Gezielte Anreize und Investitionen sind besser als Zwang: Unter diesem Leitmotiv bitten vier Verbände des internationalen (Straßen-)Güterverkehrs in einem Brief an die deutsche EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) darum, auf einen Vorschlag zur Einführung von verpflichtenden Kaufquoten von Null-Emissions-Lkw (ZEV) für Flottenbetreiber zu verzichten. Nach eigenen Angaben will die EU-Kommission einen solchen Gesetzesvorschlag noch bis Ende des Jahres veröffentlichen. Sie will damit erreichen, dass mehr ZEV auf Europas Straßen fahren und sich die Dekarbonisierung des europäischen Straßenverkehrs dadurch beschleunigt.
Unklare Pläne der EU-Kommission
Was genau die Kommission im Einzelnen plant, ist noch nicht bekannt. Der Vorschlag müsste in der Folge überdies noch vom Europaparlament und den EU-Mitgliedstaaten in ein Gesetz umgewandelt werden. Allerdings befürchten die Unterzeichner jetzt schon, dass in jedem Fall der Gütertransportsektor unter einem Quotenzwang leiden werde.
Fehlende Wirtschaftlichkeit von ZEV
Grund für die Sorge sei die Tatsache, dass ZEV bislang für die meisten Akteure des Straßengütertransportsektors noch kein Business-Modell darstellen würden. ZEV – meist E-Lkw – seien in der Anschaffung weiter viel teurer als Diesel-Lkw, aber nicht so flexibel einsetzbar. Es fehle weiter an ausreichend öffentlicher E-Ladeinfrastruktur und den nötigen Stromnetzkapazitäten, um das Aufladen oder Tanken von ZEV ähnlich unkompliziert zu gestalten wie das Betanken von Diesel-Lkw.
Belastung für kleine und mittlere Unternehmen
Unter einem Anschaffungszwang von ZEV würden außerdem besonders die kleinen und mittleren sowie Mikro-Unternehmen leiden – und damit rund 95 Prozent der Straßengüterverkehrsunternehmen in Europa. Die könnten es sich wirtschaftlich nicht leisten, mit Fahrzeugen zu fahren, die ein strukturelles Minusgeschäft bedeuten. Für Spezialtransporte wie Kühl- oder Chemietransporte seien ZEV wegen der spezifischen Anforderungen an die entsprechenden Fahrzeuge in der Regel ebenfalls noch nicht praktikabel.
Forderung nach besseren Rahmenbedingungen
Statt verpflichtende Quoten für den Kauf von ZEV für Flottenbetreiber vorzuschlagen, fordern die Unterzeichner des Briefs die EU-Kommission dazu auf, mit gezielten Maßnahmen so gute Rahmenbedingungen für den Einsatz von ZEV zu schaffen, dass Unternehmen bzw. Flottenbetreiber von sich aus ZEV kaufen. Drei Maßnahmen seien dafür zentral: gezielte Anreize zum Kauf von ZEV, verstärkte Investitionen in die Ladeinfrastruktur sowie ein solider Finanzierungsrahmen zur Verwirklichung eines emissionsfreien Straßengüterverkehrs in der EU. Darunter verstehen die Verbände auch die Möglichkeit, Einnahmen aus der Maut verpflichtend wieder für Verkehrsprojekte zu verwenden.
Adressaten und unterzeichnende Verbände
Ihren Brief haben die vier Verbände an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen adressiert, in Kopie aber auch an die EU-Kommissare für Verkehr und Klima, den Griechen Apostolos Tzitzikostas, und den Niederländer Wopke Hoekstra geschickt.
Die Unterzeichner vertreten folgende Verbände: die Internationale Straßentransport Union (IRU), den Europäischen Verband für Spedition, Transport, Logistik und Zolldienstleistungen (Clecat), den Rat der Europäischen Verlader (ESC) und die Globale Kühlketten Allianz (GCCA).