Widerstand gegen Tiefensees Mautpläne

16.05.2008 14:23 Uhr
Tiefensee
Bundesverkehrsminister Tiefensee verärgert das Transportgewerbe mit seinen Mautplänen (Bild: ddp)
© Foto: ddp/Bollig

Die Mautharmonisierung steht auf der Kippe: Wirtschafts- und Verkehrsverbände lehnen vor allem die geplanten Kleinstbeihilfen ab

München. Der vom Bundesverkehrsministerium vorgelegte Vorschlag zur Mautharmonisierung stößt auf offene Ablehnung der Gewerbeverbände. Das Bundesverkehrsministerium plant in den der VerkehrsRundschau vorliegenden Entwürfen für die neuen Mautverordnungen drei Maßnahmen, um das deutsche Transportgewerbe zu entlasten. Über Kleinstbeihilfen, so genannte De-Minimis-Förderung, will Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) Unternehmen mit bis zu 33.000 Euro pro Jahr gefördern. „Mit den Verbänden ist hierzu ein Förderkatalog in den Bereichen Qualifizierung, Beschäftigung, Sicherheit und Umwelt erarbeitet worden“, verweist Ministeriumssprecher Sven Ulbrich auf die monatelangen Gespräche mit der Branche. Zudem soll das ursprünglich bis September 2008 befristete Innovationsprogramm um neun Monate verlängert werden (die VR berichtete). Außerdem hat das Verkehrsministerium die Pläne zurückgezogen, Euro-5-LKW bei den Mautklassen bereits 2009 abzustufen. Solange keine Euro-6-Fahrzeuge im Markt sind, bleiben Euro-5-LKW in der günstigsten Mautklasse. „Der vorgelegte Gesetzentwurf erscheint zur Erreichung des angestrebten Harmonisierungsziels nicht geeignet und wird abgelehnt“, schreibt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in einem Schreiben an das Verkehrsministerium. Der DIHK sieht - wie auch zahlreiche andere Verbände - in den De-Minimis-Beihilfen eine Benachteiligung größerer Unternehmen. Da die Summe der Förderung auf 100.000 Euro verteilt auf drei Jahre beschränkt sei, würden Unternehmen nicht im Verhältnis der von ihnen geleisteten Mautzahlungen entlastet, kritisiert der Verband. Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) hat berechnet, ab welcher Betriebsgröße es kritisch wird. Demnach beträgt pro Fernverkehr-LKW das harmonisierungsbedingte Umfinanzierungsvolumen 950 bis 1000 Euro. Das bedeutet, dass das Beihilfevolumen eines Unternehmens etwa bei dem 35. Fahrzeug ausgeschöpft ist. „Wir gehen davon aus, dass davon 2000 Unternehmen betroffen sind“, sagt Karlheinz Schmidt, Hauptgeschäftsführer des BGL. Das seien zudem häufig Firmen, die international im harten Wettkampf stünden. „Wir werden nicht zulassen, dass Klein- und Großbetriebe gegeneinander ausgespielt werden“, kündigt Schmidt an. Unterstützung erhält Tiefensee vom SPD-Verkehrspolitiker Uwe Beckmeyer, der sich jedoch „weitere unternehmenspolitische Lösungen“ vorstellen kann. Dagegen unterstützt sein Kollege von der CDU, Dirk Fischer, die Kritik des BGL. Ein weiteres Konfliktfeld in der Großen Koalition kündigt sich an. Zumal Fischer betont: „Bei der Frage einer Mauterhöhung hält meine Fraktion so lange den Daumen drauf, bis die Harmonisierung für das Gewerbe zufriedenstellend gelöst ist.“ Nach Ansicht von Schmidt befinden sich die Gespräche zur Harmonisierung derzeit in einer Sackgasse. Dabei gäbe es nach seiner Ansicht durchaus einen Ausweg, und zwar in Form einer Mautrabattregelung. Demnach sollten Firmen, die einen Mautumsatz von mehr als 350.000 bis 400.000 Euro pro Jahr haben, ein Mautrabatt von bis zu 13 Prozent gewährt werden. Dieser Rabatt würde nur für den über der besagten Summe liegenden Anteil der Mautzahlungen gelten. Das Verkehrsministerium weist diesen Ansatz zurück: „Ein Mautrabatt für Vielfahrer widerspricht der mit Einführung der Maut verbundenen Zielsetzung, die Nutzer der Autobahnen verursachergerecht an der Finanzierung der von ihnen verursachten Wegekosten heranzuziehen. Wer viel fährt, die Infrastruktur schädigt und die Umwelt belastet, soll dafür auch angemessen zahlen“, so das Ministerium auf VerkehrsRundschau-Anfrage. Zudem würde ein ‚Vielfahrerrabatt’ ausländische Nutzer begünstigen. Die Entlastungen für das deutsche Gewerbe wären folglich mit einer großen Streuwirkung verbunden, weist das Ministerium den BGL-Vorschlag zurück. (sb) Lesen Sie mehr zum Thema Mautharmoniserung in der aktuellen Ausgabe 20 der VerkehrsRundschau. HIER können Sie ein Abo bestellen. Die geplanten Mautsätze stehen am Ende dieser Seite als pdf-Datei zum kostenlosen Download bereit.

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