Berlin/Wien. Im Streit um die verspätete Einführung der LKW-Maut benötigt Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) doch mehr Prüfzeit für das neue Angebot des Konsortiums Toll Collect. Um nicht in neue finanzielle und juristische Fallen des sieben Zentimeter dicken Vertragswerkes zu tappen, „brauchen wir noch einige Tage“, sagte Ministeriumssprecher Felix Stenschke am Freitag. Stolpe hatte zuvor erklärt, er hoffe, bis zu diesem Samstag mit der Prüfung fertig zu sein. Von dem Ergebnis soll die Entscheidung abhängen, ob Nachverhandlungen mit Toll Collect aufgenommen werden. Nach den bisherigen Andeutungen auch von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) gehen Experten vorerst nicht von einer Kündigung aus. Gleichwohl sollen jetzt gleichwertige Alternativen anderer Maut- Anbieter geprüft werden, nachdem bereits „säckeweise“ wieder Angebote internationaler Konkurrenten von Toll Collect im Ministerium eingehen, wie Stenschke am Vortag auf Anfrage mitgeteilt hatte. Einen entsprechenden Bericht zusammen mit einer Bewertung des Angebots von Toll Collect werde Stolpe dem Verkehrsausschuss in der übernächsten Woche vorlegen, betonte Stenschke. Damit soll offensichtlich mehr Druck auf die Toll-Collect- Gesellschafter DaimlerChrysler und Deutsche Telekom ausgeübt werden, auch wenn die internationalen Konkurrenten nicht das ehrgeizige satellitengestützte System anbieten wollen, sondern die Mikrowellen- Technik wie sie etwa in Österreich zum Einsatz kommt. Der Betreiber der dortigen Autobahnen und Schnellstraßen, Asfinag, äußerte sich indessen zufrieden über die ersten 30 Tage nach Einführung der Maut in der Alpenrepublik. Dass Deutschland dagegen noch weit von der LKW-Maut entfernt ist, bestätigte Stenschke indirekt mit dem Hinweis, das Toll-Collect- Angebot versuche „einseitig die Lasten zu Gunsten der Unternehmen zu verschieben“. Es komme bei der Prüfung darauf an, die rechtlichen, kaufmännischen und technischen Einzelfragen in einem Gesamtkonzept zu bewerten. Dies betrifft nach Expertenangaben vor allem die Haftungsfragen. Vorsicht sei geboten, wenn Toll Collect bei unveränderter Laufzeit eine höhere Betreibervergütung verlange. Das Konsortium will nun Anfang 2005 mit einer abgespeckten Maut starten, und von 2006 an alle Computerprobleme bei der Erfassung der Mautgebühren in den Griff bekommen. Fachleute haben rechtliche Zweifel, dass die Maut überhaupt in der „Light“-Version 2005 erhoben werden kann, sofern einzelne Autobahnstrecken wegen der Computerprobleme nicht ordentlich abgerechnet werden können. Dies könnte Diskriminierung und Klagen derjenigen bedeuten, die tatsächlich zur Maut herangezogen würden, hatte der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) Vortag erklärt. Asfinag teilte mit, in Österreich habe die Gebühr im ersten Monat 50 Millionen Euro eingebracht. „Wir liegen exakt auf Kurs“, sagte Vorstandschef Walter Hecke in Wien. Für das Gesamtjahr seien 600 Millionen eingeplant. Mautpreller seien kaum entdeckt worden. Auch die Befürchtungen, dass viele Lastwagen-Fahrer auf andere Straßen ausweichen könnten, hätten sich nicht bewahrheitet. (vr/dpa)
Stolpe braucht mehr Prüfzeit für Maut-Angebot und Alternativen
BMV prüft gleichzeitig auch Angebote anderer Systemanbieter