Stille Kostentreiber: Wo Unternehmen sparen können

Für viele Transport- und Logistikunternehmen könnte es in den kommenden Monaten wohl eng werden: Während die Kosten vielerorts steigen - etwa die Leasingraten oder die Energie- und Personalkosten - trübt sich die Konjunktur weiter ein. Mittlerweile liegt die Wahrscheinlichkeit bei 38 Prozent, dass die Wirtschaft hierzulande ein halbes Jahr am Stück schrumpft, hat eine Umfrage des Ifo-Instituts ergeben. Deutschland zählt damit zu den drei größten Rezessionskandidaten in Europa - hinter der Ukraine und Liechtenstein. Potenziale in kleinen Prozessen Da beim Umsatz also eher kein großes Plus zu erwarten ist, lohnt es sich für Firmenchefs, die Kostenseite wieder genauer in den Blick zu nehmen. In vielen Bereichen lässt sich noch kürzen, allerdings muss man meist sehr genau hinschauen. "Einsparmöglichkeiten finden sich häufig in kleinen Prozessen", sagt Frank Seehausen vom Beratungsunternehmen Expense Reduction Analysts aus Wiesbaden, das auf Kostenmanagement und Einkauf spezialisiert ist. Seehausen beobachtet zum Beispiel häufig, dass Ladungen innerhalb eines Betriebes für verschiedene Arbeitsschritte mehrfach transportiert werden. So entstehen Schnittstellen, die zusätzliche Arbeit bedeuten. "Wenn die Wege relativ kurz sind, kann es sinnvoller sein, mehrere Arbeitsschritte an einem Ort durchzuführen", sagt Seehausen, der seit 40 Jahren in der Logistikbranche tätig ist. Darüber hinaus beobachtet der Experte, dass viele Betriebe die Automatisierungsmöglichkeiten noch nicht voll ausschöpfen, etwa beim Stretchen oder Palettisieren. "Personal führt oft Tätigkeiten aus, für das es überqualifiziert ist", so Seehausen. Experten raten generell dazu, regelmäßig zu überprüfen, ob eine Tätigkeit noch zur Person passt. Bei besonders einfachen Aufgaben ist es oft sinnvoller, eine ungelernte Kraft einzustellen und sie kurz einzuarbeiten, als einen ausgebildeten Profi einzusetzen. In Zeiten steigender Zinsen ist die Anschaffung neuer Fahrzeuge schwierig. "Deshalb sollten Sie jetzt die Auslastung des Fuhrparks verbessern", sagt Daniel M. Giel von "Die Speditionsexperten" aus Köln. Er rät dazu, Fahrzeuge wann immer möglich im Zwei-Schichtbetrieb einzusetzen, also 16 Stunden am Tag, oder auch am Samstag fahren zu lassen. "Außerdem sollten Sie zu große Zugeständnisse bei den Fahrerlöhnen vermeiden", so Giel. Er beobachtet, dass der Fahrermangel in vielen Regionen derzeit wieder nachlässt und zu großes finanzielles Entgegenkommen nicht mehr nötig ist, um Kräfte zu halten. Auslagern kann helfen Gerade in Familienbetrieben wird noch viel selbst gemacht - was nicht immer die kostengünstigste Lösung ist. "Wenn der Bruder des Chefs allein die Werkstatt betreibt, dauern Reparaturen entsprechend lang", nennt Jürgen Fedrowitz, Unternehmensberater aus Gladbeck, ein Beispiel. In einem solchen Fall könne es günstiger sein, den Lkw zur Reparatur in die Profi-Werkstatt zu bringen. "Oder mehrere Unternehmen vor Ort betreiben gemeinsam eine Werkstatt", regt der Berater an. Daneben würden viele Speditionen nach wie vor keine Wartungsverträge abschließen, was zu langen Stillstandszeiten führt. Weiterer Kostentreiber ist das Personal. "Nichts ist so teuer wie Arbeitskraft", sagt Stephan Nitzsche, Geschäftsführer der Poller-Group aus dem sächsischen Neuensalz. Zu den Kunden der Logistikgruppe (437 ziehende Einheiten, 731 Mitarbeiter) gehören