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Tolle Stimmung, trübe Aussichten - Wohin steuert die Wirtschaft?

24.11.2011 14:14 Uhr
Verkennen die Unternehmer den Ernst der Lage?

Die Stimmung ist bombig, die Aussicht trüb / Ökonomen warnen: Vor einem herben Dämpfer sind Deutschlands Unternehmen nicht sicher

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Frankfurt/München. Staatsschuldenkrise, Rezessionsängste - und dann das: Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft wird besser. Verkennen die Unternehmer den Ernst der Lage? Oder zeichnen Volkswirte ein zu schwarzes Bild der konjunkturellen Aussichten?

Erstmals seit vier Monaten vermeldete das Münchner ifo Institut am Donnerstag wieder ein verbessertes Geschäftsklima für die gewerbliche Wirtschaft Deutschlands. Von Oktober auf November stieg der ifo-Index leicht von 106,4 auf 106,6 Punkte. Besonders die Geschäftserwartungen für die nächsten sechs Monate hätten sich verbessert, so das Fazit aus den Antworten der etwa 7000 Meldungen von Unternehmen aus Verarbeitendem Gewerbe, Bauhauptgewerbe, Groß- und Einzelhandel.

"Den Unternehmen geht es gut, trotz des ganzen Gejammers", resümiert Gertrud Traud, Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). "Die Bestellungen kommen nach wie vor rein - und viele Unternehmen sind froh, wenn es ein bisschen weniger wird, weil sie an der Kapazitätsgrenze arbeiten."

So berichteten kürzlich etwa die deutschen Werkzeugmaschinenbauer von vollen Auftragsbüchern noch bis weit ins Jahr 2012 hinein und einer Auslastungen der Firmen von zuletzt 95,5 Prozent. Dass der Kurs des Euro sich in den vergangenen Wochen eher in Richtung 1,30 US-Dollar als in Richtung 1,40 US-Dollar entwickelte, ist für die Exportnation Deutschland ein zusätzliches positives Signal: Deutsche Waren werden auf den Weltmärkten billiger.

Profitieren könnten die Unternehmen zudem vom aktuell niedrigen Zinsniveau. Die jüngste Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) auf 1,25 Prozent verbilligt tendenziell Kredite.

Doch all das hat auch eine Kehrseite: Die Auftragseingänge ließen zuletzt deutlich nach. Sollte sich die Weltwirtschaft im Zuge der Euro-Schuldenkrise zu sehr abkühlen, wird den deutschen Exporteuren auch ein günstiger Euro/Dollar-Kurs nicht allzu viel nutzen. Und niedrige Zinsen helfen den Firmen vor allem dann, wenn die Banken ihnen tatsächlich günstigere Kredite gewähren. Doch weil die Geldinstitute derzeit selbst Kapitallücken stopfen müssen, macht sich im Gegenteil Sorge breit, Banken könnten den Geldhahn zudrehen.

Viele Volkswirte stimmen in den Chor der Skeptiker ein. Für Unsicherheit sorgt vor allem die Euro-Schuldenkrise und die Frage, ob es Politik und Notenbanken gelingen wird, die Märkte auf Dauer zu beruhigen. "Aber auch handfeste realwirtschaftliche Faktoren signalisieren ein Ende des deutschen Aufschwungs", erklärt die KfW.

Weltweit verlangsamt sich das Wachstum. Die Länder des Euro-Raum, in die gut 40 Prozent der deutschen Ausfuhren gehen, sind damit beschäftigt, ihre Haushalte in Ordnung zu bringen. "Beides dämpft die Nachfrage nach deutschen Exportgütern", schreibt die KfW.

Die "makroökonomische Unsicherheit" nannte kürzlich auch Infineon-Chef Peter Bauer als Grund für seine Annahme, dass die Umsätze im Geschäftsjahr 2011/2012 um etwa fünf Prozent zurückgehen werden. Auch der Lastwagenhersteller MAN rechnet auf mittlere Sicht mit abflauenden Wachstumsraten. Halbleiterindustrie und Lastwagenbau sind frühzyklische Branchen und gelten deshalb als gute Sensoren.

Mit 0,5 Prozent Wachstum im dritten Quartal und 0,3 Prozent im zweiten Quartal 2011 nahm die deutsche Wirtschaft zwar zuletzt wieder Fahrt auf, wie das Statistische Bundesamt bestätigte. Doch für das Schlussquartal sind die Erwartungen alles andere als rosig. Und für 2012 wird nach jüngsten Prognosen allenfalls mit einem Wirtschaftswachstum von 1,0 Prozent gerechnet.

UniCredit-Ökonom Andreas Rees riet, bei allen negativen Vorzeichen die Belastbarkeit der deutschen Binnennachfrage nicht zu unterschätzen: "Obwohl wir glauben, dass private Konsumausgaben plus Investitionstätigkeit der Unternehmen den exportgetriebenen Abschwung in den nächsten Monaten nicht per se stoppen können, so bietet beides doch ein Sicherheitsnetz."

ifo-Konjunkturexperte Klaus Abberger überraschen widersprüchliche Einschätzungen von Ökonomen und Unternehmern insgesamt nur bedingt.

Es gebe stabilisierende Faktoren wie die Binnennachfrage. Die andere Seite sei das internationale Umfeld: "Die Finanzkrise wächst sich womöglich zu einer Bankenkrise aus. In Osteuropa ist vielleicht schon eine Kreditklemme unterwegs. Das sind Risiken, die man nicht vernachlässigen darf", sagt Abberger. Deutschland sei sicher in einer besseren Situation und sende auch positive Signale ins Ausland: "Aber wir können uns nicht abkoppeln." (dpa)

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