Urlaubsplanung

Urlaubsplanung Sommer, Sonne, Streit Anfang des Jahres wird in vielen Betrieben die Urlaubsplanung gemacht. Doch die Frage, wer wann freinehmen darf und wie lange, sorgt oft für Diskussionen. Hier die wichtigsten Regeln. Die Verteilung des Urlaubs ist einer der häufigsten Streitpunkte in Unternehmen. Chefs sehen sich hier in einer undankbaren Position: Sie müssen nicht nur die gesetzlichen Vorgaben beachten, sondern auch den Betrieb in Stoßzeiten am Laufen halten. Klar, dass nicht jeder Mitarbeiter zu seinem Wunschtermin in Urlaub gehen kann. Das wiederum stößt nicht immer auf das Verständnis der Belegschaft. Arbeits- oder Tarifvertrag ist maßgeblich Manfred Schmid, Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei Pinsent Masons, rät, diesbezüglich klare Ansagen zu machen: „Arbeitgeber sollten am Jahresanfang einen Urlaubsplan aufstellen und bei Konflikten das Gespräch suchen.“ Manchmal fängt der Streit schon bei der Frage an, wer wie viel Urlaub hat. „Der erste Blick geht in den Arbeitsvertrag und einen eventuell anwendbaren Tarifvertrag “, sagt Schmid. Sei dort nichts geregelt, gelte das Bundesurlaubsgesetz. „Dort sind für eine Sechs-Tage-Woche 24 Tage pro Jahr vorgesehen. Wer in einer Fünf-Tage-Woche arbeitet, erhält 20 Tage pro Jahr frei“, so der Experte. Bei Teilzeitkräften komme es darauf an, wie sich ihre Arbeitszeit über die Woche verteile. Wer an drei Tagen arbeitet, kommt beispielsweise auf zwölf Tage Mindesturlaub im Jahr. „Anspruch auf den vollen Jahresurlaub hat ein Mitarbeiter aber erst, wenn er mindestens sechs Monate im Betrieb ist“, erklärt Schmid. Vorher habe er Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat (siehe Kasten). Den Urlaub muss er im laufenden Kalenderjahr, also bis zum 31. Dezember, vollständig nehmen. Eine Übertragung auf die ersten drei Monate des Folgejahres ist nur in gesetzlich geregelten Ausnahmefällen erlaubt – und zwar dann, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe vorliegen. Konnte ein LKW-Fahrer etwa bis zum Jahresende seinen Urlaub nicht antreten, weil er für einen länger erkrankten Kollegen eingesprungen ist, darf er ihn übertragen. Die freien Tage müssen dann allerdings bis zum 31. März des Folgejahres genommen werden, sonst verfallen sie in aller Regel. Ausbezahlen muss der Arbeitgeber den Urlaub in diesem Fall nicht. „Eine Ausbezahlung sieht das Bundesurlaubsgesetz nur vor, wenn der Mitarbeiter den Urlaub aufgrund einer Kündigung nicht mehr nehmen kann“, sagt Schmid. Urlaub sei zur Erholung da und diene nicht dazu, die Vergütung aufzubessern. Schmid rät Arbeitgebern sogar ausdrücklich davon ab, dem Mitarbeiter den Urlaub auszubezahlen, selbst dann, wenn dieser das wünscht. „Der Urlaubsanspruch bleibt weiter bestehen. Der Arbeitnehmer könnte auch nach der Ausbezahlung den Urlaub noch verlangen.“ Ausnahmeregel für Langzeiterkrankte Von dem Grundsatz, dass nicht genommener Urlaub spätestens Ende März des Folgejahres verfällt, gibt es eine Ausnahme: Mitarbeiter, die wegen schwerer Krankheit über Jahre hinweg krankgeschrieben sind. Die Rechtsprechung hat hier in den vergangenen Jahren für Verunsicherung gesorgt. „Die Regelung nach dem Bundesurlaubsgesetz galt zunächst auch für langfristig erkrankte Arbeitnehmer“, erklärt Pia Alexa Becker, Fachanwältin für Arbeitsrecht. „Dann entschieden der Europäische Gerichtshof (EuGH) und das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass der Urlaubsanspruch nicht verfallen darf, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres beziehungsweise des Übertragungszeitraums arbeitsunfähig erkrankt war und er den Urlaub nicht nehmen konnte.“ Inzwischen habe das BAG dem Einhalt geboten. „Der Urlaub muss nun spätestens nach Ablauf eines Übertragungszeitraumes von 15 Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres genommen werden, sonst verfällt er, auch wenn die Arbeitsunfähigkeit länger dauert“, sagt Becker. Das gelte aber nur für den gesetzlichen Mindesturlaub (siehe Interview). „Vertraglich oder tariflich gewährter Mehrurlaub kann auch früher verfallen – je nachdem, was die Regelung vorsieht.“ 15 Monate nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres sei aber auch hier Schluss, sagt das BAG. „Der EuGH lässt in aktuelleren Urteilen allerdings erkennen, dass er den Urlaubsanspruch auch nach diesem Zeitraum nicht verfallen lassen will. Hier muss die weitere Entwicklung abgewartet werden“, weiß die Arbeitsrechtsexpertin. Urlaubsreihenfolge betrieblich regeln Neben diesen zum Teil komplizierten rechtlichen Vorgaben ist einer der häufigsten Streitpunkte die Frage, wer zu welchem Zeitpunkt in den Urlaub gehen darf. Anwalt Schmid stellt klar: „Darüber entscheidet der Arbeitgeber. Er muss aber die Wünsche der Arbeitnehmer berücksichtigen.