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US-Umweltbehörde zeigt ein Herz für alte Diesel

16.02.2018 09:49 Uhr
US-Truck
Außen neu, innen ein alter Dieselmotor – die Trump-Regierung will das weiterhin ermöglichen
© Foto: dell/stock.adobe.com

Alter Dieselmotor in neuer Karosserie: In den USA können Lkw-Händler die Abgasvorschriften mit diesem Trick umgehen. Die Obama-Regierung wollte das Schlupfloch schließen, doch nun hat sich das Blatt gewendet.

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New York/Washington. Die US-Umweltbehörde EPA will strengere Regeln für veraltete Dieseltechnik kippen. Konkret geht es um die Ausstattung neuer Lkw mit alten Motoren, die die Luft viel stärker verschmutzen als Fahrzeuge mit moderner Abgasreinigung. Diese „Glider Trucks“ genannten Abgasschleudern schaden der Umwelt mehr als Volkswagens Abgasbetrug, meinen die Wissenschaftler, die den VW-Skandal mit aufdeckten.

„Die EPA bringt die ältesten und dreckigsten Dieselmotoren von den Toten zurück – sie werden in glänzenden neuen Karosserien verkleidet“, sagt Rachel Muncrief vom Umweltverbund ICCT, der bereits 2012 die Untersuchungen zur VW-Dieselaffäre in Gang gebracht hatte. Dass alte Dieselmotoren in neue Lkw eingebaut werden dürfen, liegt an einer Ausnahmeregel. Sie sollte eigentlich dafür sorgen, dass unbeschadete Bauteile nach Unfällen wiederverwendet werden können. Truck-Händler nutzen dieses Schlupfloch jedoch schon seit Jahren, um verschärfte Emissionsregeln bei Neuwagen zu umgehen.

1,5 Millionen Tonnen Stickoxid durch „Glider Trucks“

Die US-Abgasvorschriften wurden seit 2010 immer strenger, parallel dazu nahm das Geschäft mit „Glider Trucks“ stark zu. Wegen des Verzichts auf moderne Abgasreinigung können die Lkw deutlich günstiger angeboten werden. Nach ICCT-Schätzungen stiegen die jährlichen Verkäufe von weniger als 1000 auf rund 10.000 solcher Trucks. Die Regierung von Barack Obama wollte die Praxis mit strikteren Regeln beenden, doch Donald Trump und sein EPA-Chef Scott Pruitt wollen diese nun wieder lockern.

Die Schäden für die Umwelt sind enorm: Dem ICCT zufolge übersteigt der Ausstoß des Schadstoffs Stickoxid bei den pro Jahr verkauften „Glider Trucks“ den der rund 482.000 kleineren vom Dieselskandal betroffenen VW-Autos um etwa das 13-fache. In den nächsten zehn Jahren würden US-Bürger durch diese Trucks zusätzlichen 1,5 Millionen Tonnen Stickoxid und zusätzlichen 16.000 Tonnen an Feinstaub ausgesetzt, was die Gesundheitskosten um zwölf Milliarden Dollar erhöhen dürfte.

Lobbyisten fordern „Make Trucks Great Again”

Offiziell wird die von Pruitt beabsichtigte Aufhebung der Obama-Regeln mit mangelnder Zuständigkeit seiner Behörde und dem Erhalt von Arbeitsplätzen begründet. Doch betroffen sind nur relativ wenige Jobs, der Lkw-Vertrieb an sich würde gar nicht behindert – es geht nur darum, die alten Dieselmotoren aus dem Verkehr zu ziehen. Auch große Truck-Hersteller wie Volvo oder Navistar und Flottenbesitzer wie der Paketdienst UPS sprechen sich dafür aus.

Laut „New York Times“ könnte die umstrittene EPA-Entscheidung in dubiosen Lobbyeinflüssen begründet sein. Im Zentrum der Affäre stehe die Unternehmerfamilie Fitzgerald aus Tennessee. Die Fitzgeralds, die den größten „Glider Truck“-Handel in den USA betreiben, hatten Trump bereits im Wahlkampf unterstützt. In Anlehnung an dessen Slogan „Make America Great Again“ verkaufen sie neben Lkw auch Kappen mit der Aufschrift „Make Trucks Great Again“. Die Familie spendete bei der Gouverneurswahl in Tennessee zudem üppig für die Kampagne der Republikanerin Diane Black, die ihr Anliegen bei EPA-Chef Pruitt vorantrieb.

Washington weist Vorwürfe zurück

Um die Regierung in Washington zu überzeugen, wurde laut „ New York Times“ auch eine Studie der Tennessee Technological University vorgelegt. Sie sollte belegen, dass die Schadstoffbelastung der Dieselmotoren harmloser als angenommen sei. Pruitt zitierte die Ergebnisse, als er im November empfahl, die Obama-Regulierung zurückzudrehen. Unterlagen, die der Zeitung vorliegen, zeigen jedoch, dass Fitzgerald für diese Studie nicht nur bezahlt hat, sondern auch den Bau eines neuen Forschungszentrums auf einem Firmengelände anbot. ICCT-Forscherin Muncrief bezeichnet die Ergebnisse der Studie schlicht als Schwindel.

Dem Bericht der „New York Times“ nach profitieren die „Glider Trucks“ auch noch von anderen Schlupflöchern wie Steuervorteilen und einer Ausnahmeregelung bei elektronischen Tracking-Systemen, die Fahrer vor Übermüdung schützen sollen. Den Verdacht der Günstlingswirtschaft weist man in Washington aber zurück. Pruitt sehe sich der Luftqualität verpflichtet, versicherte eine EPA-Sprecherin. Er stimme jedoch mit den Argumenten von Fitzgerald überein, wonach die Behörde die Verkäufe nicht begrenzen dürfe.

Noch ist man jedoch nicht am Ziel – die EPA muss ihre Pläne noch finalisieren. Zudem könnte die Angelegenheit wegen Klagen von Umweltschützern vor Gericht landen, was die Beseitigung der Obama-Regeln weiter verzögern würde. (dpa)

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