Bauunternehmen, die ihre Baustellen beliefern lassen. Dabei kommt es oft zu Verzögerungen, weil bei Ankunft des Lkws weder das Entladepersonal noch die notwendige Technik verfügbar ist. Nitzsche hat eine digitale Lösung entwickeln lassen, um diesen Stillstand zu verhindern: Sobald der Lkw einen gewissen Radius um die Baustelle erreicht hat, wird dem Bauleiter per SMS die Lieferung avisiert. Früher musste der Disponent dafür noch persönlich zum Telefonhörer greifen. "Leider nutzen das noch nicht alle Auftraggeber", bedauert Nitzsche. Mitunter liegen die Quellen von Ineffizienz auch bei den Kunden. Typisches Beispiel: Ein Verlader schickt an einem Tag drei Sendungen an ein und denselben Kunden raus, wobei die Empfänger in unterschiedlichen Fachabteilungen sitzen. Für den Spediteur ist das ein zweischneidiges Schwert: Einerseits macht er durch die drei Fahrten gute Umsätze, andererseits sind die Lkw unter Umständen halbleer unterwegs. Kostenexperte Seehausen von Expense Reduction Analysts rät dennoch dazu, den Kunden auf die Konsolidierungsmöglichkeit anzusprechen. "So fühlt sich der Verlader gut beraten - und ist in Zukunft vielleicht eher auch geneigt, eine Preiserhöhung hinzunehmen." Tipp: Spesenzettel automatisch erstellen Spesenzettel sind in vielen Speditionen Zeitfresser. Jeden Monat müssen die Unterlagen von den Fahrern eingesammelt, geprüft, und die Daten dann ins Buchhaltungssystem manuell übertragen werden. Zudem sind die Aufzeichnungen der Fahrer fallweise lücken- beziehungsweise fehlerhaft - oder lassen sich schwer entziffern. Auch bei "Die Frachtlotsen" in Schwarzenbruck verursachten die Spesenzettel der 150 Fahrer früher viel Arbeit. "Die Aufbereitung war sehr kompliziert und konnte praktisch nur von einer Person erledigt werden", sagt Udo Mattern, Geschäftsführer des Dienstleisters. Daher entschied man sich, während der Coronazeit den Ablauf zu digitalisieren. Niedrigere Fehlerquote und weniger Aufwand Zum Einsatz kommt nun eine Lösung des Anbieters Modulon aus Kamp-Lintfort: Die Software greift über Schnittstellen auf das Telematik-System und die Tachographen zu, und berechnet auf Basis der Daten Lohn und Spesen. Da das kontinuierlich und automatisch passiert, muss der Fahrer am Abrechnungstag nicht mehr unbedingt am Standort sein. Lücken oder Fehler werden in der Software visualisiert, sodass sich ein Speditionsmitarbeiter darum kümmern kann. Abweichungsübersichten erleichtern zusätzlich die Bearbeitung. Am Monatsende erhalten alle Fahrer ihren Fahrerbericht, der auch per E-Mail verschickt werden kann - und die Daten gehen automatisch an die Lohnbuchhaltung. "Der digitale Ablauf hat die Fehlerquote und den Aufwand minimiert", lobt Geschäftsführer Mattern. Nach Angaben von Modulon spart der Abschied vom Papier in der Lohn- und Spesenabrechnung bis zu 70 Prozent Zeit. Papierlos verwalten Generell birgt auch die Digitalisierung von Abläufen nach wie vor großes Kostensenkungs-Potenzial (siehe dazu Kasten auf S. 15). Genau so selbstverständlich wie die Tourenplanung heute in der Regel per Software erfolgt, sollten auch Buchhaltung und Rechnungsstellung elektronisch ablaufen. Schließlich kostet es bis zu 13 Euro, eine Rechnung auf Papier zu bearbeiten, schätzen Experten. Eine einfache Methode, um das Rationalisierungspotenzial zu erkennen, ist ein Blick auf die Personalstärke: Arbeiten in einem Betrieb mit 30 ziehenden Einheiten mehr als drei