“ So dürfe er nur Urlaub ablehnen, wenn im Einzelfall dringende betriebliche Gründe entgegenstünden oder aber, wenn Urlaubswünsche anderer Mitarbeiter vorrangig seien. „Hier muss der Arbeitgeber nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung seiner und den Interessen der Arbeitnehmer entscheiden“, weiß Schmid. Konkret bedeutet das: „Es spielen soziale Gesichtspunkte wie die Urlaubsmöglichkeiten von Partnern und Kindern, Alter und Betriebszugehörigkeit, die bisherige Urlaubsgewährung in besonders beliebten Zeiten sowie die Erholungsbedürftigkeit des Arbeitnehmers eine Rolle.“ Kollidieren Wünsche, empfiehlt der Anwalt, Urlaub rollierend zu vergeben. „Zudem sollten Arbeitgeber eine Richtlinie aufstellen, die regelt, wer unter welchen Voraussetzungen Vorrang genießt. Das sorgt für Transparenz und Gerechtigkeit.“ ❙❚■ Ina Reinsch, freie Journalistin Regeln bei Jobwechsel So berechnen Arbeitgeber den Jahresurlaub richtig Ein neuer Mitarbeiter wird eingestellt: Arbeitnehmer, die in der ersten Jahreshälfte eingestellt werden, haben nach sechs Monaten Wartezeit Anspruch auf den vollen Jahresurlaub. Stößt der Mitarbeiter erst nach dem 30. Juni dazu, hat er bei seinem neuen Arbeitgeber in diesem Jahr für jeden Monat Arbeit Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs. Ein Mitarbeiter verlässt den Betrieb: Arbeitnehmer, die bis zum 30. Juni ausscheiden, haben für jeden Beschäftigungsmonat Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs. Hat der Chef bereits mehr Urlaub gewährt, hat er Pech gehabt. Er kann ihn nicht zurückfordern. Das gilt zumindest für den gesetzlichen Mindesturlaub. Geht ein Mitarbeiter erst in der zweiten Jahreshälfte, hat er dagegen Anspruch auf den vollen Jahresurlaub. Voraussetzung ist, dass er mindestens sechs Monate bei dem Betrieb beschäftigt war. Der Chef muss den Resturlaub entweder innerhalb der Kündigungsfrist gewähren oder ausbezahlen. Urlaubsübertragung beim Wechsel: Damit Arbeitnehmer aufgrund eines Jobwechsels nicht mehr freie Tage bekommen, als ihnen zustehen, regelt das Bundesurlaubsgesetz, dass ein Anspruch auf Urlaub nicht besteht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist. Jeder Arbeitgeber muss seinem Mitarbeiter daher bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Bescheinigung über den bereits gewährten oder abgegoltenen Urlaub aushändigen. ir Interview „Vertragliche Regelungen sind sinnvoll“ Pia Alexa Becker, Fachanwältin für Arbeitsrecht in München, kennt die Urlaubsansprüche von lange erkrankten Mitarbeitern und rät Chefs, Vorkehrungen zu treffen, damit es nicht unnötig teuer wird. Warum unterscheiden die Gerichte zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und darüber hinausgehendem Urlaub? Pia Alexa Becker: Die Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes gelten nur für den zwingenden gesetzlichen Mindesturlaub und den Zusatzurlaub für Schwerbehinderte. Die gesetzlichen Verfallsregelungen können daher auch nur auf diese Anwendung finden. Über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehende Regelungen in Arbeits- oder Tarifverträgen können frei zwischen den Vertragsparteien vereinbart werden. Sie unterliegen lediglich der AGB-Kontrolle. Wie sollte der Arbeitgeber den über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaub regeln, damit er nicht mit unnötigen Zahlungsansprüchen konfrontiert wird? Der Arbeitgeber sollte regeln, dass im Falle von Langzeiterkrankungen nur der gesetzliche Mindesturlaub abzugelten, also auszubezahlen ist. Die Regelung erfolgt am besten im Arbeitsvertrag. Das gilt allerdings nur, wenn kein Tarifvertrag anwendbar ist, der für darüber hinausgehenden Urlaub eine andere Regelung trifft. Diese Regelung wäre dann vorrangig. Im Arbeitsvertrag muss aber deutlich werden, dass gesetzlicher Mindesturlaub und vertraglicher Mehrurlaub unterschiedlich behandelt werden. Im Vertrag sollte daher klargestellt werden, dass vertraglich vereinbarter Mehrurlaub verfällt, auch wenn der Arbeitnehmer diesen krankheitsbedingt nicht in Anspruch nehmen kann. Wie sieht die Situation bei schwerbehinderten Mitarbeitern aus? Schwerbehinderte haben bei einer Fünftagewoche Anspruch auf zusätzlichen bezahlten Urlaub von fünf Arbeitstagen pro Jahr. Dieser gesetzliche Zusatzurlaub wird wie der gesetzliche Mindesturlaub aus dem Bundesurlaubsgesetz aufrechterhalten, wenn ein schwerbehinderter Arbeitnehmer über längere Zeit hinweg aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit keinen Urlaub nehmen kann. ir „Anspruch auf einen vollen Jahresurlaub hat ein Mitarbeiter ab sechs Monaten Betriebszugehörigkeit“ Manfred Schmid, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Pinsent Masons Bei der Urlaubsübertragung von Langzeiterkrankten sind sich BAG und EuGH nicht ganz einig