CO2-Reduktion bei Aufliegern: Vecto und die neuen EU-Vorgaben

Die EU hat Fakten geschaffen und Anfang 2024 Flottengrenzwerte für gezogene Einheiten verabschiedet. So sollen Auflieger dazu beitragen, den CO2-Ausstoß des Lastzugs bis zum Jahr 2030 um zehn Prozent zu verringern. Für Anhänger sind es 7,5 Prozent. Jedoch steht die Bezugsgröße noch nicht fest, da die Monitoring-Phase noch nicht begonnen hat, während der mit Hilfe des Simulationswerkzeugs Vecto der Status quo ermittelt wird. Die Zeit, die der Industrie anschließend bleibt, um im Mittel ihrer jeweils verkauften Fahrzeugflotte die Vorgaben zu erreichen, ist also kurz, die Bedenken groß. Sollte es den Fahrzeugbauern nicht gelingen, drohen ihnen Strafzahlungen von 4.250 Euro pro Gramm CO2 und Tonnenkilometer (gCO2/tkm). Da die Nulllinie noch nicht feststeht, ist eine genaue Einschätzung der Höhe der Belastung für die Hersteller nicht möglich. Vertreter von Krone und Kögel rechnen mit einer Lücke zwischen 2,5 und drei Prozent im Jahr 2030. Bei einem Fahrzeugabsatz von bis zu 40.000 Trailern summiert sich die Strafe laut Dr. Frank Albers, Geschäftsführer Vertrieb und Marketing bei Krone, auf mehrere hundert Millionen Euro. "Nur wenige große Flotten setzen sich bislang mit dem Thema auseinander", sagt Alfons Veer, Geschäftsführer Technik (CTO) bei Krone. "Die Konsequenzen aus den Strafzahlungen sind vielen Flottenbetreibern noch nicht bekannt", ergänzt Albers. "Sie sehen die Gefahr eines Aufpreises auf gezogene Einheiten von bis zu 50 Prozent nicht", erklärt er. Doch noch ist Zeit, auf das Ziel hinzuarbeiten. Vecto gibt Aufschluss darüber, welche Effizienzmaßnahmen der Gesetzgeber als sinnvoll erachtet, um den CO2-Ausstoß zu senken. "In der aktuellen Version von Vecto sind Reifen, Lenk- und Liftachsen sowie aerodynamische Maßnahmen, Masse und Abmessungen enthalten", berichtet Heinz Fust, Bereichsleiter Homologation/Technische Dienste bei Krone. "Dass leichte Fahrzeuge bevorzugt werden, passt uns gut. Nicht nur, weil wir seit langem besonders leichte Planenfahrzeuge anbieten. Auch unser neuer Kühler wird sehr gut abschneiden", sagt Paul Stempfle, Leiter der Vorentwicklung bei Kögel. Vecto-Update kommt Auch wegen Kritik vonseiten der Industrie soll aber bald eine aktualisierte Version folgen. "Im ersten Zusatz der kommenden Vecto-Version sollen dann noch verstellbare aerodynamische Einrichtungen und E-Achsen beziehungsweise E-Trailer mit Antriebsachse berücksichtigt werden", erläutert Veer von Krone. Mit dem Update sei zwischen 2026 und 2027 zu rechnen. Grundsätzlich sind die Krone-Vertreter mit den Änderungsvorschlägen zufrieden. "Je mehr Optionen uns Vecto bietet, den CO2-Ausstoß zu senken, umso besser", sagt der Krone-CTO. Jedoch bleibe die Grundkritik bestehen. Das Simulationswerkzeug abstrahiere zu stark und betrachte nicht den Gesamtzug. "Daher werden effiziente Konzepte wie der Lang-Lkw unterschlagen. Es fehlt auch die Betrachtung von speziell für einen Nutzungsfall gebauten Trailern wie Faltwandkühlkoffer", mahnt er. Diese seien schwerer als Standardkühler, würden aber Leerfahrten vermeiden und seien daher effizient. Trotzdem werden sie von Vecto bestraft, da schwerer als Standardkühler. Auch Stempfle von Kögel weist auf den Vorteil hin, dass multifunktionale Fahrzeuge nie leer fahren. "Eine hohe Auslastung des Laderaums ist das Wichtigste für die Umwelt. Vecto setzt teilweise falsche Anreize. Es sollte Trailer vielmehr vom Ladungsträger her beurteilen - also wie viele Europaletten oder