So mischen Unternehmer die Finanzierung

Wer dieser Tage auf der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover stand und vor dem einen oder anderen LKW glänzende Augen bekommen hat, für den stellt sich die Frage: Mieten, leasen oder gleich kaufen? In der Praxis lassen sich ganz unterschiedliche Strategien beobachten: Hubertus Kobernuss, Inhaber von Kobernuss Spedition und Logistik, hat sich bei den ziehenden Einheiten für eine Mischstrategie aus Leasing und Finanzierung entschieden. Als Partner wählt er zu 99 Prozent die Leasingtöchter der jeweiligen LKW-Hersteller. Diese seien flexibler als markenunabhängige Anbieter, wenn es darum geht, ein Fahrzeug auch mal vor Ende der Vertragslaufzeit zurückzunehmen, hat Kobernuss beobachtet. Durch den Mix aus finanzierten und geleasten Fahrzeugen kann er die Einkaufszyklen der Fahrzeuge an die Auslastung seines Fuhrparks anpassen. Die geleasten Fahrzeuge bleiben vier Jahre im Fuhrpark, die finanzierten Fahrzeuge mindestens fünf, oft aber bis zu sieben Jahre. Zur Risikominimierung schließt Kobernuss Wartungsverträge ab. Fahrzeugmiete sieht er als Mittel zur Abdeckung von kurz- oder mittelfristigen Bedarfsspitzen. Kubenz mietet Zugmaschinen Für gezogene Einheiten, darunter 50 Siloauflieger, nutzt Kobernuss weder Miete noch Leasing. Zum einen fehle bei den Spezialfahrzeugen das Angebot, zum anderen sei aufgrund der langen Laufzeiten das Auflieger-Leasing im Vergleich zum Kauf eher unattraktiv. Michael Kubenz, Inhaber der Spedition Kube & Kubenz, hat bei seinen Zugmaschinen eine klare Strategie. "Wir mieten nur", sagt Kubenz. Sein Hauptmotiv: Bei der Miete sind die Kosten über die gesamte Laufzeit am besten kalkulierbar. Dazu tragen nicht nur die Wartungs- und Reparaturkosten bei, die in der monatlichen Rate inkludiert sind. "Wir tragen keinerlei Verwertungsrisiko und haben uns vom Gebrauchtwagenmarkt abgekoppelt", betont der Spediteur. Dadurch hat Kubenz vor einigen Jahren viel Geld gespart, etwa als die Euro-3-Zugmaschinen durch die Euro-5-Einführung abrupt entwertet wurden. Kubenz schließt für die ziehenden Einheiten Langzeitmietverträge ab, die zwischen 48 und 56 Monate laufen. Nicht inkludiert in der Rate sind die Reifen- und Versicherungskosten. Hier hat Kubenz über eigene Beschaffungswege bessere Konditionen, als ihm die Vermietpartner - wie bei Kobernuss Tochtergesellschaften der LKW-Hersteller - bieten können. Bei den gezogenen Einheiten setzt Kubenz ebenso konsequent auf Kauf. Die Tank- und Silozüge mit ihren extrem langen Laufzeiten seien weder leasingnoch mietaffin. Flexibel sein durch eine Mischung aus Leasing und Kauf - dafür hat sich Sigward Glomb, Geschäftsführer des Glomb Container Dienstes, entschieden. Um seine Eigenkapitalquote stabil zu halten, least Glomb einen Teil seiner rund 60 LKW mit einer Laufzeit von vier Jahren. Doch ganz auf diese Karte setzen will Glomb nicht. Bei plötzlichen Bedarfsschwankungen wie bei der Krise im Jahr 2008 muss die Flottengröße kurzfristig angepasst werden können. Das geht bei Leasingverträgen normalerweise nicht. Bei den gezogenen Einheiten - bei Glomb vor allem Containerchassis - hat sich der Bremerhavener aus Kostengründen gegen Leasing oder Miete entschieden. Allerdings beobachtet Glomb, dass es in der Chassisvermietung durchaus erstaunliche Ratengestaltungen gibt. Ein Chassis, das 20.000 Euro kostet, kann man für die gleiche Tagesmiete bekommen wie einen Gartenvertikutierer, der 1000 bis 2000 Euro kostet. Jedes zweite Fahrzeug ist gemietet Als Marco Reichwein von MAN Financial Services seine Sachen für die IAA Nutzfahrzeuge packte, legte er auch eine Portion Optimismus in den Koffer: "Wir sehen die Miete auf dem Vormarsch". 