Sparziel für die Straße

Bis 2030 will die EU ihre Treibhausgase gegenüber 1990 um 40 Prozent reduzieren. Was das für das Verkehrsgewerbe bedeutet, ist unklar. Bislang hat der Verkehr keinen Beitrag zur Senkung der Emissionen geleistet, im Gegenteil: Bis 2010 stiegen hier die CO2-Emissionen um 20 Prozent. Brüssel hat deswegen das Ziel verkündet, die Emissionen aus dem Verkehr bis 2050 um 60 Prozent zu reduzieren. Dieses Ziel ist allerdings unverbindlich. Für 2030 wird die Kommission Beiträge der Mitgliedstaaten zum 40-Prozent-Ziel für alle Sektoren vorschlagen. Sie wären nach Zustimmung durch Ministerrat und Parlament verbindlich. Der Verkehr ist darin enthalten, wird aber nicht getrennt ausgewiesen. Nach einer Untersuchung der Organisation Transport und Umwelt, T&E, können die Mitgliedsstaaten ihre nationalen Ziele nur erreichen, wenn die Grenzwerte für Pkw und Vans verschärft und verbindliche Emissions-Obergrenzen auch für Lkw eingeführt werden. Zielszenario: 30 Prozent weniger CO2 T&E untersucht in diesem Zusammenhang mehrere Szenarien für 2030. Unter anderem wird davon ausgegangen, dass die Verkehrs-Emissionen in jedem EU-Staat im gleichen Ausmaß gesenkt werden wie in den anderen Sektoren. Im Durchschnitt der EU müsste der Rückgang im Verkehr dann 30 Prozent betragen. Die EU-Kommission geht davon aus, dass die CO2-Emissionen aus dem Verkehr ohne zusätzliche Maßnahmen bis 2030 nur um 14 Prozent sinken auf 936 Millionen Tonnen. Das sind nach den Berechnungen von T&E immer noch 265 Millionen Tonnen mehr, als mit dem gewählten Scenario vereinbar sind. Ein substanzieller Teil dieser "Emissionslücke" könnte nach Ansicht der Umweltorganisation geschlossen werden, indem die Abgaswerte für Pkw und Vans (leichte Nutzfahrzeuge) gesenkt werden. Ab 2025 dürften neue Pkw nicht mehr als 70 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen, neue Vans höchstens 100 Gramm. 2030 müssten die Werte noch einmal auf 55 und 70 Gramm pro Kilometer reduziert werden. Im Zieljahr 2030 würden die Emissionen dann um 74 Millionen Tonnen niedriger ausfallen. Weitere 37 Millionen Tonnen kämen hinzu, wenn die EU spätestens 2020 verbindliche Grenzwerte auch für schwere Lkw einführen würde. Sie müssten um 35 Prozent unter den jetzigen Emissionswerten liegen. In dieser Größenordnung liegt nach Ansicht von T&E das ungenutzte Potenzial des Straßengüterverkehrs. Grenzwerte für schwere Lkw würden vor allem in Frankreich (-4,96 Millionen Tonnen), Spanien (-4,79 Millionen Tonnen) und Deutschland (-4,59 Millionen Tonnen) zu substanziell geringeren CO2-Emissionen führen. Gebrauchte verzögern Fortschritt Wichtig ist nach Ansicht von T&E, dass die neuen Grenzwerte so schnell wie möglich eingeführt werden, weil jedes Jahr nur ein Teil der Fahrzeugflotte ersetzt wird. In den osteuropäischen Ländern komme hinzu, dass viele der Neuzulassungen auf Gebrauchtwagen entfallen. Höhere Standards für Neuwagen wirken sich deswegen erst Jahre später bei den Emissionen aus. Mit strengeren Grenzwerten für Pkw und Lkw könnten allerdings im Durchschnitt der EU nur 42 Prozent der "Emissionslücke" geschlossen werden. T&E empfiehlt daher weitere Maßnahmen. Wichtig seien kostenorientierte Straßennutzungsgebühren, die auch die Kosten für die Belastung der Umwelt durch Lärm und Schadstoffe einschließen. Eine weitere Senkung der CO2-Emissionen könnte durch höhere Mineralölsteuern erzielt werden. Kommentar These ohne Begründung Die Studie von T&E belegt überzeugend, dass die CO2-Emissionen des Verkehrs bis 2030 wahrscheinlich nicht ohne verbindliche und niedrigere Grenzwerte für Neufahrzeuge um 30 Prozent reduziert werden können. Allerdings fehlt eine Begründung dafür, warum eine 30-Prozent-Senkung nötig ist. Politisch gewollt ist, dass alle Sektoren, die nicht vom Emissionshandel erfasst werden, ihre Emissionen um 30 Prozent senken müssen. Dazu gehört auch der Verkehr. Ob die Emissionen der Lkw und Pkw einen über- oder unterdurchschnittlichen Beitrag zu diesem Ziel leisten müssen, sollte jedoch davon abhängen, ob dafür weniger oder mehr investiert werden muss als in anderen Sektoren. Nur wenn es zumindest nicht teurer ist, den CO2-Ausstoß im Verkehr um eine Tonne zu senken als beispielsweise im Gebäudesektor, wäre das eine vernünftige Idee. Diesen Beweis bleibt die Studie von T&E aber schuldig. twTom Weingärtner, VR-Korrespondent in Brüssel