Brüssel. Marktteilnehmer gegen EU-Kommission: Bei dem Vorhaben der EU-Behörde, neue Gesetze für den Betrieb der Seehäfen in Europa auszuarbeiten und dabei vor allem mit neuen Liberalisierungsvorgaben für mehr Wettbewerb zu sorgen, weht ihr starker Wind ins Gesicht. Eine groß angelegte Konferenz in Brüssel unter dem Titel „Erschließung der Wachstumspotenziale der europäischen Häfen“ mit Teilnehmern aus den Branchen des Hafenbetriebs machte das deutlich. „Die EU versucht in einen Markt einzugreifen, der komplett frei ist und funktioniert. Sie mischt sich da in etwas ein, was sie gar nichts angeht“, fasste Jörg Mainzer, Geschäftsführer der Hamburger Schlepprederei Fairplay-Towage, während eines Workshops die Meinung zahlreicher Konferenzteilnehmer treffend zusammen.
Vertreter der EU-Kommission betonten zwar immer wieder, dass noch keine Entscheidungen gefallen wären und die Konferenz dazu dienen sollte, mehr Einsicht in die Notwendigkeiten von EU-Regulierungen zu erhalten. Dennoch machte EU-Verkehrskommissar Siim Kallas in einer Rede bereits deutlich, worum es seiner Behörde geht: Monopole sollen aufgebrochen, der Marktzugang für neue Anbieter erleichtert, flexiblere Einsätze des Personals möglich werden. Mindeststandards für die Preisgestaltung von Dienstleistungen sowie mehr Transparenz bei Abschlüssen von Verträgen sollen zu einer besseren Vergleichbarkeit der Häfen führen. „Die grundlegenden Bedingungen müssen gleich sein, damit die Häfen in einem offenen und fairen Wettbewerb zueinander konkurrieren können“, sagte Kallas.
Dabei sehen die betroffenen Branchen in ihrer Mehrheit keinen Bedarf für neue Regeln. Bei einer öffentlichen Befragung der EU-Kommission im Sommer hatten sich je nach Fragestellung 70 bis 80 Prozent der Marktteilnehmer mit der derzeitigen Situation in den EU-Häfen zufrieden gezeigt.
Auch aus Reihen der Logistikbranche waren auf der Konferenz keine lauten Klagen zu hören. Als größeres Problem innerhalb der Lieferkette sehen sie die europäischen Seehäfen nicht. Allerdings nannten Vertreter die Vereinheitlichung der Abfertigungsformulare innerhalb der EU und eine Umstellung auf elektronische Verfahren sowie mehr Flexibilität bei der Bereitstellung der Dienstleistungen in den Häfen als Bereiche, in denen sie sich Besserungen wünschen würden.
Überaus skeptisch zeigten sich Gewerkschaftsvertreter. Unter anderem auf ihre starken Proteste ist es zurückzuführen, dass die EU-Kommission bereits 2003 und 2006 mit Gesetzesvorschlägen gescheitert war, die EU-Seehäfen stärker zu liberalisieren. Die neuen Vorschläge, die unter dem Namen Port-Package 3 gehandelt werden, sollen im kommenden Jahr veröffentlicht werden. (kw)