Verkehrsinvestitionsbericht: Es bröckelt

Nach Berechnungen der VerkehrsRundschau verbesserte sich die durchschnittliche Zustandsnote für die Brücken - gemessen an ihrer Fläche - im Berichtsjahr 2020 auf 2,72 nach 2,73 im Jahr zuvor. Den schlechtesten Wert hatten die Brücken nach einem kontinuierlichen Anstieg im Jahr 2014 mit der Durchschnittsnote von 2,74 erreicht. Trotz der leichten Verbesserung der Durchschnittsnoten sehen Infrastrukturexperten aber noch keinen Grund, sich zurückzulehnen. Erstens ist 2,73 in Schulnoten ausgedrückt nur eine "Drei plus". Zweitens ist nach Einschätzung der Experten die Verteilung auf die einzelnen Noten weit von einem gesunden Zustand entfernt. Kritisch sehen sie einerseits, dass mehr als zehn Prozent der Brückenfläche im Bereich von 3,0 bis 3,4 liegen. Zum anderen ist die "Brückenzustandsnote" methodisch fragwürdig, um Sanierungsbedarf aus Sicht des Kfz-Verkehrs zu identifizieren, erläutert Christian Funke, Geschäftsführer des Straßenbau-Verbands Pro Mobilität: Auch marode Geländer könnten zu einer Abwertung führen. Oder umgekehrt: Ein saniertes Geländer könne eine Aufwertung zur Folge haben. "Man weiß also nicht, ob eine Verbesserung nur auf dem Papier stattfindet oder am Bauwerk", so Funke. Weitere Brücken-Desaster? Indikator für eine ungesunde Bestandsstruktur ist der geringe Anteil von Brücken mit einer Eins vor dem Komma. Lag er 2009 noch bei 15,6 Prozent, sind es 2020 nur noch 12,9 Prozent. Langfristige Zugewinne gab es nur bei den mittleren Notenbereichen von 2,0 bis 2,9. Das spricht nach Einschätzung von Funke für eine Instandhaltungsstrategie, die auf eine bessere Durchschnittsnote zielt; es liege jedoch auf der Hand, dass die Brücken mit derzeit "mittleren" Noten mittel- und langfristig in den Bereich schlechter Zustandsnoten fallen. Hinter vorgehaltener Hand ist aus Kreisen der Straßenbauer des Bundes zu hören, dass weitere Desaster wie an der Rahmede-Talbrücke oder den beiden Rheinbrücken im Zuge von A 1 und A 40 überhaupt nicht auszuschließen sind. Immerhin hat der Bund das Problem der geringen Aussagekraft der Brückenzustandsnoten erkannt. Der Anfang 2022 vorgestellte neue Indikator "Traglastindex" hebt auf die Tragfähigkeitsdefizite der Bauwerke ab. Zeitreihen gibt es naturgemäß noch nicht. Deutlich wird aber beim Vergleich von Zustandsnoten und Traglastindex nach Flächen, dass der Anteil von Problembrücken mit 16 Prozent höher ist, als die Zustandsnoten (12 Prozent) bisher vermuten ließen. Der Verkehrs-Investitionsbericht informiert auch über den Zustand der Bundesstraßen-Fahrbahnen. Zwar haben sich hier die Durchschnittsnoten 2019/2020 gegenüber der Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) von 2015/2016 nur in der zweiten Nachkommastelle verschlechtert, anhand der Verschiebung der Notengewichte ist jedoch ein gewisser Instandhaltungsstau erkennbar. Die Mehrzahl "Durchschnittsnoten" ist deshalb nötig, weil bei der ZEB zwischen Gebrauchswert und Substanz unterschieden wird: In den Gebrauchswert fließen Griffigkeit und Ebenheit der Fahrbahnoberfläche ein; in den Substanzwert geht der Wert für die Ebenheit ein, aber auch Risse und Flickstellen, die zwar aus Sicht des Kraftfahrers keinen Unterschied machen, aber den Straßenbauern Handlungsbedarf signalisieren. Während beim Substanzwert langfristig eine leichte Verschiebung in den besseren Notenbereich erkennbar ist, hat sich die Notenverteilung beim Gebrauchswert hin zu den Extremen entwickelt: Sowohl sehr gute Zustände als auch sehr schlechte Zustände haben an Gewicht gewonnen. Geplante Etat-Steigerung unzureichend Angesichts des insgesamt unbefriedigenden Zustandes der Straßeninfrastruktur und der jetzt schon absehbaren überproportionalen Baupreis-Steigerungen für Brücken hält Funke die geplante Steigerung des Straßenbau-Investitionsetats des Bundes von aktuell 8,4 auf 8,468 Milliarden 2023 für absolut unzureichend. "Der Aufbau von dringend benötigten Kapazitäten, Ausbildung, Personal und neuen Maschinen bei Unternehmen und Verwaltungen wird nur zu erreichen sein, wenn das aufgebaute Vertrauen in einen langfristig angelegten Investitionshochlauf durch eine angemessene Finanzplanung nicht enttäuscht wird." Brücken im deutschen Autobahn-Netz 28.000 Brücken-Teilbauwerke liegen im deutschen Autobahnnetz in der Verantwortung des Bundes Davon befinden sich 21.000 direkt im Zuge der Autobahnen, der Rest sind Überführungen anderer Straßen über Autobahnen Zusammen haben sie 31 Millionen Quadratmeter Brückenfläche, das entspricht 4350 Fußballfeldern Rund 10.000 Teilbauwerke wurden in den Jahren 1965 bis 1979 gebaut Mehr zum Thema unter #VerkehrsinfrastrukturBau www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Brücken im deutschen Autobahn-Netz Seit 2009 werden im Verkehrsinvestitionsbericht jährlich im Sommer die bundesweiten Verkehrsausgaben des jeweils vorletzten Jahres veröffentlicht. Er gibt auch Aufschluss über die Zustandsentwicklung von Brücken und Fahrbahnen. Und um diese ist es laut dem aktuellen Bericht nicht sonderlich gut bestellt.- 28.000 Brücken-Teilbauwerke liegen im deutschen Autobahnnetz in der Verantwortung des Bundes- Davon befinden sich 21.000 direkt im Zuge der Autobahnen, der Rest sind Überführungen anderer Straßen über Autobahnen- Zusammen haben sie 31 Millionen Quadratmeter Brückenfläche, das entspricht 4350 Fußballfeldern- Rund 10.000 Teilbauwerke wurden in den Jahren 1965 bis 1979 gebaut

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