Millionen Pakete in der EU eingetroffen.
Nach Einschätzung der dpa betrifft die Maßnahme insbesondere sehr günstige Waren, etwa von Plattformen wie Temu, Shein oder AliExpress. Der deutsche Handelsverband schätzt laut dpa, dass allein Shein und Temu täglich rund 400.000 Pakete an deutsche Kunden liefern.

Dpa berichtet außerdem, dass Hersteller und Händler häufig große Bestellungen in kleinere Pakete aufteilen, um die Freigrenze zu nutzen. Laut dpa führt dies zu Wettbewerbsverzerrungen und verursacht unnötigen Verpackungsmüll.

Auswirkungen auf Handel und Logistik

Mit der Abschaffung der Freigrenze will die EU Wettbewerbsbedingungen vereinheitlichen. Durch die Digitalplattform sollen Zollprozesse für Behörden und Logistikunternehmen einheitlicher, kontrollierbarer und transparenter werden.

Nach dpa-Einschätzung könnte sich die Reform auf Preisstrukturen im Onlinehandel auswirken; ob Produkte teurer werden, sei nach Angaben der Agentur jedoch „abzuwarten“.

Online-Plattformen wie Amazon äußerten sich laut dpa grundsätzlich unterstützend gegenüber dem Ziel, Zollkontrollen zu modernisieren und Betrug zu reduzieren.


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