Interview mit Kravag-Vorstand Klaus Endres: "Das spüren wir"

In Kürze Im Geschäftsjahr 2022 konnte die Kravag wachsen. Allerdings beeinflussen die Inflation und der Klimawandel die Schadenentwicklung, sodass der Versicherer entsprechend gegensteuern muss. Zugleich muss die Transport- und Logistikbranche auf Herausforderungen wie E-Mobilität und Fachkräftemangel reagieren. Dabei will der Versicherer unterstützen. Herr Endres, wenn Sie es kurz und knapp auf den Punkt bringen müssten, wie lief denn das Geschäftsjahr 2022 für die Kravag? Positiv. Wir sind gewachsen, trotz schwieriger Rahmenbedingungen. Und das sowohl bei den Beitragseinnahmen als auch bei der Zahl der Fahrzeuge. So konnten wir die Beitragseinnahmen im Vergleich zum Vorjahr um 1,1 Prozent steigern, die Zahl der Fahrzeuge ist auf 726.600 gewachsen. Zudem hat sich die Schadensbelastung im Vergleich zum Vorjahr normalisiert. 2021 war in der Hinsicht ein besonderes Jahr, mit der Katastrophe "Bernd" im Ahrtal. Der Starkregen hat in der Region große Schäden verursacht. Greifen hier nicht auch die Rückversicherer mit ein? Ab einer gewissen Grenze springen die Rückversicherer ein. Aber die ersten Schäden zahlt der Versicherer selbst - und das waren im Ahrtal schon viele Millionen im Fall der Kravag. Das heißt, Sie hatten also weniger Schäden zu regulieren als im Vorjahr? Oder wie ist die Entwicklung gewesen? 2022 kamen zwei Effekte zusammen: Im Vergleich zu 2021 sind die Schäden zurückgegangen. Das liegt aber an dem Ausreißer 2021, der Ahrtal-Katastrophe. Blendet man diesen Sondereffekt aus, sind die Schäden eher gestiegen. Hier spüren wir die Inflation, die im letzten Jahr überall deutlich angezogen hat: bei Energiepreisen, Materialien et cetera. Dieser Effekt macht auch vor der Kfz- und Transportsparte und der Versicherung nicht halt. Jede Reparatur ist deutlich teurer geworden; das betrifft die Ersatzteile und die Arbeitsstunden in einem Reparaturbetrieb. Durch die Lieferketten-Probleme dauerten Reparaturen länger, auch das treibt die Kosten. Da sind wir schnell in Größenordnungen der Kostensteigerung von knapp zehn Prozent, das spüren wir in unseren Schadenaufwendungen. Die Inflationsrate lag 2022 im Durchschnitt bei fast acht Prozent. Die Kosten für Schäden sind bei Ihnen also etwas stärker gestiegen? Je nachdem; in der Transportsparte sind die Kosten für Schadenaufwendungen um 11,4 Prozent gestiegen, in anderen Bereichen liegen wir darunter. Der Rahmen bewegt sich so zwischen acht bis zwölf Prozent. Ersatzteile sind etwas höher gestiegen, die Reparaturkosten etwas weniger. Gab es weitere äußere Einflüsse, die sich auf die Schadenentwicklung ausgewirkt haben? Die Inflation war schon das dominante Phänomen, daneben bleibt der Klimawandel ein Thema. Wetterextreme nehmen tendenziell zu, auch wenn 2022 kein Jahr der besonderen Extreme war. Trotzdem hatten wir einige Elementar-Ereignisse: Im Februar gab es beispielsweise drei kurz aufeinanderfolgende Stürme. Insgesamt erleben wir, dass solche Extreme in der Häufigkeit und im Ausmaß zunehmen. Und das schlägt sich natürlich auch auf die Schäden durch. Wenn Schäden entstehen, müssen Sie zahlen. Sie haben also Interesse daran, dass weniger Schäden entstehen. Wie unterstützen Sie Ihre Kunden, damit das gelingen kann? Auf vielfältige Weise - und nicht nur, um bei uns Kosten einzusparen. Es ist ja auch im Sinne unserer Kunden. Denen ist es auch lieber, wenn kein Schaden entsteht. Wir bieten zum Beispiel im Zusammenspiel mit den SVGen Schulungen zur Schadensprävention an. Unsere Kravag-Tochter SVG Consult berät unsere Kunden bei deren Risiko- und Schadensverhütungsmanagement. Letztendlich hilft auch unser Service Kravag Truck Parking, Schäden zu vermeiden. Hier sorgen wir dafür, dass Fahrer vernünftige Übernachtungs- und Ruheplätze finden. Neben anderem dient dies auch dazu, Übermüdung und Unfälle zu vermeiden. Ein gut ausgeruhter Fahrer kann nach einer sicheren Nacht am nächsten Tag wieder sicher fahren. Wie entwickelte sich das Schaden-Kosten-Verhältnis 2022 bei der Kravag? Im Vergleich zum Vorjahr ist die sogenannte kombinierte Schaden-Kosten-Quote, Combined Ratio, leicht gestiegen auf 95,8. Sie beschreibt, wie viel wir von 100 Euro Einnahmen für Schäden und Kosten aufwenden. Es bleiben damit rund vier Euro übrig. Das ist noch in Ordnung. Die Herausforderung liegt darin, dass die Inflation derzeit nur langsam sinkt. Wenn Sie bei vier Prozent Marge liegen, aber weiter mit einer Inflation von sechs bis acht Prozent rechnen müssen, entsteht aus einer vierprozentigen