50 Prozent betrage die Penetration der Vermietung. Gemeint ist der Anteil der Mietfahrzeuge an den insgesamt zugelassenen Nutzfahrzeugen. Das ist eine deutliche Steigerung gegenüber den Vorjahren. Reichwein sieht dafür zwei Gründe. Die größeren Spediteure verfolgen seiner Meinung nach verstärkt einen Gesamtkostenansatz: "Sie sehen den Mehrwert von Komplettangeboten, die sie im Fuhrparkmanagement entlasten und ihnen eine verlässliche Kalkulationsbasis bieten". Rückenwind hat die Vermietbranche auch durch Subunternehmermodelle großer Spediteure, die für ihre Transportpartner flexible Mietlösungen aushandeln. Auch ein anderer Trend begünstigt die Miete: Frachtaufträge werden immer kurzfristiger. Das zwingt die Fuhrparkbetreiber, ihre Flotte zu strukturieren. Langfristig geleast wird lediglich der Sockel "sicherer Aufträge", mit denen die Unternehmer auch in schlechten Zeiten rechnen können. Ein weiterer Teil der Flotte wird in der Langzeitmiete über 24 oder 36 Monate oder in der Kurzzeitmiete bis zu 12 Monaten bereitgestellt. Ziel ist es, möglichst keine beschäftigungslosen Fahrzeuge vorzuhalten. Experten sehen einen Bedarf an "Early-Out-Optionen", durch die der Mieter Mietverträge vorzeitig beenden kann. Breit gestreut werden solche Angebote allerdings nicht - und die Vermieter lassen sich das Risiko einer frühen Rückgabe entsprechend bezahlen. Restwerte garantieren lassen Wenig flexibel sind klassische Leasingverträge. Die sind wegen gesetzlicher Regelungen während der Grundmietzeit, 40 bis 90 Prozent der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer, unkündbar. "Aus dem Leasing kommt man am schwersten raus", bestätigt Hans Schaefer, Berater bei dem Fuhrpark-Spezialisten Hiltmair Management Consultants. Laut Schaefer lassen sich beim Leasing maximal 5 von 100 geleasten Fahrzeugen vorzeitig zurückgeben. Und das nur, wenn das vorher vereinbart wurde. Aber auch wenn das Fahrzeug planmäßig an den Vermieter oder die Leasinggesellschaft zurückgegeben wird, gibt es dort laut Schaefer einige Fallstricke. So sollte der vereinbarte Restwert von der Leasinggesellschaft oder dem Hersteller garantiert werden. Sonst trägt das Fuhrunternehmen das Risiko der Verwertung des gebrauchten LKW. Im Nutzfahrzeugbereich werden die Raten allerdings in der Regel ohnehin auf eine vereinbarte Laufleistung kalkuliert. Vor der Rückgabe Schäden prüfen Dabei wird für Mehrkilometer ein Zuschlag erhoben und für Minderkilometer ein Abschlag gewährt. Laut Schaefer sind die Mehrkilometersätze oft höher als die Minderkilometersätze. Verhandeln kann man über Freigrenzen, innerhalb derer keine Zuschläge erhoben werden. Viele Vermieter und Leasinggesellschaften sind dazu übergegangen, in bestimmten Abständen zu prüfen, ob die kalkulierte Kilometerleistung noch realistisch ist. Bei hohen Abweichungen bieten sie eine Anpassung der Verträge an. Tipp: Mehr- und Minderkilometer für gleiche Fahrzeuge können bei einer entsprechenden Vereinbarung saldiert werden. Doch auch wenn die Kilometerleistung des Fahrzeugs auf den Punkt stimmt, kann es bei der Rückgabe zu Nachzahlungen kommen. Dann, wenn Schäden am Fahrzeug auftreten. Früher kam es in schöner Regelmäßigkeit zwischen Vermieter und Mieter zu Streitigkeiten, ob ein Kratzer eine Gebrauchsspur oder ein Schaden war. Inzwischen, so Schaefer, geben viele Vermieter und Leasinggeber ihren Kunden bei Vertragsabschluss Kataloge mit klaren Regeln mit auf den Weg. Schaefer weist auf einen guten Service einiger Gesellschaften hin: Eine verbindliche Begutachtung einen Monat vor Vertragsende - dadurch können die Unternehmen festgestellte Schäden bis