Gitterboxen in einen Laderaum passen", fordert er. "Es gibt nicht die eine Lösung für alle Fälle" Die AeroAlliance bietet laut Betreiber Dr. Rainer Buffo, Geschäftsführer des Aerodynamikspezialisten Aeco.Green, eine Plattform, auf der Unternehmen Aerodynamiklösungen anbieten, vergleichen und zu individuellen Kombinationen zusammenstellen können. Das soll sowohl Fahrzeugbauern als auch Zulieferern und Flottenbetreibern Vorteile bieten. Mit der Simulationsplattform NextTruck will Buffo die Möglichkeit geben, die Wirksamkeit individueller Kombinationen objektiv und markenübergreifend zu vergleichen, um die für den jeweiligen Einsatz am besten geeignete Ausrüstung zusammenzustellen. Im Gegenzug unterstützt die AeroAlliance Fahrzeugbauer und Zulieferer bei der Entwicklung und Zertifizierung von Windleitkörpern sowie bei der Abstimmung der herstellerindividuellen Systeme aufeinander. Buffo erwartet durch Windleitkörper ein CO2-Einsparpotenzial von bis zu acht Prozent bei vergleichsweise geringen Kosten. "Wir empfehlen Bauteile am Fahrzeug erst mal aerodynamischer zu konstruieren und dann erst an Zusatzkomponenten zu denken. Manchmal gelingen so erstaunliche Effekte mit wenig Aufwand und Zusatzgewicht", betont er. Kompensation für Megas "Zumindest volumenoptimierte Fahrzeuge, die wegen ihrer Höhe über eine schlechtere Aerodynamik verfügen, werden als Subgruppe erfasst und über einen Kompensationsfaktor wieder besser gestellt", sagt Fust von Krone. Sonst wäre es so, dass möglichst kleine Auflieger und Anhänger bevorzugt würden, die aber für mehr Transportaufkommen sorgten. Ein weiteres Beispiel für eine mögliche Kompensation betrifft laut Fust Trailer für den Kombinierten Verkehr (KV), deren Mehrgewicht über die geringere Laufleistung auf der Straße ausgeglichen werden soll. "Zumindest wurden unsere Anregungen positiv aufgenommen, die Anpassungen sind aber noch nicht bestätigt", schränkt Krone-CTO Veer ein. Bessere Reifen und Aerodynamik Den größten Hebel, um sich den Zielwerten anzunähern, bietet nach Einschätzung der Industrieexperten der Rollwiderstand der Trailer-Reifen. Bis zu fünf Prozent lassen sich hier demnach holen. "Wir sehen eine hohe Dynamik in der Reifenindustrie, die neue Generationen mit immer geringerem Rollwiderstand bei hoher Laufleistung einführt. Damit könnten sich je nach Einsatzsegment drei bis fünf Prozent holen lassen", sagt Veer. Doch wer Trailer auf der Schiene transportiere, greife lieber zu günstigeren Reifen mit schlechteren Eigenschaften, da sie dort oft beschädigt würden. Spätestens beim Ersatzkauf würden Pneus mit schlechterem Rollwiderstand und geringerer Laufleistung aufgezogen. Das berücksichtige Vecto jedoch nicht. Sicher ist demnach auch, dass aerodynamische Konstruktionen Einzug halten werden. "Wir validieren gerade verschiedene Konzepte", sagt Krone-Experte Fust. "Wie groß der Hebel der Aerodynamik sein wird, lässt sich erst mit Einführung der nächsten Vecto-Generation sagen", berichtet der Krone-CTO. Vermutlich sei es nicht eins-zu-eins das gemessene maximale Reduktionspotenzial unter idealen Bedingungen, mutmaßt er. In der Praxis sei es so, dass der Einsatz von bis zu 500 Millimeter langen Windleitkörpern am Heck nicht überall möglich ist, beispielsweise in der City. Daher rechne er mit einem Abzug. Auch Seitenverkleidungen haben laut Veer ein enormes Potenzial, aber die Kunden wollen sie je nach Beladungssituation nicht oder sie lassen sich im KV und bei RoRo-Verkehren aus technischen Gründen nicht verwenden. Zudem bringen