Günstig zum Gebrauchten

Wer aktuelle Aktionen der Nutzfahrzeughersteller ansieht, dem bleibt nicht verborgen, dass ein großes Angebot einer ausgebremsten Nachfrage gegenübersteht. Die Folge: Auch wer mit der Anschaffung eines Second-Hand-Lkw liebäugelt, fährt aktuell mit wenig Risiko. Scania etwa lockt mit qualitätsgeprüften Gebraucht-Lkw im Allin-one-Paket ab einer monatlichen Rate von 850 Euro: Neu ist, dass das Kilometerleasing von qualitätsgeprüften Fahrzeugen mit Wartungs- und Telematik-Dienstleistungen kombiniert wird. Obendrauf gibt es einen Antriebsstrang-Reparaturvertrag für die ersten zwölf Monate kostenlos. Auch OK Trucks, der Gebraucht-Lkw-Arm von Iveco, will in diesen Tagen zum "sorgenfreien Durchstarten" animieren und bewirbt Leasingverträge für gebrauchte Zugmaschinen inklusive zwei Jahren Garantieverlängerung und Triebstrangabsicherung. Sandra Bartl, bei Iveco fürs Marketing Pre Owned Deutschland zuständig, sieht eine klare Tendenz zu Premium-Fahrzeugen, "da diese top aufbereitet sind und umfangreiche Garantieleistungen beinhalten". Stralis-Sattelzugmaschinen könne man derzeit ab 679 Euro pro Monat leasen, inklusive umfangreicher Garantie- und Wartungsleistungen. Wer sich in unsicheren Zeiten scheut, gleich einen mehrjährigen Leasingvertrag abzuschließen, dem nimmt MAN TopUsed so manche Angst: Gebrauchte Lkw bei einem Kilometervertrag mit einer Gesamtlaufzeit von 24 Monaten können ab sofort vorzeitig nach über sechs Monaten zurückgegeben werden, ohne dass eine Vorfälligkeitsgebühr oder Ähnliches fällig wird. Inkludiert ist eine Antriebsstranggarantie, ein Wartungsvertrag lässt sich individuell abschließen. Preise bedingen einander Sind solche Angebote nur der Corona-Krise geschuldet? Nicht zwingend. "Die hohen Abschläge im Lkw-Markt gab es bereits in den letzten zwei Jahren", stellt Peter Hellwich, Inhaber der PHS Fuhrpark- und Logistikberatung aus Germering, fest. "Was wir jetzt erleben, ist, dass einem ohnehin großen Angebot eine krisenbedingt gesunkene Nachfrage gegenübersteht, weil viele Unternehmen in eine unsichere Zukunft blicken", so der Experte. Da die Preise für Fahrzeuge immer direkt voneinander abhängen, hätten hohe Abschläge bei Neufahrzeugen entsprechenden Einfluss auf die Gebrauchtfahrzeugpreise. Das lässt sich übrigens auch auf den einschlägigen Internetportalen für gebrauchte Fahrzeuge beobachten. Laut Daten, die der globale Onlinemarktplatz für gebrauchte Nutzfahrzeuge Tradus zur Verfügung gestellt hat, gaben die Durchschnittspreise für Lkw zwischen Mai 2020 und Juni 2020 um 4,1 Prozent nach. Nicht nur auf den Kaufpreis schielen "Für Unternehmen, bei denen Auftragslage und Liquidität stimmen, ist jetzt sicherlich der richtige Zeitpunkt, den Fuhrpark zu erneuern", sagt Hellwich. Das bestätigt auch Bartl von Iveco: "Aktuell sind alle Hersteller unter Druck und bieten für junge Gebrauchte sehr gute Konditionen an." Nun ist der reine Anschaffungspreis längst nicht alles - umso genauer sollten potenzielle Käufer prüfen, ob und zu welchen Konditionen sich ein Gebraucht-Lkw lohnt. "Im Lebenszyklus eines Lkw im Fernverkehrseinsatz entfallen rund 80 Prozent auf variable Kosten", betont Hellwich und verweist darauf, dass die Entscheidung für ein Gebraucht-Angebot nie allein von der Restwertermittlung abhängig gemacht werden sollte. Das Zauberwort lautet Total Cost of Ownership (TCO): Nur daran lasse sich einschätzen, ob das unschlagbar günstig anmutende Aktionsangebot für einen Gebrauchten eine wirkliche Ersparnis gegenüber dem Neukauf bringt. Mehr zum Thema unter #MieteKaufFinanzierung www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Wer jetzt seinen Lkw-Fuhrpark erneuern oder erweitern möchte, hat gute Karten: Nicht nur für Neufahrzeuge, auch für junge Gebrauchte gibt es günstige Konditionen. Bei Letzteren gehen die Lkw-Hersteller verstärkt dazu über, "Rundum-sorglos"-Pakete inklusive Garantie und Wartungsvertrag zu schnüren. Tipps vom Fuhrparkberater - Werfen Sie Faustregeln, nach denen Sie bislang Ihre Flotte geplant haben, über Bord. Wenn Sie bislang grundsätzlich alle drei Jahre Ihre Lkw erneuert haben, bedeutet das nicht, dass diese Strategie unter den veränderten Marktvorzeichen noch wirtschaftlich ist.- Sehen Sie sich Ihre Flotte genau an. Hinsichtlich Auslastung kann es sich lohnen, den Leasingvertrag für Lkw mit weniger Kilometern auf dem Tacho zu verlängern. Wenn Sie viele ältere Fahrzeuge haben, wäre dagegen jetzt der richtige Zeitpunkt, sie zu ersetzen - vorausgesetzt, Sie haben den finanziellen Spielraum.- Passen Sie beim Gebrauchtkauf genau auf, ob der Preisabschlag, der heute für das vergleichbare Neufahrzeug geboten wird, auch beim Gebrauchten vorzufinden ist. Schauen Sie umso genauer hin, wenn das Gebrauchtangebot schon länger aktiv ist: Der Händler, der das Fahrzeug seinerzeit zu teureren Konditionen gekauft hat, wird kein Minusgeschäft machen wollen.- Machen Sie Ihre Entscheidung für ein Gebraucht-Angebot nie allein von der Restwertermittlung abhängig, sondern führen Sie eine TCO-Analyse durch. Dazu zählen neben der Einsatzart Faktoren wie Auslastung, Laufleistung, Kraftstoffverbrauch, Reifenverschleiß und Wartungskosten.- Überlegen Sie gut, ob und in welchem Umfang Sie auf technischen Fortschritt verzichten möchten. Neufahrzeuge bieten nicht nur die moderneren Assistenzsysteme, sondern verbrauchen oft weniger Kraftstoff, was sich wiederum auf die TCO-Rechnung auswirkt.- Serviceverträge geben Sicherheit - das gilt in Krisen- wie auch Nichtkrisenzeiten. Es gibt aber kein betriebswirtschaftliches Argument, warum man speziell in Corona-Zeiten unbedingt welche abschließen sollte, auch wenn viele Hersteller diese "Rund-um-sorglos"-Pakete gerade offensiv bewerben. Auch die Frage Wartungsvertrag ja oder nein richtet sich zuallererst nach den TCO - und erst dann nach dem jeweils individuellen Sicherheitsbedürfnis. mh

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