zur Rückgabe beseitigen. Sollte man versuchen, alle Angebote rund um Miete und Leasing gemeinsam mit weiteren Dienstleistungen aus einer Hand zu bekommen - oder Rosinenpickerei betreiben? Berater Schaefer rät zum genauen Hinschauen. Ein One-Stop-Shopping von LKW und Trailer macht beim Leasing seiner Meinung nach keinen Sinn: "Ein Trailer überlebt drei Zugmaschinen." Die Kombination aus Leasing und Wartungsvertrag aus einer Hand sei hingegen zu empfehlen - auch weil die Herstellergarantie in dieses Paket mit hineinwirkt.Ob nach der IAA One-Stop-Shopping oder Rosinen picken ansteht - die Mischung zwischen mieten, leasen und kaufen macht es. Dann bleibt genug Budget, dass auch 2016 zur nächsten IAA wieder die Augen glänzen dürfen. Tipps Richtig mieten, leasen oder kaufen - Den Bedarf und die eigene Situation analysieren. Bei entsprechender Bonität und Liquidität bietet der Kauf/die Kreditfinanzierung eine Reihe von Vorteilen - wie die sofortige Geltendmachung der Vorsteuer und Flexibilität beim Fahrzeugverkauf- Miet- und Leasingverträgen sollten realistische Vorgaben über Laufleistung und Einsatzzweck zugrunde liegen, um nicht kalkulierte Nachzahlungen zu vermeiden- Bei Miete und Leasing sollte der Fuhrparkbetreiber kein Verwertungsrisiko bei Vertragsende eingehen- Verhandeln über große Dienstleistungspakete und/oder mehrere Fahrzeuge führt meistens zu besseren Ergebnissen als die getrennte Verhandlung über Teilpakete oder einzelne Leistungen- Klare Regelungen für die Fahrzeugrückgabe vereinbaren, insbesondere für die Schadenabrechnung hel Die Geschäftsmodelle der Lkw-Vermieter Welcher Vermieter passt? Bei Miete und Leasing zählt vor allem eine günstige Monatsrate. Es lohnt sich aber, abzuwägen, ob der Finanzierer mit seinem Profil zu den eigenen Anforderungen passt. Grob lassen sich vier Anbietergruppen unterscheiden:- Herstellereigene Miet- und Leasinggesellschaften. Sie haben auch durch Übernahmen von unabhängigen Vermietern an Boden gewonnen. Einige haben über Banktöchter Zugang zu billigem Geld. Zudem wird die Finanzierung oft zur Absatzförderung genutzt, was zu attraktiven Konditionen führt. Stärken sind zudem ein großes Werkstattnetz und eine hohe Gebrauchtfahrzeugkompetenz. Einige Unternehmen berichten über eine hohe Flexibilität bei einer vorzeitigen Fahrzeugrückgabe - was sich je nach Marktsituation aber auch anders darstellen kann. Knackpunkt ist der Umgang mit Mischfuhrparks - mitunter bedeuten sie mehrere Dienstleister für Miete oder Leasing.- Große unabhängige Nutzfahrzeugvermieter und Leasinggesellschaften. Gesellschafter sind oft Unternehmen aus dem Finanzsektor wie bei Pema. Sie haben mit Mischflotten keine Probleme und können über Verträge meist ein großes Werkstattnetz nachweisen. Ihnen geht der Ruf voraus, bei der Bonität genauer hinzuschauen als die herstellerabhängige Konkurrenz und sich unflexibler bei vorzeitiger Rückgabe zu verhalten - was sich nicht empirisch erhärten lässt.- Mittelständische Nutzfahrzeugvermieter. Sie punkten mit Kundennähe. Zu prüfen ist, wo Wartungen und Reparaturen durchzuführen sind - wie groß ist das Netzwerk der Anbieter? Über das Rücknahmeverhalten sind generelle Aussagen schwierig. Allerdings darf man als Ergebnis der Wirtschaftskrise von 2009 festhalten, dass Mittelständler von den Rückläuferwellen finanziell überfordert wurden. Der Zugang zu internationalen Gebrauchtfahrzeugmärkten ist weniger ausgeprägt als bei größeren Unternehmen.- PKW-Vermieter wie Sixt, Hertz, Avis und Co. werden oft in der Kurzzeitmiete und für Standardfahrzeuge genutzt. In den leichten Fahrzeugklassen haben sie eine höhere Penetration als bei den schweren LKW. hel