„Die Fracht braucht die Nacht“, fordern die Unterstützer der gleichnamigen Initiative gegen ein absolutes Nachtflugverbot am Flughafen Frankfurt/Main. Die beteiligten Verbände und Lufthansa haben ein vitales Interesse daran, dass auch künftig eine gewisse Mindestanzahl von Nachtflügen am Drehkreuz zwischen 23:00 und 5:00 Uhr stattfinden kann. Lufthansa Cargo verbindet mit dieser Frage sogar die Fortführung der Frachtaktivitäten am Standort. Ebenso hoch muss man jedoch das Interesse der betroffenen Anwohner einschätzen, die zu Recht fordern: „Die Anwohner brauchen ihren gesunden Schlaf.“
Der Ausgleich von wirtschaftlichen Belangen und dem Ruf nach wirkungsvollem Lärmschutz ist keine leichte Aufgabe. Sie ist umso schwieriger, als es derzeit keine ausreichende gesetzliche Grundlage dafür gibt. Das Luftverkehrsgesetz enthält zwar die Forderung, dass die Bevölkerung vor unzumutbarem Fluglärm zu schützen sei, nicht jedoch wie dieses Schutzbedürfnis gegen wirtschaftliche Belange abzuwägen ist. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, das in der letzten Instanz darüber zu entscheiden hat, ob und wie viele Nachtflüge in Frankfurt möglich sein werden, muss auf den bestehenden gesetzlichen Grundlagen entscheiden – und die sind nun mal klar zugunsten der Anwohner gestrickt. Im Koalitionsvertrag hat die Regierung angekündigt, das Luftverkehrsgesetz entsprechend zu „präzisieren“.
Aber wie viel Präzision ist überhaupt möglich, soll doch ein wirtschaftliches Interesse gegen ein persönliches Gut wie Gesundheit und Wohlbefinden gegengerechnet werden? Es ist im Grunde unmöglich, zwei so verschiedene Kategorien aufzurechnen. Und so ist zu befürchten, dass auch dem Gesetzgeber kaum klare Leitlinien einfallen werden. Die Folge: auch an anderen Flughäfen, wo Kapazitäten erweitert werden sollen, wird künftig darüber gestritten werden, was man den Anwohnern zumuten kann und was nicht. Fluglärm bleibt ein Dilemma.
Dietmar Winkler, Redakteur