Niedrige Hürden, viel Entlastung

Anbieter von Logistiksoftware gibt es unzählige, an Tourenoptimierern herrscht ebenfalls kein Mangel. Dennoch machen sich immer wieder Gründerinnen und Gründer auf, neue Lösungen zu entwickeln, die Speditionen und Transportunternehmen die Arbeit erleichtern sollen. Einer der Erfolgsfaktoren für diese Startups ist freilich, sich von etablierten Softwareanbietern am Markt abzusetzen. Ein Start-up, das vor allem kleine und mittlere Unternehmen beim Einstieg in die Digitalisierung helfen will, ist Impargo. 2018 mit kostenlosen Tools wie einem Mautrechner und einer einfachen Lkw-Tourenplanung an den Start gegangen, bietet das Berliner Unternehmen mit seinen Cargo-Apps mittlerweile eine SaaS-Lösung (Software-as-a-Service) nach dem Freemium-Prinzip an: Die Basics können Speditionen nach wie vor kostenlos nutzen, wer mehr Features möchte, zahlt extra. Europaweit tun dies bereits 500 zahlende Kunden, erzählt Impargo-Geschäftsführer Gerhard Hänel. Man wolle aber nicht "auf Teufel komm raus monetarisieren". Der Mehrwert der kostenfreien Nutzer liege schließlich im dadurch gebildeten Transportnetzwerk, so der Gründer. Nächster Schritt Verladerplattform Dieses Netzwerk wird denn auch weiter ausgebaut und die Zielgruppe auf Verlader erweitert. Seit Sommer dieses Jahres läuft der Betatest für das Impargo Shipper Portal. "Langfristige Vision dahinter ist die Nummer-1-Plattform zur Auftragsabwicklung für Industrie- und Handelsunternehmen im Straßengüterverkehr in Europa zu werden", formuliert Hänel das ehrgeizige Ziel. Fordert Impargo nun Transporeon & Co heraus? Der Geschäftsführer wiegelt ab: "Wir gehen damit nicht unter die klassischen Frachtvermittler, denn wir übernehmen keine Verantwortung für Transporte und mischen uns auch nicht in das Kommerzielle ein." Man agiere als neutraler Technologieprovider, der Verlader vergebe Aufträge direkt an seine festen Transportdienstleister oder nehme in einem geschlossenen Tool seine Ausschreibungen vor. "Was wir aber langfristig planen, ist eine Art Matching-Funktion, die den Verlader mit unseren existierenden Cargo-Apps-Nutzern verbindet." Vor allem aber will sich Impargo dadurch abgrenzen, dass gezielt kleine und mittelständische Verlader unter 20 Millionen Euro Transportvolumen pro Jahr angesprochen werden. "Natürlich würden wir aber auch keinen Konzern von der Bettkante stoßen", betont der Gründer. Das Motto, das schon bei den Cargo-Apps gilt, wird auch beim neuen Portal verfolgt: Die Integrationshürden so niedrig wie möglich halten. "Das bedeutet im Idealfall: heute anmelden und morgen starten", sagt Hänel. Das Realtime-Tracking will Impargo zunächst über die Smartphonebasierte Lösung aus den Cargo-Apps abwickeln. Wer Zugriff auf die ETA haben möchte, kann die Sendungsverfolgung bei seinem Carrier ordern. Und was kostet das Ganze? "Unsere Pilotkunden erhalten derzeit besonders attraktive Festpreis-Pakete, weil sie mit uns die Plattform weiterentwickeln", erklärt Hänel. Nach Launch solle transaktionsbasiert abgerechnet werden. "Dabei werden wir den Preis deutlich unter dem Niveau der etablierten Verladerplattformen positionieren." Mit dem Abschluss der Pilotphase rechnet Hänel im nächsten Jahr. Corona wird Digitalisierung befeuern Dann werde Impargo voraussichtlich auch die Gewinnzone erreichen, "obwohl Profitabilität nicht im Fokus steht", wie Hänel betont. Der Fokus liege auf Wachstum. Auch die Corona-Pandemie hat das Unternehmen nicht aus dem Tritt gebracht. Zwar habe man die steigende Unsicherheit bei den Kunden gemerkt. "Digitalisierung war zu dem Zeitpunkt so ziemlich das letzte Thema bei unseren Kunden, weil sie ums Überleben gekämpft haben", sagt Hänel. Glücklicherweise habe man trotz Corona Umsatzwachstum vorweisen können. "Laut Bitkom können das nur die Top 15 Prozent der Start-ups von sich behaupten", sagt Hänel. Langfristig werde die Pandemie das Gegenteil der anfänglichen Entwicklung hervorrufen: "Corona wird die Digitalisierung befeuern", ist sich der Impargo-Gründer sicher. Dass die Digitalisierung in der Logistik noch viel Potenzial hat, weiß auch Monja Mühling, Co-Gründerin und Geschäftsführerin von Smartlane. Das vor fünf Jahren in München gegründete Unternehmen ist mit der cloudbasierten Software Smartlane Transport Intelligence in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Als Kernzielgruppe hat sich mittlerweile