Ab dem 1. Oktober 2025 sollen Arzneimittelimporte in die USA mit 100 Prozent Zoll belegt werden. Das hat US-Präsident Donald Trump angekündigt. Nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur (dpa) stünden damit deutsche Pharmaunternehmen vor großen Herausforderungen.
Das Statistische Bundesamt meldete für 2024 Pharmaexporte im Wert von 27 Milliarden Euro in die Vereinigten Staaten – fast ein Viertel der gesamten Branchenausfuhren. Die USA sind damit der wichtigste Absatzmarkt außerhalb der EU. „US-Zölle gefährden deutsche Arzneimittelexporte auf ihrem wichtigsten Absatzmarkt und setzen den Pharmastandort Deutschland unter Druck“, erklärte Jasmina Kirchhoff vom Institut der deutschen Wirtschaft.
Hintergrund: Trump will Produktion in die USA holen
Trump kündigte auf seiner Plattform Truth Social an, Unternehmen mit Produktionsstandorten in den USA von den Zöllen auszunehmen. Wer bereits Werke plane oder baue, könne die Abgaben umgehen. Mehrere internationale Konzerne wie Roche, Novartis, Sanofi und GSK haben bereits Investitionen in Milliardenhöhe in den USA angekündigt.
"Die Methode ist brachial und fragwürdig, doch die Botschaft dahinter ist eindeutig: Die USA schotten sich ab und zwingen die Wirtschaft zurück ins eigene Land", sagt Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin von Pharma Deutschland nach Angaben der dpa.
Zölle belasten Lieferketten und Versorgung
Die neuen Abgaben würden laut dpa nicht nur Exporte treffen. Deutschland importiert laut dpa jährlich Medikamente im Wert von rund 12 Milliarden Euro aus den USA sowie zahlreiche Vorprodukte für die Arzneiproduktion. „Die angekündigten Importzölle von 100 Prozent hätten gravierende Auswirkungen auf die internationalen Lieferketten, verteuerten die Produktion von Arzneimitteln und gefährdeten die Versorgung von Patientinnen und Patienten – sowohl in den USA als auch in Europa“, sagte VFA-Präsident Han Steutel.
Branche und Verbände üben Kritik
Der Verband forschender Pharmaunternehmen (VFA) kritisierte nach Angaben der dpa, dass Trumps Pläne bestehende Handelsabsprachen zwischen EU und USA verletzten, die eine Zollobergrenze von 15 Prozent vorsehen. Auch Wolfgang Große Entrup vom Verband der Chemischen Industrie sprach von einem „weiteren Schlag ins Gesicht“ und forderte die EU-Kommission auf, auf die Einhaltung der Vereinbarungen zu bestehen.
Auch der Verein Pharma Deutschland weist darauf hin, dass sich die EU und die USA erst vor wenigen Wochen auf einen Zollsatz von 15 Prozent für Arzneimittel verständigt haben, mit Zollfreiheit für Generika, um Stabilität zu schaffen. Präsident Trumps Kehrtwende zeige aber einmal mehr, wie unberechenbar die internationale Handelspolitik geworden sei.
Die geplanten Zölle betreffen auch Spediteure, Luftfrachtunternehmen und Speziallogistiker. Da die Pharmaindustrie stark auf temperaturgeführte Transporte und GDP-konforme Lieferketten angewiesen ist, könnte eine Verlagerung der Produktion in die USA das Transportvolumen in Europa verringern und Handelsströme dauerhaft verändern
EU-Kommission bleibt gelassen
Die EU-Kommission rechnet nicht damit, dass die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Strafzölle von 100 Prozent auf deutsche und europäische Pharmaexporte tatsächlich greifen. Ein Sprecher in Brüssel verwies darauf, dass die EU und die USA in einer im August veröffentlichten gemeinsamen Erklärung zu Handelsfragen ausdrücklich eine Zollobergrenze von 15 Prozent auch für Pharmazeutika festgelegt haben. Diese Vereinbarung sichere europäischen Unternehmen zu, dass ihre Ausfuhren nicht mit höheren Zöllen belastet würden.