Ein internes Weiterbildungsangebot ist für die Mitarbeiterbindung und zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität, insbesondere für Nachwuchskräfte, essentiell. Unternehmen, die gezielt in die Qualifikation ihrer Belegschaft investieren, zeigen nicht nur Wertschätzung, sondern schaffen auch langfristige Perspektiven. In der nächsten Ausgabe der VerkehrsRundschau 12-13, die am Freitag, den 20. Juni, erscheint, finden Sie einen Artikel zu dem Thema.
Da Stöhr Logistik im April das „Ausbildungszertifikat“ von der Bundesagentur für Arbeit überreicht bekommen hat (mehr dazu am Ende des Artikels), haben wir Geschäftsführer Erwin Stöhr gefragt, welche Weiterbildungsmaßnahmen er anbietet und wieso er dies wichtig findet. Im Interview mit der VerkehrsRundschau hat er Einblicke in seine Unternehmensführung gegeben:
Herr Stöhr, haben Sie in Ihrem Unternehmen schon Mitarbeiter weiterqualifiziert? |
Ja, das haben wir. Zum Beispiel haben wir Lagermitarbeiter zu Lkw-Fahrern umgeschult – sie haben den Führerschein gemacht und sich so weiterqualifiziert. Ebenso haben wir Fahrer zu Disponenten weitergebildet. Und dann haben wir natürlich Verkehrsfachwirt oder Logistikmeister auch schon dabei unterstützt, die sich durch Weiterbildungsmaßnahmen weiterqualifiziert haben und dann auch bereit waren, höhere Aufgaben anzunehmen. |
Können Sie ein konkretes Beispiel nennen, etwa von einem Fahrer, der Disponent wurde? |
Ja, wir hatten Bedarf in der Disposition und haben überlegt, wer aus dem Team dafür infrage kommt. Man kennt ja seine Leute und manche Mitarbeitende äußern selbst Interesse, andere sprechen wir an – man weiß ja, was die Leute so können, wie dass sie privat schon mit Excel oder Computern umgehen können. Da geht man auf ihn zu und fragt ihn, ob er es sich vorstellen könnte und so kommt man ins Gespräch. Ein konkreter Fall war ein Fahrer mit Rückenproblemen, für den die körperliche Arbeit auf Dauer nicht möglich war. Wir haben ihm eine Umschulung zum Kaufmann angeboten, die er angenommen hat und er ist dann ins Büro als Disponent gegangen. Er war zu dem Zeitpunkt auch schon sechs/sieben Jahre bei uns. Mit einem Mitarbeiter, der erst ein halbes Jahr da ist, wird man nicht gleich irgendwelche Weiterbildungsmaßnahmen durchführen, sondern klar, man muss erstmal abwarten wie er sich entwickelt. |
Würden Sie sagen, dass dies ein Aufstieg ist? |
Ja, ich würde schon sagen, vom Lager zum Fahrer ist es ein Aufstieg, auch ein finanzieller. Und vom Fahrer zum Disponenten ist es auch ein Aufstieg. |
Gingen die Anfragen bisher von Ihnen aus oder von den Mitarbeitern selbst? |
Sowohl als auch würde ich sagen. Manchmal kommt ein Mitarbeiter auf uns zu und man findet eine gemeinsame Lösung oder wir haben auf Mitarbeiter schon eingewirkt und haben gesagt, willst das nicht machen? |
Was hat sie dazu bewegt, Mitarbeiter selbst anzusprechen? |
Ich finde es immer gut, wenn gute Mitarbeiter sich weiterbilden und sich weiterqualifizieren. Das bringt ja auch dem Unternehmen was. Für beide Seiten finde ich es gut, auch zur Mitarbeiterbindung und natürlich auch, um einen qualifizierteren Mitarbeiter zu haben. |
Welche Vorteile hat eine Weiterbildung für die Mitarbeitenden – abgesehen vom Gehalt? |
Sie können andere, verantwortungsvollere Aufgaben übernehmen, sich zum Beispiel in Richtung Vertrieb oder Speditionsleitung entwickeln. Es eröffnet neue Karrierewege und macht die Arbeit oft interessanter. |
Wie sieht eine solche Weiterbildung konkret aus und übernehmen Sie die Kosten? |