Personen in der Verwaltung, deutet das nach Ansicht von Fachleuten auf altmodische Prozesse hin. Dann muss dringend in digitale Abläufe investiert werden. Große Unternehmen sind hier in der Regel schon recht weit. Bei der Poller-Group etwa laufen nahezu alle Prozesse papierlos ab. "Wir haben gerade einen Standort nahe Leipzig eröffnet, an dem kein Drucker mehr steht", berichtet Geschäftsführer Nitzsche. Viele Prozesse - von der Ausschreibung bis zur Auftragsübermittlung - werden über digitale Plattformen abgewickelt, unter denen bereits eine Konsolidierung stattgefunden hat. "Einen Standard zu haben, ist am effizientesten." Gleichzeitig sei es wichtig, digitalen Wildwuchs zu verhindern. "Wenn der Fahrer auf seinem Smartphone 50 verschiedene Apps hat, ist das kontraproduktiv", betont Nitzsche. Der größte Hebel zum Senken der Kosten könnte allerdings ganz analog sein: der Umgang mit den Fahrern. "Hier läuft noch viel falsch", findet Berater Fedrowitz. Er beobachtet, dass der Ton in vielen Transportbetrieben nach wie vor ruppig ist. Gerade die Fahrer werden oft zusammengestaucht oder schlecht behandelt. So werde eine große Reserve verschenkt, meint er. "Sprechen Sie, bevor Sie das nächste Angebot schreiben, zunächst mit Ihren Fahrern. Fragen Sie: ,Habt Ihr noch eine Idee?'. Das motiviere nicht nur, sondern liefere häufig Ansätze für Einsparungen. Beispiel: Die Fahrer berichten, dass beim Kunden der Pförtner oft nicht auf seinem Posten ist, was dann zu Wartezeiten führt. "Solche Kleinigkeiten kosten bares Geld", sagt Fedrowitz. Diese Kostentreiber werden oft übersehen Wenn das Geld knapp wird, muss alles auf den Prüfstand, um die Kosten zu senken. Dazu Tipps von Daniel M. Giel, Geschäftsführer "Die Speditionsexperten" in Köln: - Verzichten Sie auf eine GAP-Versicherung mit monatlichen Prämien, wenn Sie Lkw finanzieren oder leasen. Sie springt zum Beispiel ein, wenn eine neue Zugmaschine einen Totalschaden hat. In diesem Fall erhält der Leasingnehmer den Wiederbeschaffungswert, der aber viel niedriger ist als der noch ausstehende Darlehens- oder Leasingbetrag. Für eine GAP-Versicherung zahlen Sie 10 bis 20 Euro pro Monat und Fahrzeug - selbst noch nach Jahren, wenn es keine Differenz mehr zwischen Wiederbeschaffungs- und Leasing-Restwert gibt. Wählen Sie eine günstigere Alternative mit einer einmaligen Prämie - oder bilden Sie eine Rückstellung. - Senken Sie Ihre Stromrechnung im Lager. Deren Höhe richtet sich bei Firmenkunden nach der maximal abgerufenen Leistung. Daher zahlt es sich aus, wenn Sie Nachfragespitzen vermeiden. Beispiel: Laden Sie nicht alle Stapler nach Schichtende um 16 Uhr, sondern hintereinander nach einem Ladeplan. - Modernisieren Sie die Beleuchtung. Lassen Sie Neonröhren durch LED-Leuchtmittel ersetzen. Einige Hersteller bieten Betreibermodelle an, das heißt, als Betrieb bezahlen Sie eine Art "Lichtabo" und müssen sich um nichts mehr kümmern (Anbieterbeispiel: germanledtech.de). - Nutzen Sie Fördermöglichkeiten für Ihre Fahrertrainings. Das Bundesamt für Logistik und Mobilität unterstützt etwa Speditionen, die ihr Personal in Sachen kraftstoffeffizientes Fahren weiterbilden. Bis zu 70 Prozent der Kursgebühren werden übernommen.Darf's noch mehr sein? Auf VerkehrsRundschau plus lesen Sie, wie ChatGPT für Speditionen die Büroarbeit erleichtern kann: www.verkehrsrundschau.de/plus/chatgpt

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