Windleitkörper zusätzliches Gewicht in den Trailer ein. "Unser Ziel ist es, das Mehrgewicht durch Maßnahmen am Fahrzeug zu kompensieren - auch wenn wir heute schon nah an der Grenze des Möglichen sind. Ein Mehrgewicht von 100 Kilogramm bedeutet ein Plus von 0,1 Gramm CO2 pro Kilometer. Die Verkleidungen wiegen 200 bis 350 Kilogramm, erzeugen also über ihr Gewicht zusätzlich 0,2 bis 0,35 Gramm CO2", erklärt er. Werte, die Stempfle von Kögel bestätigt. Auch er sieht im Leichtbau noch Potenzial, wenn auch nicht genügend, um das Mehrgewicht auszugleichen. Potenzial groß, Anteil gering Auch elektrifizierte Achsen beziehungsweise E-Trailer mit Plug-in-Funktion könnten geringer bewertet werden, erläutert Michael Nimtsch, Geschäftsführer von Trailer Dynamics. Deren Beitrag zur CO2-Reduktion hänge stark von der Kapazität der mitgeführten Batterie ab. Tests haben laut Nimtsch belegt, dass ein E-Trailer je nach Spezifikation den Verbrauch der Zugmaschine um bis zu 40 Prozent senkt - und damit vier Mal so stark wie es das Flottenziel erfordert. "Die Herausforderung ist jedoch die Erreichung der Grenzwerte für die gesamte abgesetzte Flotte", argumentiert er. Anhänger müssen unterdessen nur 7,5 Prozent CO2-Ersparnis bringen, da sie aufgrund ihrer Bauart weniger Potenzial etwa für aerodynamische Verkleidungen bieten. "Davon abgesehen werden wir hier die gleichen Maßnahmen wie an Aufliegern ergreifen", sagt Fust von Krone. Vecto wird laut Krone-CTO Veer die Produktentwicklung massiv beeinflussen. "Trailer Dynamics wird uns dabei helfen, unseren CO2-Flottenwert zu verbessern." Ansonsten werde Vecto sich vor allem auf Kühler auswirken, da hier die Elektrifizierung am stärksten zum Einsatz kommt. Auch der K-Wert, also die Güte der Isolierung, könnte in den Berechnungen von Vecto künftig eine große Rolle spielen. Stempfle von Kögel stimmt zu: "K-Wert, elektrisch angetriebene Kühlmaschinen und E-Trailer eröffnen uns neue Perspektiven bei der Erreichung der Vorgaben." Krone will nun laut Vertriebschef Albers auch die Flottenbetreiber zur Diskussion anregen. Künftig könnte bei Abwahl energieeffizienter Optionen ein Mehrpreis anstehen. Das sieht Stempfle von Kögel kritisch: "Man wird in Zukunft Optionen ganz anders diskutieren. Aber ein Mehrpreis steht bei uns nicht zur Debatte." Neue effiziente Trailer und Aufbauten Einige Produktneuheiten revolutionieren derzeit den Trailermarkt. So hat Wecon mit dem Stackmax45 einen stapelbaren 45-Fuß-Wechselbehälter für ausgelastete KV-Terminals vorgestellt. Bis zu drei beladene oder vier leere Stackmax45 lassen sich aufeinanderstapeln. Der Aufbau wiegt leer rund 4,7 Tonnen. Einen ersten Blick auf seine neue digitale Plattform zur CO2-Reduktion gewährt Krone Anfang Juni auf der Fachmesse Transport Logistic in München. Mit dem Tool sollen sämtliche Fahrzeugdaten, Serviceprozesse und Telematikfunktionen über eine zentrale Benutzeroberfläche zugänglich sein. Die Lösung sei gezielt für die Anforderungen von Fuhrparks, Speditionen und Serviceverantwortlichen entwickelt worden, erklärt der Hersteller. Den Radstand verkürzt hat Schmitz Cargobull bei sechs Leichtbau-Curtainsidern für den Kunden PepsiCo. Nach dessen Erfahrung tragen die Fahrzeuge vom Typ EcoChamp LTO von Berger durch ein niedriges Eigengewicht ab 4,7 Tonnen, 1,5 Tonnen weniger als bei vergleichbaren Modellen, dazu bei, die Zahl der Fahrten um bis zu zehn Prozent verringern. Der verkürzte Radstand maximiere die Nutzlast für den Getränketransport, ohne die Antriebsachse zu überlasten.