Wir hatten es schon, dass ein Mitarbeitender eine Ausbildung zum Kaufmann für Spedition und Logistikdienstleistungen gemacht hat und über diese Schiene dann ins Büro kam und dann in der Disposition von uns intern weitergebildet wurde. Die Ausbildung erfolgt regulär über die Berufsschule und die IHK. Da entstehen keine große Kosten, aber die übernehmen wir natürlich. Bei Weiterbildungen zum Verkehrsfachwirt – zum Beispiel über die DAV in Bremen – übernehmen wir ebenfalls die Kosten. Diese liegen etwa bei 4000 Euro. |
Wenn Sie einen Mitarbeiter weiterbilden, fehlt er nicht an anderer Stelle? Gerade Fahrer werden derzeit ja besonders gesucht. |
Das kommt jetzt auch nicht so häufig vor. In den letzten zehn Jahren haben wir nur einmal einen Fahrer ins Büro übernommen. Fahrer sind Mangelware, daher halten wir klar an ihnen fest. Wir bilden sehr viel aus, sowohl im Büro als auch auf dem Lkw haben wir den Großteil unserer Beschäftige selbst ausgebildet. Da können wir gut einschätzen, wer für welche Stelle geeignet ist. |
Spüren Sie den Fachkräftemangel? |
Ich sage jetzt mal, wir sind gut besetzt, wir haben momentan keine offenen Stellen. Aber besonders im Fahrerbereich sind wir permanent in der Akquise, weil es da doch immer mal wieder Veränderungen gibt. Momentan sind wir soweit besetzt, aber wir halten eigentlich immer die Augen und Ohren offen. |
Welche Maßnahmen ergreifen Sie gegen den Fachkräftemangel? |
Unsere größte Maßnahme ist die eigene Ausbildung – das machen wir seit über 25 Jahren, zum Beispiel Berufskraftfahrer. Was auch noch wichtig ist, dass man den Leuten einen attraktiven Arbeitsplatz zur Verfügung stellt. Außerdem bieten wir Unterstützung bei Wohnungssuche, Sprachkursen und so weiter. Wir versuchen, die Fahrer gut zu betreuen, dass sie einen Lkw haben, dass alles, was sie brauchen, im Fahrzeug ist, und dass das Fahrzeug ordentlich ausgestattet ist. Dazu kommt die Wertschätzung und der Umgang, dass sie sich wohlfühlen, dass sie gern bei uns arbeiten. |
Halten Sie Weiterqualifizierung für einen wichtigen Schritt, um Mitarbeitende zu halten oder überhaupt erst anzusprechen? |
Ja, auf jeden Fall. Wir haben dadurch sicherlich schon den ein oder anderen Mitarbeitenden im Unternehmen gehalten, der sich sonst vielleicht anderweitig umgesehen hätte. Natürlich sprechen wir hier nicht von großen Mengen – es sind nicht jedes Jahr 30 Leute, die wir intern weiterbilden. Aber es gibt immer wieder Mitarbeitende, die sich für höherwertige Arbeit eignen. Wenn wir ihnen keine Perspektive bieten, gehen sie womöglich zu einem anderen Unternehmen. Deshalb versuchen wir frühzeitig das Gespräch zu suchen, um gemeinsam auszuloten: Was möchten sie machen? Wie könnte das aussehen – in Vollzeit, Teilzeit oder berufsbegleitend? Da haben wir jetzt gerade auch wieder einen Fall: Ein junger Mann, der bei uns die Ausbildung zum Kaufmann gemacht hat, will sich jetzt zum Logistikfachwirt weiterbilden. Also er kam mit dem Wunsch auf uns zu, sich nach der Ausbildung weiterzuentwickeln. Die Schule fängt im September an und wir haben jetzt gemeinsam geschaut, wie sich das zeitlich und organisatorisch umsetzen lässt. Wenn wir gesagt hätten: „Nee, das geht bei uns nicht“, würde er sich eine andere Stelle suchen oder die Weiterbildung in Vollzeit machen– und wäre dann weg gewesen. Deshalb sagen wir lieber: Wir unterstützen das. In manchen Fällen stellen wir Mitarbeitende sogar komplett frei – für ein halbes oder ganzes Jahr. Andere machen die Weiterbildung berufsbegleitend. |