die Stückgutlogistik herauskristallisiert. "Wir gehen damit einen Markt an, für den es Lösungen zur dynamischem Transportplanung so noch nicht gibt", erklärt Mühling. Dabei verfolge ihr Unternehmen einen ganzheitlichen Ansatz und hebe den kompletten Datenschatz, auf dem ein Transportlogistiker sitzt. Damit aus der statischen eine dynamische Planung werden kann, fließen viel mehr Faktoren ein als etwa Ladungsgewicht und Fahrzeuggröße: "Wir betrachten über 2oo Parameter in der Optimierung, von den Maßen des Stückguts über Fahrerverfügbarkeit und mögliche Zuladung der einzelnen Fahrzeuge bis hin zu Echtzeitverkehrsdaten und -prognosen", zählt Mühling auf. So könne die Software ermitteln, welche die jeweils schnellste und vor allem kosteneffizienteste Tour zu welchem Zeitpunkt ist. Damit der KI-Algorithmus trainiert werden kann, ist kundenseitig natürlich eine gewisse Datenbasis vonnöten. "Ein TMS sollte beim Kunden schon im Einsatz sein, damit wir uns per Schnittstelle andocken können", sagt Mühling. Auch bei Smartplane gilt: Die Integrationshürden werden niedrig gehalten. Die Anbindung dauert laut Mühling im Schnitt zwei Tage. Im Regelfall werden Ergebnisse im Hintergrund berechnet und direkt ins Kunden-TMS zurückgespielt, die Integration funktioniert aber auch umgekehrt. Algorithmen entlasten den Disponenten Und was bedeutet der Einsatz von Smartlane konkret für die Abläufe in der Disposition? "Der Mensch ist einfach nicht dafür gemacht, hunderte Faktoren gleichzeitig zu betrachten. Wir ersparen dem Disponenten enorm viel manuelle Arbeit, das betrifft sowohl Standardprozesse als auch Spezialfälle", sagt Mühling. Er könne sich also auf seine Kernaufgaben konzentrieren, nämlich die Kommunikation mit seinen Kunden und das Einbringen seiner ganzen Erfahrung in Extremsituationen. Auch die Co-Gründerin von Smartlane sieht optimistisch in die Zukunft. Zwar habe auch ihr Unternehmen die Auswirkungen der Corona-Pandemie kundenseitig gespürt. "Viele Logistiker, auch im Stückgutbereich, sind mit Neuinvestitionen vorsichtig geworden", räumt Mühling ein. Durch das steigende Sendungsvolumen habe die Digitalisierung in der Logistik aber noch derart viel Potenzial, "sodass wir aktuell überhaupt keine Zukunftsängste haben", betont sie. Das Unternehmen stehe bereits an der Schwelle zur Profitabilität, wolle aber auch weiterhin in Wachstum investieren. "Die nächste Finanzierungsrunde ist aktuell in Planung", sagt Mühling. Mehr zum Thema finden Sie unter #Startups www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Die Disposition, Tourenplanung und -optimierung mit digitalen Helfern effizienter zu machen - dies haben in den letzten Jahren auch einige Start-ups als Geschäftsidee entdeckt. Die Lösungen der jungen Unternehmen Impargo und Smartlane im Portrait. Freemium-Lösung für Spediteure Impargo wurde 2018 von Gerhard Hänel und Julian Labeit in Berlin gegründet und beschäftigt mittlerweile elf Mitarbeiter. Die auf dem Freemium-Prinzip konzipierte Cargo-Apps-Plattform beinhaltet unter anderem Lösungen zur Tourenplanung, Mautberechnung, Fahrzeugkostenrechnung und zum Transportmanagement. Über eine Driver-App kann der Disponent zudem Transporte an den Fahrer senden, mit ihm kommunizieren und Lkw verfolgen. Es gibt kostenlose Basic-Pakete, kostenpflichtige Pakete sowie Addons im "Pay as you go"-Verfahren. Impargo zählt aktuell über 40.000 Registrierungen und 5000 aktive Nutzer in allen europäischen Ländern. Als Nächstes steht der Aufbau einer Verladerplattform auf der Agenda. mh KI-basierte Disposition und Tourenoptimierung Smartlane wurde 2015 von Monja Mühling, Mathias Baur und Florian Schimandl gegründet. 2019 mit einer millionenschweren Finanzierung des Investors und TV-Jurors Frank Thelen und seiner Firma Freigeist Capital bedacht, beschäftigt das Münchner Unternehmen mittlerweile eine zweistellige Anzahl von Mitarbeitern und hat über 25 Kundenprojekte umgesetzt. Zu den Kunden zählen Großkonzerne wie Metro ebenso wie internationale Speditionen wie Fr. Meyer’s Sohn. Als Kernzielgruppe hat sich jedoch die Stückgutlogistik herauskristallisiert. Die cloudbasierte Software Smartlane Transport Intelligence arbeitet auf Basis von KI-Algorithmen und ermöglicht so eine auf Effizienz und Kostenersparnis angelegte, vollautomatische Disposition und Tourenoptimierung. mh

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