Marge schnell eine rote Zahl. Wie können Sie hier reagieren? Ganz allgemein: Wir unterstützen weiterhin und noch mal intensiviert unsere Kunden dabei, wie sie Schäden verhindern können. Jede Schadenprävention hilft, die Kosten zu reduzieren. Zum anderen müssen wir die höheren Schadensummen, die sich aus der Inflation ergeben, in die Prämien, in die Preise, mit einkalkulieren. Gibt es bestimmte Sparten, die 2022 wachsen konnten? Gab es Wachstumstreiber? Welche Sparten sind eher nicht gewachsen? Wir sind in allen Sparten gewachsen; im Bereich Kfz mit 0,6 Prozent, im Bereich Transport mit 3,2 Prozent. Ein Wachstumstreiber und zugleich Ausreißer waren die sogenannten Nebensparten mit acht Prozent. Was verbirgt sich dahinter? Darunter fallen vor allem Reiseversicherungen. Das Reiseverhalten hat sich nach der Corona-Pandemie etwas normalisiert, darin begründet sich das besondere Wachstum. In welchen Sparten haben Sie die meisten Kunden? Hat sich hier im Vergleich zu den Vorjahren etwas verändert? Die führenden Sparten sind Kfz und Transport. Das gilt unverändert. Was würden Sie denn als wichtigste Entwicklungen sehen für sich, aber auch für Ihre Kunden? Einerseits haben wir die allgemeine wirtschaftliche Lage: Inflation, Lieferketten-Probleme, eine leichte Rezession. Was heißt das für Kunden, für deren Geschäftsentwicklung und damit auch deren Versicherungsbedarf? Zum anderen ist der Fachkräftemangel ein großes Thema. Ein weiteres: Nachhaltigkeit - vor allem, aber nicht nur, in Bezug zu Umwelt und Klimawandel. Das ist für unsere Kunden sehr relevant, aber auch für uns als Versicherungsbranche. Wie begleiten wir die Kunden auf dem Weg zur Nachhaltigkeit? Was können wir selbst tun, um nachhaltiger zu agieren? Bleibt noch der Evergreen Digitalisierung. Wir sind hier seit vielen Jahren auf dem Weg, aber man ist natürlich nie fertig. Und die Möglichkeiten entwickeln sich immer weiter. Wie können Sie Ihren Kunden beim Thema Fachkräftemangel helfen? Wir haben Angebote, die unsere Kunden unterstützen können, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Rund um das Transportgeschäft fallen darunter etwa Schadenprävention und Kravag Truck Parking. Ein Stück weit helfen wir damit, sichere, angenehme Arbeitsplätze zu schaffen. Außerdem bieten wir betriebliche Altersversorgung und betriebliche Krankenversicherung. Mit diesen können Unternehmen als Arbeitgeber noch einmal punkten. Wie wird die betriebliche Altersvorsorge nachgefragt? Grundsätzlich sehr gut. In der Logistikbranche speziell würden wir uns noch mehr Drive wünschen, aber die Nachfrage steigt auch hier. Es ist ein gutes Instrument, um Mitarbeiter zu binden. So lassen sich nicht nur neue Mitarbeiter gewinnen. Welche nachhaltigen Lösungen entwickeln Sie, welche bieten Sie an? Gerade im Transportbereich stellt sich die Frage, wie man mit neuen Antriebsformen umgeht - sei es zum Beispiel E-Mobilität oder Wasserstoff. Wir wollen als Partner zur Seite stehen. E-Lkw sind teurer. Daher gilt es darauf zu achten, ob diese Fahrzeuge gleichermaßen im Versicherungsschutz abgedeckt sind, ebenso wie deren teure Akkus. Bei uns sind sie es. Wenn Sie eine Kravag-Police haben, können Sie sicher sein, dass Sie den gleichen vollumfänglichen Schutz für den E-Lkw besitzen wie für den Verbrenner. Wir glauben, dass viele unserer Kunden in den nächsten Jahren ihre ersten Schritte in diesem Bereich machen und den ersten E-Lkw anschaffen. Daher haben wir vorgebaut. Und wenn ein Unternehmen sich noch mehr engagieren will? Wir haben zusätzliche Lösungen für diejenigen, die in größerem Stil einsteigen. Zum Beispiel sind wir eine Kooperation mit MER Solutions eingegangen. Das ist ein Unternehmen für Ladekonzepte, Ladestationen und Ladekarten. Gibt es neue Produkte und Ideen, die sie in diesem Jahr vorantreiben möchten? Ja. Wir wollen unser Kundenportal Kravag-Online weiterentwickeln und zum Beispiel Rechnungen digital bereitstellen. Wir planen zudem ein Projekt im Kontext des Fachkräftemangels: "logistics@school". Hier wollen wir Schüler und Schülerinnen für Berufe in der Logistik begeistern - zusammen mit Unternehmen aus der Branche. Darf's noch mehr sein? Auf unserer Profiplattform VerkehrsRundschau plus haben wir das Interview in voller Länge veröffentlicht. Wer also mehr erfahren möchte zum neuen Umweltbonus für E-Nutzfahrzeuge oder dazu, was Unternehmen derzeit bei ihren Versicherungen im Blick haben sollten, kann sich dort informieren. mwi www.verkehrsrundschau.de/plus/endres-interview

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